Meine Rede zum Antrag der CDU, im Plenarprotokoll ist die gesamte Debatte zu finden.

Vizepräsident Dr. Uwe Lehmann-Brauns: Vielen Dank, Frau Müller! – Für die Fraktion der Grünen erhält die Kollegin Herrmann das Wort. – Bitte!

Clara Herrmann (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dieser Stunde haben wir das Thema Berufsbildung. Frau Müller, ich glaube, wer im Glashaus sitzt, sollte zumindest nicht mit kleinen Steinen werfen. – So will ich einmal Ihre Rede bewerten. In den aktuellen Haushaltsberatungen kann man nicht erkennen, dass Ihre Prioritäten in diesem Bereich liegen. Sie kürzen vielmehr 16 Millionen Euro bei der Ausbildung. Sie sagen immer, daran sei der böse Bund schuld. Ja, der Bund kürzt da auch, aber eben nur 3 Millionen Euro. Der große Batzen, den Sie insbesondere für Ihren ÖBS benötigen klauen Sie der Jugend.

[Mieke Senftleben (FDP): Jawohl!]

Sie kürzen auch bei den Qualifizierungsangeboten, wie Zusatzjob und Bildung. Manchmal fragt man sich, mit welchem Blick die SPD durch die Stadt geht, denn man kann wahrlich nicht übersehen, dass Berlin die Stadt der Jugenderwerbslosigkeit und der Schulabbrecher ist. Damit ist Berlin leider auch eine Stadt, die vielen jungen Erwachsenen keine bzw. eine unzureichende Perspektive bietet. Wenn Sie das ernst nehmen, dann würden Ihre Prioritäten zumindest in diesen Haushaltsberatungen woanders liegen. Dass der Senat, wenn er denn muss, auch mehrere Millionen umschichten kann, haben wir jetzt gesehen. Aus unserer Perspektive sind da noch Spielräume vorhanden. Ich möchte aber auch die CDU hierbei nicht aus der Verantwortung nehmen, denn man könnte meinen, dass Sie,als Sie Ihren Antrag geschrieben haben, noch nicht gewusst haben, was in der schwarz-gelben Koalitionsvereinbarung zu diesem Thema steht. Diese Koalitionsvereinbarung könnte man allgemein als ideenlos bezeichnen. Es steht nämlich nicht das drin, was eigentlich originäre Aufgabe des Bundes im Bereich der Bildung ist und wo der Bund noch Kompetenzen besitzt, nämlich mit mutigen Schritten in der Ausbildung und Weiterbildung voranzugehen. Da sind nur Phrasen zu lesen, und es ist nur Ideenlosigkeit zu erkennen. Strukturelle Reformen im Bereich der Beruflichen Bildung packt Schwarz-Gelb nicht an. Stattdessen soll der unzureichende nationale Ausbildungspakt fortgesetzt werden. Union und FDP bleiben damit die Antwort schuldig, wie neue Ausbildungsplätze geschaffen werden können, wie der Übergang von der Schule in den Beruf ohne Warteschleifen funktionieren soll und wie man das Ausbildungssystem generell konjunkturunabhängiger gestalten kann. Zu all dem ist nichts zu lesen. Auch zum Thema Weiterbildung ist dieser neuen Koalition nicht besonders viel eingefallen. Wir fragen uns, wie die Berliner CDU angesichts dieser Rahmenbedingungen, die der Bund bestimmt – wo die CDU gemeinsam mit der FDP regiert -, in ihrem Antrag fordern kann, dass Berlin ernsthaft ein zukunftsorientiertes Berufsbildungssystem aufbauen bzw. weiterentwickeln soll. Wir werden sicherlich im Fachausschuss noch die Details Ihres Antrags ausführlich diskutieren. Ich finde es seltsam, dass in Ihrem Antrag fast gar nichts zur Aufgabe der Wirtschaft zu lesen ist. Denn auch die Berliner Wirtschaft hat die Aufgabe, auszubilden, und kommt dieser Aufgabe nicht nach.

[Mieke Senftleben (FDP): Tut sie doch!]

Im Ausschuss können wir uns die Zahlen vornehmen und uns darüber austauschen. Frau Senftleben! Das mache ich sehr gerne. Aber in einem Punkt stimme ich zu: Rot-Rot schiebt mit diesem Argument gern alles auf die Wirtschaft ab. – Damit machen Sie es sich zu einfach, denn mit diesem Argument könnte man die gesamte Arbeitsmarktund Sozialpolitik abschaffen. Das ist wohl nach Auffassungvon uns allen – um es deutlich zu sagen – Blödsinn.

[Beifall bei den Grünen]

Ich möchte noch einmal klar sagen, dass man den Berliner Senat hierbei nicht aus der Verantwortung nehmen kann. Sicherlich müssen wir auch über das Schulsystem reden. Dazu haben Sie einzelnen Punkte in Ihrem Antrag formuliert. Aber wir können nicht mit dem Argument der Ausbildungsunfähigkeit die Berliner Wirtschaft aus der Verantwortung nehmen.

Vizepräsident Dr. Uwe Lehmann-Brauns: Frau Kollegin Herrmann! Das müsste eigentlich der Schlusssatz gewesen sein.

Clara Herrmann (Grüne): Ich komme zum Schluss und möchte nur Folgendes anmerken: Angesichts dieser schwarz-gelben Bundesregierung – wenig Ideen, viele Prüfaufträge – und dieses rotroten Senats – wenig Ideen, Abschieberei – muss man keine Wahrsagerin sein, um zu erkennen, dass bis zur Verwirklichung dessen, was wir alle gemeinsam als hehres Ziel anstreben, wohl noch viel Wasser die Spree hinunter fließen muss. – Danke schön!

[Beifall bei den Grünen]