Kleine Anfrage der Abgeordneten Clara Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen) vom 07. Januar 2008 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Januar 2008) und Antwort (Drucksache 16/11579)

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

1. Wie viele junge Frauen haben im Jahr 2007 nach Kenntnis des Senats vor Abschluss ihrer schulischen Ausbildung ein Kind bekommen? Wie stellt sich die zahlenmäßige Entwicklung im Vergleich zu den Vor-jahren (2004 – 2006) dar?

Zu 1.: Entsprechende Datenmaterialien über die Gesamtzahl junger Frauen, die 2007 vor Abschluss ihrer schulischen Ausbildung ein Kind bekommen haben, liegen nicht vor.

Die statistischen Daten umfassen lediglich Schulabgänger/innen pro Jahrgangsstufe und erreichten Schulabschlüssen.

Schulabbrecher/innen werden nur geschlechtsspezifisch dargestellt. Daten des Berliner Mikrozensus (2005), weisen ca. auf 1 % aller jungen Mütter im Alter von 16 – 25 Jahren hin die noch die allgemeinbildende Schule besuchen. Dies entspricht einer Anzahl von 248 jungen Müttern im Jahr 2005.

16,2 Prozent aller jungen Mütter (16 – 25 J.) in Berlin haben die Schule ohne allgemein-bildenden Schulabschluss verlassen.

Über die Gesamtentwicklung im Zeitraum von 2004 – 2007 lässt sich dem gemäß keine Aussage treffen. Die Auswertung der Berliner Geburtenziffern von 1991 – 2006 zeigen, dass die Anzahl der Geburten bei Frauen im Alter von 15 bis 16 Jahren stabil geblieben und bei den Müttern im Alter zwischen 17 – 18 Jahren die Geburten-ziffern stark rückläufig waren.

Für die Jahre 2004 bis 2006 ist die Geburtenentwicklung bei unter 18 jährigen Müttern rückläufig, wobei der Anteil ausländischer minderjähriger Mütter um 20 Prozent schwankt.

Statistische Informationen darüber, wie viele dieser jungen Mütter die Schule abgebrochen haben, liegen nicht vor.

2. Wie viele junge Frauen haben nach Kenntnis des Senats vor Aufnahme bzw. vor Abschluss einer beruflichen Ausbildung ein Kind bekommen? Wie stellt sich hier die zahlenmäßige Entwicklung im Vergleich zu den Vorjahren (2004 – 2006) dar?

Zu 2.: Die Anzahl junger Frauen, die vor Aufnahme bzw. dem Abschluss einer beruflichen Ausbildung ein Kind bekommen haben, werden statistisch nicht erhoben. Die Kammern erfassen nur Elternzeiten während der Ausbildung. Unterbrechungszeiten im Rahmen des gesetzl. Mutterschutzes werden nicht gesondert erfasst. Bei der IHK liegt die Quote von Elternzeitnehmerinnen in Bezug auf alle weiblichen Ausbildungsanfänger/innen pro Aus-bildungsjahr auf niedrigem Niveau und stieg seit 2000 leicht an (von 1,7 % auf 2,2 % im Jahr 2004 d. h. 95 Fälle).

Eine Sonderauswertung des Berliner Mikrozensus (2005) zeigt, dass 10,5 Prozent der jungen Mütter (16 – 25 Jahre) eine berufliche Schule besuchen. Für das Jahr 2005 ergibt sich damit eine hochgerechnete Zahl von 2.475 jungen Frauen in Ausbildung mit kleinen Kindern.

3. Wie viele dieser jungen Frauen gelten als allein erziehend?

Zu 3.: Der Anteil allein erziehender junger Mütter an allen jungen Müttern in Berlin (Mikrozensus 2005) beträgt 36,3 Prozent.

Bei den unter 18 jährigen jungen Müttern liegt der Anteil Alleinerziehender zwischen 2004 und 2006 bei ca. 90 Prozent, d. h., es gibt bereits verheiratete minderjährige Mütter, allerdings ist der Anteil der Verheirateten unter den ausländischen Mitbürgerinnen mindestens doppelt so hoch.

4. Besteht nach Auffassung des Senats die Not-wendigkeit, spezifische Angebote für diese Zielgruppe im Bereich der schulischen als auch der beruflichen Ausbildung anzubieten?

Zu 4.: Nach dem Kita-Gesetz besteht für diese Ziel-gruppe ein Anspruch auf Kindertagesbetreuung. Das trifft sowohl für Mütter in der schulischen wie in der beruflichen Ausbildung zu.

Zu Angeboten in der beruflichen Ausbildung siehe Beantwortung unter 6. und 7.

