Initiator: B’90/Die Grünen, Dr. Thomas Weigelt

Mündliche Anfrage

1. Dem Bezirksverordneten Hartmann und mir wurde auf Nachfrage mitgeteilt, dass die Unterlagen zu Drucksachen der BVV der letzten Legislaturperiode, für die eine Beteiligung der Verkehrslenkung Berlin (VLB) notwendig war, auf Grund „besonderer Umstände“ im
Büro des Bezirksstadtrats für Wirtschaft, Ordnung, Schule und Sport geführt wurden. Welche „besonderen Umstände“ haben das Bezirksamt zu dieser abweichenden Aktenführung bewogen und bestehen diese „besonderen Umstände“ für die laufende Legislaturperiode fort?

2. Weiterhin wurde uns mitgeteilt, dass die Unterlagen mit den Antworten der VLB für bearbeitete Drucksachen der BVV mit Ablauf der Legislaturperiode vernichtet wurden. Auf wessen Anordnung ist die Vernichtung erfolgt?

3. Hält das Bezirksamt die Vernichtung von Unterlagen vor Ablauf von Aufbewahrungsfristen und ohne die gesetzlich vorgeschriebene Anbietung der Akten beim Landesarchiv Berlin für einen Ausdruck guter Aktenführung und ordnungsgemäßer Verwaltung?

Nachfragen:

1. Welche Aufbewahrungsfristen sind für Unterlagen und Akten bei Vorhaben mit Beteiligung der VLB vorgesehen?

2. Plant das Bezirksamt mit Ablauf dieser Legislaturperiode die Akten zu Drucksachen der
BVV, zu deren Beantwortung die VLB beteiligt werden musste, wieder zu vernichten?

Beantwortung: BezStR Herr Hehmke

Zunächst sozusagen meine Bemerkung zwischen Ihren Fragezeichen. Beim Thema der Anfrage befindet sich ein Ausrufezeichen, das ist ja schon eine Art Tatsachenfeststellung. Also insofern übersehe ich das Ausrufezeichen mal, sondern sehe nur die Fragezeichen, weil Sie ja Fragen stellen und die werde ich Ihnen natürlich auch gerne beantworten.

zu Frage 1:
Wie Sie wissen, gab es in dieser BVV, das haben Ihnen diejenigen, die in der letzten
Wahlperiode dabei waren, wahrscheinlich ausführlich berichtet, zahlreiche Vorgänge und Anträge, die die BVV beschlossen hat, die sich ans Bezirksamt richteten und für die dann letztendlich in der weiteren Bearbeitung die Straßenverkehrsbehörde, die beim Ordnungsamt angesiedelt ist, zuständig war. Wir waren aber nicht der einzige Bezirk, wo das so passiert ist, sondern das ist in vielen Bezirken der Fall, dass die Zahl der Anträge, die sich bezogen auf Themen des Verkehrs und gewünschte verkehrsbehördliche Anordnungen sehr stark gestiegen ist.

Das hat den damaligen zuständigen Staatssekretär, Christian Gaebler, veranlasst, ein Schreiben an die bezirklichen Ordnungsstadträte zu schicken und zu erklären, dass aufgrund der schwierigen personellen Ausstattung der VLB, auch darüber ist mehrmals berichtet worden, in Zukunft Anliegen der BVV, Beschlüsse der BVV ausschließlich an das Büro des Staatssekretärs zu senden seien.

Dies wiederum hat wahrscheinlich, ich habe ihn jetzt nicht gefragt, meinen Vorgänger im Amt, Herrn Dr. Beckers, veranlasst, dafür Sorge zu tragen, dass solche Anliegen, die die BVV beschlossen hat, dann auch über sein Büro an Herrn Staatssekretär übersandt werden und nicht von den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Straßenverkehrsbehörde. Dies allein ist der Grund und so wurde auch, sowie dieses Schreiben des Staatssekretärs im Bezirksamt eingetroffen ist, so gehandhabt über mehrere Jahre.

So. Ich kann Ihnen das Schreiben gerne geben, ich habe es als Kopie dabei, so.
Das zu den besonderen Umständen, warum die Akten nicht in der Straßenverkehrsbehörde liegen diesbezüglich, sondern im Büro des Bezirksstadtrates.

zu Frage 2:
Bei den Beschlüssen und Anfragen der BVV, die hier gemeint sind, handelt es sich
ausschließlich um Vorgänge, die mit der Beantwortung durch den zuständigen Bezirksstadtrat und der Kenntnisnahme durch die BVV abgeschlossen sind. Die internen Stellungnahmen fließen in die Beantwortungen ein. Die Beantwortungen werden auf der Internetseite der BVV veröffentlicht und stehen der Öffentlichkeit auch über die Wahlperiode hinaus zur Verfügung.

Dementsprechend sind diese beantworteten Vorgänge im Sinne des Archivgesetzes des Landes Berlins nicht vernichtet worden, da die Antworten weiterhin auf der Internetseite der BVV einsehbar sind und die entsprechenden Stellungnahmen der VLB, die uns zugegangen sind, sind ja Bestandteil dieser Drucksachen und dieser Vorlagen, die Sie auch zur Kenntnis genommen haben.

Die Vorgänge zu den unbeantworteten Drucksachen, also die Vorgänge, die noch offen sind, wo keine Rückläufe vorliegen, die noch nicht abgeschlossen sind, die wurden nicht vernichtet und diesbezüglich haben Sie ja auch heute einen Termin vereinbart, übernächste Woche, und die können Sie selbstverständlich sich alle in aller Ausführlichkeit anschauen.

