DS/1847/IV  Antrag

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Das Bezirksamt wird beauftragt Wohnungen, die bekanntermaßen und in größerer Anzahl aus Spekulationsgründen leer stehen, wie z.B. und insbesondere in Riehmers Hofgarten, auf Grundlage des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG) zur Unterbringung von obdachlos Geflüchteten und Berliner*innen zu beschlagnahmen, bzw. eine solche Nutzung zu erzwingen.
Dies sollte im Angesicht der nahenden Kälteperiode und des überall fehlenden Wohnraumes zur Unterbringung von Menschen ohne feste Bleibe möglichst unverzüglich in die Wege geleitet werden.

Ebenso wird das Bezirksamt beauftragt, in diesem Zusammenhang an den Senat heranzutreten und diese Wohnungen zur Unterbringung von Geflüchteten anzubieten – an Stelle von Turnhallen (die eigentlich zum Schul- und sonstigen Sport genutzt werden sollten), Traglufthallen sowie Hangars ohne ausreichende Sanitäreinrichtungen und insbesondere statt Zelten, die gerade im Winter und bei fallenden Nachttemperaturen denkbar ungeeignet sind.

Begründung:

Eine Beschlagnahme (natürlich gegen Entschädigung) von gehäuft auftretendem spekulativem Leerstand nach ASOG ist in der momentanen Situation noch mehr gerechtfertigt und geboten als bisher schon. Dies zeigt auch die Beschlagnahme eines ehemaligen Bankgebäudes aus der Konkursmasse der Hypo Real Estate in Wilmersdorf durch den Senat in der letzten Woche.

Berlin wendet derzeit vielfach Regelungen an, die eigentlich für den Katastrophenfall zur Verfügung stehen. Laut den Verlautbarungen vieler Landes- und Kommunalregierung darf es keine Tabus mehr bei der Unterbringung von Menschen geben, denen kurz- und mittelfristig Obdachlosigkeit droht. Dabei ist meist die Unterbringung in Turnhallen, Zelten und anderen Notlösungen gemeint. Oft handelt es sich um enge Massenunterkünfte. In Berlin sind Hangars des ehemaligen Flughafens Tempelhof, das Velodrom, das ehemalige ICC uswusf. im Gespräch.

Diese Unterkünfte sind aber denkbar ungeeignet für eine menschenwürdige Unterbringung. In Turnhallen, Traglufthallen, Hangars und Zelten mangelt es an Sanitäreinrichtungen, Kochgelegenheiten, Stauraum, Plätzen, um zu Lernen und zu Arbeiten. Viele Menschen sind durch die Flucht traumatisiert oder haben Angehörige und Freunde verloren und benötigen dringend Schutz sowie Rückzugsmöglichkeiten und Privatsphäre, um zur Ruhe zu kommen, ihre Trauerarbeit zu bewältigen und wieder zu sich zu finden.

Viel naheliegender ist es daher, leer stehenden Wohnraum konsequent zur Gefahrenabwehr zu requirieren, wo er nicht zu Wohnzwecken oder – noch schlimmer – gar nicht genutzt wird. Besonders dort wo spekulativer Leerstand von eigentlich bezugsfertigen Wohnungen geballt vorhanden und dies landläufig bekannt ist, sollte dieser nun möglichst sofort beendet werden, um die Gefahr und das Vorhandensein massenhafter Obdachlosigkeit in der Stadt zu lindern.

Dies könnte ein weiterer Baustein zur würdigen Unterbringung der vielen Menschen sein, die derzeit nach Berlin kommen und nach einer oft langen, verlustreichen und gefährlichen Flucht in erster Linie Schutz und Ruhe suchen.

Friedrichshain-Kreuzberg, den 15.09.2015
Bündnis 90/Die Grünen
Antragsteller: Andreas Weeger

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