5. Wenn ja, wie schätzt der Senat den Bedarf an solchen Angeboten ein, und wie müssen diese Angebote nach Ansicht des Senats ausgestaltet sein?

Zu 5.: Die Notwendigkeit spezieller Angebote für diese Zielgruppe wird gesehen. Eine solche Ausbildung ist in kleineren Gruppen und mit Unterstützung von Sozialpädagog/inn/en erfolgreich, denn die jungen allein Erziehenden benötigen Unterstützung bei der Strukturierung ihrer Tageseinteilung, der Zusammenarbeit mit Behörden (z. B. Bafög-, Jugendamt) und Kinderbetreuungseinrichtungen sowie bei der Klärung von familiären Problemen im Zusammenhang mit der Ausbildung.

6. Welche spezifischen Angebote zur Beendigung der schulischen Ausbildung gibt es derzeit in Berlin für junge alleinerziehende Mütter (bitte Träger der Maßnahmen und jeweilige Teilnehmerinnen nennen)?

7. Welche Angebote der beruflichen Orientierung und Ausbildung gibt es derzeit in Berlin für junge alleinerziehende Mütter (bitte Träger, jeweilige Teilnehmerinnenzahl und Ausbildungsberufe nennen)?

Zu 6. und 7.: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeitsagenturen verfügen über Zusatzqualifikationen zur Beratung besonderer Personengruppen. Darüber hinaus unterstützen Träger und Ausbildungsunternehmen junge allein Erziehende, z. B. bei Krankheit des Kindes, beim Nacharbeiten von Unterrichtseinheiten, durch flexible Zeiten im Praktikum, durch Verlängerung der Ausbildung um ½ Jahr laut Berufsbildungsgesetz.

In Berlin gibt es eine Reihe von modellhaften Berufs(aus)bildungsangeboten für junge Mütter, welche z. T. in gesonderten Modellmaßnahmen, sowie in normalen Ausbildungsgängen beruflich stabilisiert und qualifiziert werden.

Einige Beispiele:

Seit 2004 hatte das Modellprojekt des SOS-Kinderdorfs in Berlin-Wedding e. V. eine Berufsausbildung für junge Mütter angeboten. Durch eine verkürzte Arbeitszeit von sechs Stunden pro Tag konnten sich die Auszubildenden in der Zeit nach der Ausbildung um ihre Kinder kümmern. Insgesamt haben 24 junge Frauen an der Ausbildung teilgenommen. Das Programm des SOS-Zentrums für die Ausbildung junger Frauen wurde bereits mit dem Initiativpreis des Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), der Otto Wolff-Stiftung sowie der Wirtschaftswoche ausgezeichnet. Ausbildungen fanden in Berufen der Kauffrau für Bürokommunikation und Friseurin im Verbund mit Unternehmen und Berufsschule statt. Die Teilnehmerinnen hatten ihre Prüfungen in den beiden Ausbildungsgängen mit Erfolg vor der IHK bestanden.

Im Rahmen der Jugendhilfe besteht bei ent-sprechender Indikationsstellung nach § 13 SGB VIII die Möglichkeit der Teilnahme an einer berufsquali-fizierenden Maßnahme für junge Mütter in Einrichtungen folgender Träger

  • Land in Sicht Ausbildungsplätze e.V. (LISA), Berufsvorbereitung im Berufsfeld Holztechnik bis zu fünf Plätze, Berufsausbildung für Tischlerinnen bis zu fünf Plätze
  • Life e.V., Berufsausbildung zur Fahrradmonteurin bis zu fünf Plätze

Das Best-Sabel-Bildungszentrum bot außerbetrieb-liche Erstausbildung für junge Mütter mit Migrations-hintergrund an. Ausbildungen im Bereich IT- System-kauffrauen und Bürokauffrauen wurden angeboten. Die 21 Frauen haben ihre Ausbildung erfolgreich ab-geschlossen und konnten überwiegend in Unternehmen vermittelt werden.

Die Bildungseinrichtung MüLe der EJF Lazarus gemeinnützige AG bietet seit Jahren Vorbereitungen auf Schulabschlussprüfungen, Berufsvorbereitungen und Ausbildungen zur Kauffrau für Bürokommunikation/ Bürokauffrau an. Derzeit befinden sich 24 junge Mütter in der Maßnahme. Die Kinderbetreuung wird durch die Frauenabteilung des Senats unterstützt, als wesentlicher Bestandteil zur Beendigung der Qualifizierungsmaß-nahmen und zur Unterstützung der jungen Mütter, da für die jungen Frauen/ Väter die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten einer Ausbildung oder einer Erwerbs-tätigkeit oftmals erst dann stattfindet, wenn die Kinder-betreuung verlässlich geregelt ist.

