Ein internes Papier belegt: Das Land will für 654 Millionen Euro die Wasserbetriebs-Anteile von RWE zurückkaufen – mit Geld, das die Betriebe in Zukunft abwerfen. Ein Artikel aus der taz von Konrad Litschko
Acht Seiten hat das „Eckpunktepapier“ aus dem Hause Ulrich Nußbaum. Darin schildert der Finanzsenator die „Roadmap“ zum Rückkauf der RWE-Anteile an den Berliner Wasserbetrieben. Nicht für alle ein Weg zur Freude: Grüne und Wassertisch kritisieren die Pläne.
Auch wenn es der Senat noch nicht offiziell bestätigen will – in dem internen Papier, das der taz vorliegt, ist die Zahl fix: Wenn alles klappt, wird das Land bis Jahresende 654 Millionen Euro für den RWE-Anteil ausgeben. 1999 hatte das Land 24,9 Prozent der Wasserbetriebe an RWE veräußert und dafür 847 Millionen Euro kassiert. Fast genauso viel – 844 Millionen – hatte RWE zu Beginn der Rückkaufverhandlungen gefordert, konnte sich damit aber nicht durchsetzen.
Bezahlt werden soll der Deal mit einem Kredit einer eigens gegründeten landeseigenen Finanzierungsgesellschaft, der über die Gewinne der Wasserbetriebe in den nächsten Jahrzehnten abgestottert werden soll. Damit, so heißt es, stelle der Erwerb „keine Belastung für den Haushalt und die Wasserpreise“ dar. Dafür plant Nussbaum auch eine Verringerung des Wasserbetriebe-Kapitals um 850 Millionen Euro. Veolia, der andere private Anteilseigner, bekäme davon 212 Millionen, das Land 638 Millionen Euro. Dieses Geld könnte den Rückkauf mitfinanzieren.
Sinkende Wasserpreise sind laut dem Papier nicht zu erwarten: In einer Kalkulation wird von einer Steigerung des heutigen Gesamtwasserpreises von 5,70 Euro pro Kubikmeter auf künftig mehr als 6 Euro ausgegangen. Selbst wenn es, wie aktuell vom Bundeskartellamt gefordert, zu einer Senkung der Preise um 20 Prozent kommt, sei der Rückkauf nicht gefährdet, so Nussbaum. Dann dauere die Refinanzierung eben länger. Das Konzept soll noch vor der Sommerpause im Senat beschlossen und im Herbst vom Abgeordnetenhaus abgesegnet werden.
Die Grünen kritisieren den geplanten Kauf als „überteuert“. Heidi Kosche stößt sich auch am Transparenzmangel. Ein Volksbegehren hatte 2011 die Offenlegung der Wasserverträge erstritten. In Nußbaums Papier heißt es, die Transparenz beim Rückkauf sei „gewährleistet“. Verträge von RWE mit Veolia, die das Land nun übernehme, unterlägen aber „wie bisher“ der Vertraulichkeit. „Hier bewahrheitet sich die Befürchtung, dass Nußbaum erneut Geheimverträge andenkt“, klagt Kosche.
Die Senatsverwaltung äußerte sich nicht zu dem Eckpunktepapier. Veolia-Sprecherin Petra Warnecke sagte, ihr Unternehmen habe die Veröffentlichung der Verträge noch nicht geprüft. Veolia klagt zurzeit gegen den RWE-Rückkauf. Am Mittwoch hatte das Landgericht einen Eilantrag abgewiesen, Veolia legte am Donnerstag dagegen Berufung ein.
„Unser Problem ist nicht der Rückkauf, sonder das gewählte Modell“, sagte Warnecke. Bisher waren RWE und Veolia innerhalb der Wasserbetriebe in der privaten „RVB GmbH“ organisiert. Nussbaum will nun auch als Land in die RVB, mitsamt Mitsprache im Aufsichtsrat. Veolia sieht das nur Privaten vorbehalten. Einen Verkauf seiner Anteile schließt Veolia bisher aus.
Der Wassertisch, Initiator des Volksbegehrens von 2011, nannte es einen „Skandal“, dass die Verhandlungen geführt würden, ohne die Ergebnisse des seit Januar tagenden Sonderausschusses im Abgeordnetenhaus abzuwarten. Denn statt eines Rückkaufs, so Sprecherin Ulrike von Wiesenau, sei auch die Rückabwicklung der „sittenwidrigen Verträge“ möglich – ohne den Einsatz von 654 Millionen Euro.