Überall dort, wo der Charakter eines Wohngebietes durch ein Übermaß an gastronomischen Betrieben verloren zu gehen droht, soll gegebenenfalls die Neueröffnung von Restaurants oder Cafés untersagt werden. Dies fordert ein Antrag der Grünen Fraktion, der gestern ins Bezirksparlament eingebracht wurde. Ziel ist es, vielfältige Gewerbestrukturen zu schützen und gastronomische Monostrukturen zu verhindern – damit auch der Bäcker neben der Kneipe bleiben kann.
Der Grüne Antrag fordert, eine Umnutzung von Wohn- und Gewerbeflächen zu gastronomischen Betrieben überall dort zu untersagen, wo der Gebietscharakter eines Wohngebietes gefährdet ist. Diese Möglichkeit ist in § 15 der Baunutzungsverordnung für Allgemeine Wohngebiete festgeschrieben. Bisher wird von der für Einzelfälle vorgesehenen Möglichkeit kein Gebrauch gemacht. Bestehende Lokale sind von der Neuerung nicht betroffen. Lediglich bei Neueröffnungen soll genauer geprüft werden, ob ein weiterer gastronomischer Betrieb an dieser Stelle sinnvoll wäre oder ob dieser eher zu „Ballermannisierung“ des Kiezes betragen würde.
„Wo Gewerbeflächen lukrativer werden, steigen die Mieten und es kommt zu einem Verdrängungswettbewerb“, sagt Stadtrat Hans Panhoff (Grüne). Erfahrungsgemäß seien die Gewinner solch eines Wettbewerbs häufig nicht die kleinen, langjährig angesiedelten Kiezgeschäfte, sondern neue Restaurants, Bars oder Cafés.
„Wenn in einem Kiez vielfältige, über Jahre gewachsene Gewerbestrukturen verloren gehen, geht das vor allem zu Lasten der Anwohner“, sagt Julian Schwarze (Grüne), Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses. In Gebieten, in denen nur noch Gastronomie zu finden sei, müssten die Anwohner weite Wege auf sich nehmen, um etwa eine Bäckerei, einen Gemüsehändler oder ein Friseurgeschäft aufzusuchen. Dies solle mit dem Antrag verhindert werden. Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg setze in der Maaßenstraße das Instrument bereits erfolgreich ein, nachdem sich Anwohner über den Schwund von Geschäften beklagt hatten.
Mit Gastronomie beschäftigt sich auch ein weiterer Grüner Antrag zur Markthalle IX in der Eisenbahnstraße im Wrangelkiez. Ziel ist es unter anderem, in dem Gebiet nächtlichen Lärm zu reduzieren und Gehwege besser passierbar zu machen. Ein dritter Antrag hat die Entschärfung des gefährlichen Verkehrs rund um die Eisenbahn-Markthalle zum Thema.