In der vorläufigen Geschäftsordnung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Oktober 2016, § 65 Abs. 1 ist geregelt, alle Drucksachen gelten mit Ablauf der Wahlperiode, in der sie eingebracht sind, als erledigt, wenn nicht endgültig über sie entschieden ist und über die, über die nicht endgültig entschieden wurde, verfügt das Büro und die können Sie selbstverständlich einsehen.

zu Frage 3:
Die Akten wurden im Sinne des Archivgesetzes des Landes Berlins nicht vernichtet,
da die Antworten auf der Internetseite der BVV einsehbar sind. Darüber hinaus gilt jede Drucksache der BVV, unabhängig der Beteiligung Dritter, als ein Einzelvorgang. Gemäß § 61 der gemeinsamen Geschäftsordnung 1 Satz 1, das ist die gemeinsame Geschäftsordnung, die alle Behörden des Landes Berlins gleichermaßen bindet, unabhängig, ob auf Landesebene oder in den Bezirken angesiedelt. Laut dieser gemeinsamen Geschäftsordnung gilt, ich zitiere: „Soweit die Dauer der Aufbewahrung nicht durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften festgelegt ist, setzen die Behörden
die Aufbewahrungsfrist selbst fest. Sie beginnt, wenn nichts anderes bestimmt ist, mit Ablauf des Jahres, indem die letzte inhaltliche Bearbeitung der Akte erfolgt ist.

zu Nachfrage 1:
Gesonderte Aufbewahrungsfristen für Unterlagen und Akten bei Vorhaben mit
Beteiligung der VLB gibt es nicht.

zu Nachfrage 2:
Müsste eigentlich der Kollege Herr Schmidt beantworten, aber ich tue es trotzdem
im Vorgriff darauf. Wie Sie wissen, ist in der Koalitionsvereinbarung R2G festgelegt, dass die unteren Straßenverkehrsbehörden in den Bezirken zum SGA, also zum Straßen- und Grünflächenamt, wechseln. In der Sitzung der Ordnungsstadträte letzte Woche Donnerstag war diesbezüglich Herr Staatssekretär Kirchner zugegen, der zusammen mit Herrn Staatssekretär Gaebler erklärt hat, dass dieses Vorhaben sehr zeitnah durchgeführt werden soll und dass sie davon ausgehen, dass die entsprechende Zuordnung im Stellenplan dann beim Straßen- und Grünflächenamt bereits mit Beginn des nächsten Doppelhaushaltes, also zum 01. Januar 2018 dort etatisiert werden sollen. Das heißt, wie die Aufbewahrung dieser Akten bei Herrn Stadtrat Schmidt passiert genau, kann ich nicht wissen, aber ich gehe davon aus, dass sich das gesamte Bezirksamt an dieRegelungen der gemeinsamen Geschäftsordnung hält.

Herr Vollmert:
Bevor wir jetzt in der nächsten BVV vielleicht eine schriftliche oder mündliche Anfrage
dazu machen müssen, frage ich jetzt einfach mal die anderen Mitglieder des Bezirksamtes,
ob Sie die von Herrn Hehmke geschilderte Verwahrungsfristen und Löschungsmöglichkeiten auch so wahrnehmen oder möchten Sie eher in einem Haufen von Akten und Unterlagen ersticken?

zu Nachfrage 3:
Also ich würde jetzt ungern auf Suggestivfragen eingehen, aber ich glaube, dass
die Art der Aktenführung so, wie sie erfolgt ist, den Regelungen der GGO entspricht und das will ich auch weiterhin so handhaben.

Herr Hartmann:
Ich habe eine Nachfrage zu der Beantwortung zu der zweiten Frage: Entspricht
es den Vorstellungen des Stadtrates zu transparente Amtsführung, den Bearbeitungsverlauf und interne Vorgänge zu abgeschlossenen Vorgänge nicht mehr transparent nachvollziehen zu können?

zu Nachfrage 4:
Also ich glaube, das ist eine Behauptung. Ich glaube, wenn Sie die Akteneinsicht nehmen, dann können Sie die Vorgänge sowohl sehr transparent nachvollziehen. Also die nicht
abgeschlossenen Vorgänge, die in den Akten aufbewahrt sind und die abgeschlossenen Vorgänge können Sie anhand der Dokumente, die Ihnen allen zur Verfügung stehen, die aber mit Sicherheit im Büro der BVV auch noch als Handakten vorhanden sind, weiß ich nicht, die können Sie mit Sicherheit transparent nachvollziehen. Und wenn diese abgeschlossenen Vorgänge …, viele sind ja, also viele Mitteilungen der VLB waren ja dergestalt, dass unsere bezirklichen Vorhaben oder dem Willen der BVV hier nicht entsprochen wurde. Damit war dann in der Tat der Vorgang erledigt.

Wenn aus den Mitteilungen der VLB weitere Dinge erfolgt sind, weil Anliegen der BVV positiv aufgenommen worden sind, dann werden ja sozusagen die Vorgänge weiterbearbeitet und das müsste dann in der Straßenverkehrsbehörde auch vorliegen.

Friedrichshain-Kreuzberg, den 05.04.2017
Bündnis 90/Die Grünen
Fragesteller*in: Dr. Thomas Weigelt

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