Die Deutsche Bahn baut den S- und Regional-Bahnhof für 411 Millionen Euro um. Eine Fehlplanung, die an den Bedürfnissen der BürgerInnen vorbei geht. Die BürgerInnen und die Grünen kämpfen für eine Rad-Brücke und -Abstellplätze im Runden Tisch Ostkreuz

Solange sich diejenigen erinnern können, die am und um das Ostkreuz unterwegs waren oder sind, ist dieses Stück Berlin Stein des Anstoßes. Vor dem Umbau war es gruselig nachts dort warten zu müssen, denn der verfallene und schmutzige Ort erinnerte eher an das industrielle London im 19. Jahrhundert, als an eine moderne Großstadt Berlin. Tagsüber ergibt sich kein besseres Bild. Zusätzlich stauen sich im Berufsverkehr tausende von Autos durch die engen Brücken und Straßen. Endlich nach Jahrzehnten des Verfalles, entschlossen sich Bahn und das Land Berlin, sich an die Lösung des gordischen Knotens Ostkreuz heran, um einen modernen Verkehrsknotenpunkt von S-Bahn und Regionalverkehr dem heutigen Stand der Technik und den Bedürfnissen anzupassen.

Es war von Anfang an klar, dass der Umbau viele Jahre dauern würde und eine logistische Meisterleistung sein müsste. Viele Interessen müssen unter einen Hut gebracht werden. Dies misslang gleich zu Beginn des Umbaus und hält immer noch an, denn erst einmal wurde in großem Stil abgerissen.

Damit der Verkehr am Tag nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen wird, wurden die Abrissbirnen vor allem in der Nacht geschwungen. Dies führte zu unermesslichem Lärm und schlaflosen Nächten bei den AnwohnerInnen. Sie mussten sich erst bis vor der Bundesverwaltungsgericht klagen, um die Bahn zum einlenken zu zwingen.

Frust über Pläne der Bahn

Trotz Besserungsversprechens der Bahn kommt es immer wieder zu unzumutbaren Belästigungen, bei denen auch gegen Auflagen der zuständigen Behörden verstoßen wird. Um aber zu verhindern, dass die Seiten immer wieder gerichtlich aufeinanderprallen, wurde der „Runde Tisch Ostkreuz“ ins Leben gerufen. Dort versuchen Behörden, die Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg und Lichtenberg, die AnwohnerInnen und die Bahn Kompromisse im Dialog zu schließen, Informationen auszutauschen und die Entwicklung des Umbaus zu begleiten.

Inzwischen geht es nicht mehr nur um Lärmproblematiken, sondern insbesondere von Seiten der AnwohnerInnen werden konstruktive Vorschläge zur Verbesserung der NutzerInnenfreundlichkeit des zukünftigen Bahnhofs und seiner Umgebung bei der Planung des Umbaus gemacht. Dies wird von der Bahn und vom Senat zwar zur Kenntnis genommen, es werden aber immer genügend Gründe vorgetragen, warum Vorschläge nicht berücksichtigt werden können. Eine gemeinsame Planung ist hier nicht gegeben.

Aktuell wird über die fehlende Fahrradfreundlichkeit des zukünftigen Bahnhofs und der umgebenden Straßen und Plätze diskutiert. Vor allem in den angrenzenden Wohnquartieren Friedrichshains werden viele Wege durch die BewohnerInnen mit dem Fahrrad erledigt. Diese Bedürfnisse finden bisher noch keinerlei Berücksichtigung, seien es genügend Stellmöglichkeiten vor dem Bahnhof oder fahrradfreundliche Querungsmöglichkeiten über das Ostkreuz zwischen Friedrichshain und Lichtenberg.

Ziel: fahrradfreundliche Planung

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, sein grüner Bürgermeister Franz Schulz und das Bezirksparlament unterstützen die Bemühungen der AnwohnerInnen. Die Grünen-Fraktion hat erfolgreich einen Antrag durchgesetzt, bei dem die denkmalgeschütze Fußgängerbrücke, die abgerissen wurde, nach ihrem Umbau auch den Bedürfnissen von RadfahrerInnen, insbesondere von Familien dienen soll. Was aber die fahrradfreundliche Planung nach dem Umbau betrifft gibt es hier immer noch keine konkrete Planung seitens der Bahn.

Ein weiteres großes Problem stellt die Erneuerung der Kynaststraße dar. Mehrfach wurde auf die erhöhte Verkehrsbelastung für Friedrichshain hingewiesen, eine Änderung der Planung ist aber bis zum heutigen Tag nicht durchgeführt worden. Das Verkehrschaos ist für Friedrichshain und die Rummelsburger Bucht jetzt schon vorgezeichnet. Mittlerweile haben sich verschiedene Bürgerinitiativen aus Friedrichshain und Lichtenberg zusammengeschlossen um eine gemeinsame Vorgehensweise zu bestimmen.

Obwohl dieser Bahnhof als „Top-Bahnhof“ mit einer Investitionssumme von 411 Millionen Euro zählt sind auf weitere wichtige Details verzichtet worden. So wurde z. B. das Bahnsteigdach aus Kostengründen gestrichen und trotz der Ankündigung als Regional- und S-Bahn-Knoten wurden ebenfalls park&ride-Flächen nicht mit eingeplant. Seitens der Bahn und des Senats wurde allenfalls der Rotstift angesetzt. Bleibt abzuwarten, ob der Kunde, sprich der Steuerzahler, weiterhin so übergangen wird. Marianne Burkert-Eulitz und Camilla Schuler Ostkreuz

1842 eröffnet und bis 1933 erweitert 1966 – 1970 wurden Bahnsteige wegen der veränderten Verkehrsströme und wegen Baufälligkeit stillgelegt 2006: Beginn der Sanierung, voraussichtlich Beendigung 2016, inklusive Erneuerung der Kynaststraße und Vorbereitung zur Verlängerung der A 100, die zu verhindern ein unser wichtigsten verkehrspolitischen Ziele ist.