Die Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) in Nürnberg hat einen Beschluss zur grünen Wirtschaftspolitik gefasst. Das Beschlusspapier selbst ist dünn und nicht besonders aussagekräftig. Es verrät dem Lesenden nicht das eigentlich spannende und wichtige: nämlich den innerparteilichen Vorlauf und Diskussionsprozess. Nach der Niederlage von Rot-Grün 2005 hätte für die Bundestagsfraktion eigentlich eine kritische Aufbereitung der wirtschafts- und haushaltspolitischen Katastrophe der Schröder-Regierung angestanden. Um solche Qual zu vermeiden, schoben Berninger und Kuhn ein Projekt an, dessen edelstes Stück der Titel war und ist: „Grüne Marktwirtschaft“. Inspiriert von der amerikanischen Debatte um einen „ökologischen Kapitalismus“, sollte damit die Frage beantwortet werden, wie ökologische Zielsetzungen mit marktwirtschaftlichen Instrumenten erreicht werden können. Viel Ablehnung erfuhr die provokante These der ersten Entwürfe, dass die „unsichtbare Hand des Marktes“, die nach Adam Smith (1776) für die Herstellung des Gemeinwohles hinter dem Rücken der Akteure durch den Marktprozess sorgt, nun neuerdings auch ökologische Zielsetzungen befördert. Dagegen gehalten wurde das Wort des letzten Reportes von Sir Nicolas Stern, dass die Klimakatastrophe ein gigantisches „Marktversagen“ sei. Nach dieser Debatte drehte sich der Inhalt des Papieres im letzten Sommer vollkommen: Nicht das Vertrauen in die Ergebnisse des Marktes, sondern gerade die Forderung nach staatlichen Rahmensetzungen und die Korrektur von Marktergebnissen wurden als grüne Anliegen formuliert. Wer Biofleisch kauft, weiß, dass nicht der Preis, sondern vielseitige Informationen über Güte, Beschaffenheit und Qualität neben dem Preis entscheidend sind. Märkte bedürfen daher einer staatlichen Rahmensetzung und Schaffung größtmöglicher Transparenz, um im Sinne ökologischer und sozialer Ziele zu funktionieren. Was unterscheidet also Marktwirtschaft von Grüner Marktwirtschaft? Antwort der BDK: Gesteuerte oder genauer: auf gesellschaftspolitische Zielsetzungen programmierte Märkte.

Dietmar Lingemann Sprecher der LAG Wirtschaft Berlin

Mehr Information zur „Grünen Marktwirtschaft“ unter: www.gruene.de/cms/themen/dok/207/207465.gruene_marktwirtschaft_oekologisch_und_s.htm Der Beschluss im Wortlaut unter: www.gruene.de/cms/partei/dokbin/207/207481.nachhaltig_und_gerecht_gruene_marktwirts.pdf