Drucksache 16/1503

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

Der Senat wird aufgefordert die Schulen, Lehrkräfte und Eltern gezielt und umfassend über die rechtsextreme Organisation „Heimattreue deutsche Jugend (HDJ)“, ihre Vorgehensweise und Ziele sowie ihre Strukturen, Werbetechniken und vor allem über die Symptome, die Kinder und Jugendliche zeigen, wenn sie HDJ-Schulungen durchlaufen haben, zu informieren.

Ferner sind, die Lehrer/-innen der Berliner Schulen, sowie Erzieher/-innen und Sozialarbeiter/-innen flächendeckend mit gezielten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen in Bezug auf die HDJ zu sensibilisieren und dem pädagogischen Personal ist entsprechendes Informations- und Unterrichtsmaterial bereitzustellen. Im Fokus der Fort- und Weiterbildung muss dabei die Stärkung der Handlungsfähigkeit des pädagogischen Personals im Umgang mit von der HDJ geschult und indoktrinierten Kindern, Jugendlichen und Eltern stehen. Rechtliche Aufklärung zu Abwehrstrategien und Verhaltenstraining, eine gezielte Gesprächsführung mit Schüler/-innen und Eltern sowie Verhaltenstraining in Konfliktsituationen mit rechtsextremen Ideologien müssen Kerninhalte der Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sein.

Der Senat wird aufgefordert, dem Abgeordnetenhaus bis zum 31.Oktober 2008 über die eingeleiteten Maßnahmen zu berichten.

Begründung:

Seit geraumer Zeit tritt die rechtsextreme Organisation „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ) in Erscheinung. Sie ist als besonders gefährlich anzusehen, weil sie subtil mit Angeboten der Jugendfreizeitgestaltung auftritt und im Vergleich zu anderen bekannten rechtsextremen Organisationen atypisch agiert. Zielgruppe der HDJ sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von sieben bis 25 Jahren. Die Vereinigung und ihre Anhänger meiden die Öffentlichkeit, versuchen aber als Elternvertreter und Pädagogen aktiv zu werden. Für ihre Treffen wählen sie einsame Höfe, abgelegene Jugendherbergen oder Waldhütten.

Laut „Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt“ erleben Kinder und Jugendliche in den HDJ-Lagern, als „Jugendfreizeiten“ getarnt, eine Art braune Parallelwelt neben dem alltäglichen Leben in Schule und Familie. Das gesamte Familienbild, das die HDJ transportiert, ist nach ideologischen Prinzipien ausgerichtet. Das bedeutet, dass die Kinder- und Jugenderziehung auf die Indoktrination eines völkisches „Wertesystem“ aufgebaut wird. Diese vermittelte, antidemokratische Haltung ist im weiteren Werdegang der Kinder nur äußerst schwer aufzubrechen.

Die Provokation der bürgerlichen Gesellschaft durch Kleidung oder Benehmen ist bei der Arbeitsweise der HDJ, im Gegensatz zu anderen rechtsextremistischen Vereinigungen nicht bevorzugtes Mittel der Auseinandersetzung. Gerade wegen dieser Bestrebungen müssen die Berliner Jugendlichen über die Aktivitäten und Strategien der HDJ aufgeklärt werden.

Ebenso notwendig ist die schnelle Aufklärung und Sensibilisierung der Erzieher/-innen, Lehrer/-innen und Sozialarbeiter/-innen. Die LehrerInnen benötigen intensives Training in Verhaltens- und Gesprächsführung mit indoktrinierten SchülerInnen und spezielle Handlungsanweisungen in Konfliktsituationen. Entsprechende Beratungsorganisationen müssen bekannt gemacht werden.

Die „Antwort“ auf die Kleine Anfrage Dr. 16/11819 bestätigt, dass diese, auf die HDJ bezogene Aufklärung, bislang nicht stattgefunden hat, weil der Senat davon ausgeht, dass die Aktivitäten der HDJ in Berlin nicht erkennbar seien.

Die Ankündigung des Innensenators Körting auf der Plenarsitzung vom 8. Mai 2008, ein Verbot der HDJ aufgrund ihrer subtilen, aber um so dauerhaften Verbreitung braunen Gedankenguts in Erwägung zu ziehen, unterstützen wir nachdrücklich. Ein Verbot entbindet den Senat jedoch nicht von seiner Verantwortung, die Betreuung der bis dahin indoktrinierten Kinder und Jugendlichen durch entsprechende Beratungsorganisationen sicherzustellen.

Berlin, den 3. Juni 2008