Zurzeit werden rund 73 Kinder (55 Mütter) zu unter-schiedlichen Bedarfszeiten betreut. Das durchschnittliche Alter der Kinder liegt ca. bei einem Jahr.

Darüber hinaus bietet im Rahmen des Frauenförder-programms das Projekt Frauenzukunft e.V./ Biberin ins-besondere für junge Mütter und Alleinerziehende ohne Berufs- bzw. Schulabschlüsse Beratungs- Profilings- und Berufsorientierungs- und Schulabschlusskurse mit niedrigschwelligen Angeboten an.

In den senatsgeförderten Frauenberatungsein-richtungen werden neben gezielter Beratung auch be-sondere Informations- und Orientierungskurse angeboten, welche sich auch an junge Mütter wenden und an-genommen werden.

8. Gibt es weitere Maßnahmen/Projekte des Senats, in deren Rahmen junge alleinerziehende Mütter bei der Ver-einbarkeit von Familie und schulischer bzw. beruflicher Ausbildung unterstützt werden? Wenn ja, welche? Wurden bzw. werden bestehende Angebote in diesem Bereich evaluiert? Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

9. Gibt es spezifische Beratungsangebote für junge alleinerziehende Mütter, die einen Schulabschluss nach-holen wollen, bzw. die eine Ausbildung absolvieren wollen? Wenn ja, welche?

Zu 8 und 9.: Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) gestattet in Verbindung mit der Handwerksordnung (HwO) die Ausbildungszeit zu verkürzen, wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht werden kann. Bei entsprechender Gestaltung der betrieblichen Ausbildung ist auch eine andere, z. B. die tageszeitliche Verkürzung bei -im Übrigen unveränderter Regelausbildungsdauer – möglich. In Ausnahmefällen kann die Ausbildungszeit auch verlängert werden.

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen hat eine Studie zur Datenanalyse über die sozioökonomischen Lagen junger Mütter sowie den betrieblichen und außerbetrieblichen Angeboten von Teilzeitberufsausbildungen in Berlin in Auftrag gegeben. Ergebnisse werden im Frühjahr 2008 erwartet. Hintergrund stellt die mangelnde statistische Erfassung über die Anzahl und die Auswirkungen auf junge Mütter in Berlin dar.

Eine der möglichen politischen Konsequenzen könnte die besondere Förderung junger Mütter/Väter in der Ausbildung darstellen. Bei aller Vielfalt der Gründe für eine frühe Mutterschaft vor oder während der Ausbildung hat sich gezeigt, dass häufig neben familiären Problemlagen mangelnde Unterstützung und Fehlentscheidungen bei Schulproblemen aber auch bei der Berufswahl ausschlaggebend sind. Die Berufswahlentscheidung sollte noch stärker wahrgenommen werden als eine der wichtigsten und wegweisenden Entscheidungen für das zukünftige Leben von jungen Müttern. Grundsätzlich ist aber die Bereitstellung ausreichender Kinderbetreuungsplätze für Kinder aller Altersgruppen sowie von flexiblen Angeboten zu außergewöhnlichen Zeiten und in Notfällen eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Ausbildung und Integration in den Arbeitsmarkt.

10. Gibt es spezielle Beratungsangebote für junge alleinerziehende Mütter, die einen Schulabschluss nachholen wollen, bzw. die eine Ausbildung absolvieren wollen? Wenn ja, welche?

Zu 10.: Zu schulischen und ausbildungsseitigen Be-ratungsstellen siehe Beantwortung unter 6. und 7.

11. Wie viele junge alleinerziehende Väter, die sich noch in der Ausbildung (Schule, berufliche Ausbildung) befinden gibt es derzeit in Berlin?

Zu 11.: Zahlen über allein erziehende Väter in der Ausbildung liegen nicht vor. Aus dem Mikrozensus 2005 geht hervor, dass die Anzahl allein erziehender junger Väter (im Alter von 16 – 25 Jahre) in Berlin sehr gering ist (134 Väter).

12. Stehen jungen alleinerziehenden Vätern die An-gebote für junge alleinerziehende Mütter offen, oder gibt es spezielle Angebote? Wenn ja, welche (stehen offen bzw. gibt es) und wie viele junge Väter haben jeweils in den Jahren 2004 – 2007 daran teilgenommen?

Zu 12.: Es gibt keine ausschließlich für junge Väter vorgesehenen Angebote in Berlin. Der Senat hält das auch nicht für sinnvoll, da jungen Vätern Angebote an allein erziehende Mütter offen stehen; sie wurden allerdings bisher nicht von jungen Vätern in Anspruch genommen.

Berlin, den 14. Februar 2008

In Vertretung

Kerstin Liebich

Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales

(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Februar 2008)