DS/1110/III

Mündliche Anfrage

Bezugnehmend auf die Aktion von Terre des Femmes „Kein Schnitt ins Leben – Null Toleranz gegen Genitalverstümmelung“ zur Sensibilisierung der Bevölkerung auch im Land Berlin gegenüber dieser ungesetzlichen Praxis, frage ich das Bezirksamt:

1. Was ist dem Bezirksamt bekannt zur Ausübung der weiblichen Genitalbeschneidung in unserem Bezirk?

2. Gibt es entsprechende Erhebungen und Gespräche des Gesundheitsamtes mit frei praktizierenden ÄrztInnen und Krankenhäusern hier im Bezirk und lassen sich Zahlen benennen?

3. Trägt das Gesundheitsamt im Austausch mit Selbsthilfeorganisationen dafür Sorge, dass diese ungesetzliche Praxis an Mädchen in Friedrichshain-Kreuzberg nicht mehr durchgeführt wird und wenn ja, in welcher Form?

Herr Mildner-Spindler:

Dem BA sind keinerlei konkrete Fälle, belegte Fälle der ausgeübten weiblichen Genitalbeschneidungen in unserem Bezirk bekannt. Befragt dazu wurden einerseits die Plan- und Leitstelle für Gesundheit sowie das Zentrum für sexuelle Gesundheit und Familienplanung in unserem Gesundheitsamt.

Erhebungen über die Praxis von Genitalbeschneidungen im Bezirk gibt es nicht. Aus Gesprächen der Plan- und Leitstelle Gesundheit mit frei praktizierenden auch afrikanischen ÄrztInnen, KlinikärztInnen mit Afrika -Herz, bei ….organisiert, mit Daffi-deutsch-afrikanische Fraueninitiative, mit Dafnet -deutsch-afrikanisches Frauennetzwerk und mit dem Balance – Familienplanungszentrum. Aus diesen Gesprächen ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte, dass weibliche Genitalverstümmelungen im Bezirk durchgeführt würden. Der Plan- und Leitstelle ist keine ungesetzliche Praxis an Mädchen im Bezirk bekannt. Auch die Gynäkologinnen des Zentrums für sexuelle Gesundheit und Familienplanung wurden bisher noch nicht von beschnittenen Frauen aufgesucht.

Die Problematik ist bis jetzt weder von niedergelassenen Frauenärztinnen noch von Selbsthilfeorganisationen an das Zentrum heran getragen worden, jedoch wird zu der Thematik „weibliche Genitalverstümmelung“ seit Jahren von der Plan- und Leitstelle Aufklärungs- und Betroffenenunterstützung geleistet. So wurde im Rahmen des Arbeitskreises Migration/Integration und Gesundheit das Thema zusammen mit afrikanischen Migrantengruppen vorgestellt und diskutiert.

Auf 3 von uns inhaltlich mitorganisierten Kongressen „Armut und Gesundheit“ wurde für dieses Thema sensibilisiert, zuletzt im Dezember 2007. Die veröffentlichten Beiträge hierzu sind erschienen in einem Buch „Frauen, Gesundheit, Migration und Kultur in einer globalisierten Welt“ erschienen bei Marbuse, Frankfurt/M. 2008. Eine wesentliche Anlaufstelle für Betroffene, die in ihren Heimatländern hauptsächlich Afrika beschnitten worden sind, ist die interkulturelle Familienberatungsstelle Balance. Sie hat eine sehr fachkundige und zu der Thematik erfahrene Ärztin soweit kultursensibel geschulte MitarbeiterInnen.

Zahlreiche Gespräche, die wir mit Betroffenen geführt haben, ergaben, dass diese selbst ihre kulturbedingten Interessen und Anliegen vertreten möchten und sich oftmals durch auch wohlgemeinte Unterstützung diskriminiert fühlten. Von Seiten der Plan- und Leitstelle wird auch zukünftig die Information und Sensibilisierung sowohl von Fachpersonal, als auch der Öffentlichkeit und der Betroffenen unterstützt. Ebenso wie die Forderung der WHO, der UNESCO und von UNICEF nach körperlicher Unversehrtheit von Frauen als Menschenrecht.

Friedrichshain-Kreuzberg, den 29.01.09

B’90/Die Grünen

Fragestellerin: Ute Kätzel