Ende Februar 2017 wurden die Empfehlungen der Facharbeitsgruppe Schulraumqualität veröffentlicht. Und was da zu lesen ist nicht nur spannend, sondern käme bei einer Umsetzung einer kleinen bildungspolitischen Revolution gleich.
Pädagogik durch Architektur ermöglichen, so könnte man zusammenfassen, was in diesen Empfehlungen angeregt wird.„Schulbau hat immer pädagogische Wirkungen. Schulbauten können Lernprozesse befördern oder behindern. Schulbauten sind immer auch ein in Beton gegossener Spiegel der herrschenden Vorstellungen vom Lernen in der jeweiligen Zeit.“, so leitet der an der Studie beteiligte Bildungsforscher Prf. Dr. Jörg Ramseger seinen einführenden Beitrag ein um dann fortzufahren: „Das Land Berlin schickt sich an, die Pädagogik für das 21. Jahrhundert architektonisch vorzubereiten. Neue Schulhäuser sollen die Flurschule des 19. Jahrhunderts ablösen und eine inklusive Pädagogik in der Ganztagsschule als ganztägig bedeutsamen Lebens- und Lernort der Kinder und Jugendlichen ermöglichen.“
Schule öffnet sich
„Dafür braucht es Lernräume, die höchst vielfältige, differenzierte Lernsituationen gleichzeitig erlauben – und sie auch provozieren. (…) Ganztagsschule muss auch Ansprüchen und Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen jenseits des Unterrichts gerecht werden, die in früheren Jahrhunderten im familiären Umfeld befriedigt wurde. Dafür waren die alten Schulbauten nicht gedacht. Deshalb braucht es einen neuen kühnen Entwurf.“ Und ein solcher sind diese Empfehlungen durchaus. Nicht nur für die Schulneubauten sondern auch für Bestandsschulen wäre der Plan bei notwendigen Renovierungsmaßnahmen, eine Abkehr vom Frontalunterricht zu neuen teamorientierten Lernformen auch architektonisch und räumlich umzusetzen. Der Raum würde quasi zum 3ten Pädagogen. Darüber hinaus sollen die Schulen nicht mehr isolierte Inseln in ihren Kiezen sein, sondern sich zu diesen hin öffnen, Funktionen für das Gemeinwesen übernehmen.
Ein Versprechen auf Zukunft
Die Senatorin für Bildung, Jugend und Familie erkennt nun durchaus: „Natürlich erfordert die Umsetzung dieses Raumkonzepts mehr Fläche.“, was eine Abkehr vom bisherigen Musterraumprogramm erfordern würde, dass festlegt, wieviel Raum für jede Schüler*in zu Verfügung stehen soll und nur dieser dann auch den Bezirken gegenüber refinanziert wird. Und verspricht dann: „Ich werde mich für eine schrittweise und verantwortungsvolle Umsetzung des Berliner Lern- und Teamhauses in Zukunft stark machen.“ Das kann viel heißen. Das man ein oder zwei Modellprojekte durchführt und sich für diese dann feiert. Doch gerade jetzt will der Berlin mindesten 5 Milliarden für Schulneubau und Sanierung von Schulen in den nächsten 10 Jahren einsetzen. Und schon jetzt sieht die Realität in den Bezirken anders aus. Es zeigt sich, dass Geld allein nicht reichen wird. Wie sehen also die Chancen aus, dass aus diesem Papier Realität wird. Oder werden auch diese Empfehlungen das Schicksal vieler kluger Papiere teilen, die kurz für Aufregung oder gar Begeisterung sorgen und dann für immer in den Schubladen der zuständigen Ämter verschwinden und in der Realität weitergewurstelt wird wie bisher?
Werner Heck, Bezirksverordneter