Initiator*in: B’90/Die Grünen, Pascal Striebel

Mündliche Anfrage

Ich frage das Bezirksamt:

1. Wie ist der aktuelle Sach- und Planungsstand bzgl. des ehemaligen Ateliergebäudes PostOst- bzw. später PostBerlin in der Palisadenstraße 89 in Friedrichshain?

2. Wer soll das (alte oder neu zu bauende) Gebäude an diesem Standort zukünftig nutzen?

3. Welche Anstrengungen hat das Bezirksamt unternommen, um die Kunst- und Atelierräume des ehemaligen PostBerlin zu sichern bzw. im Fall eines Neubaus neu einzurichten?

Nachfragen:

1. Welche weiteren Anstrengungen wird das Bezirksamt dazu unternehmen?

Beantwortung: BezStR Herr Schmidt

zu Frage 1:
Bei den Bestandsgebäuden handelt es sich um einen fünfgeschossigen und einen zweigeschossigen Baukörper, die in den 70er Jahren als Postgebäude und Einrichtung für fernmeldetechnische Versorgung errichtet wurden. Seit den 1990er Jahren wurden sie von der Telekom als Bürogebäude und weiterhin auch zur Unterbringung der erforderlichen technischen Einrichtung genutzt. Ab 2003 wurde der Zweigeschosser als ein Atelierhaus mit Arbeits- und Musikprobenräumen von verschiedenen Künstlern genutzt.

Die Künstler hatten damals vor zwei, vier …, drei, vier Jahren gemeinsam mit dem Atelierbeauftragten des Berliner Senats, der heute Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg ist, und Jana Borkamp, damals Kulturstadträtin den neuen Eigentümern, die also dieses Gebäude gekauft hatten, ein Konzept vorgeschlagen, das vorsah, die langjährige Ateliernutzung durch eine Aufstockung des flachen Teils des Gebäudekomplexes zu sichern, zu erhalten. Geplant war ein Aufbau, indem sowohl Arbeitsräume für Künstler, ein öffentliches Library Lab mit Medienverleih als auch ein öffentlicher Projektraum, in dem sich Nutzer des vorgesehenen Mieters der Factory, Anwohner und vor Ort arbeitende Künstler begegnen könnten.

Dieser Mix hätte also allen etwas gebracht und sollte, was die Kosten betrifft, sogar gar nicht zu Lasten unbedingt der Factory fallen, sondern kostenneutral quasi im Luftraum über dem Flachbau umgesetzt werden als Gebäude, als Leichtbau und damals war die Idee, Fördermittel beim Senat dafür zu beantragen und so eine Art Erbbaumodell oder Nießbrauchrecht für das Baufeld quasi auf dem Dach zu vereinbaren mit den Eigentümern.

Sowohl die Factory Berlin, also ein Ihnen sicherlich allen bekannter Start-Up-Inkubator, jetzt ansässig übrigens am Görlitzer Park, aber in Treptow, sowohl die Factory Berlin als auch die Eigentümergesellschaft, welche dieselben Gesellschafter haben, einsichtig im Handelsregister im Übrigen, hatten zunächst Gesprächsbereitschaft signalisiert.Vor ca. drei Jahren hieß es oder zwei Jahren war das, allerdings seitens dieser Akteure, dass erst, wenn der Bau konkret geplant wurde, man darüber erneut ins Gespräch gehen könnte. Die Künstler, der Kultursenat, der BBK und im Dezember 2017 der Bezirk durch die Kulturstadträtin Clara Herrmann haben sich wiederholt an die Factory und die Gesellschafter gewandt, um eine Fortführung der Gespräche einzuleiten.

2017 wurde dann ein Bauantrag eingereicht, ohne dass auf die zahlreichen Schreiben überhaupt reagiert wurde seitens der Eigentümer und auch seitens der Factory. Im fünfgeschossigen Gebäude werden Teilbereiche des Kellers und des Erdgeschosses auch weiterhin von der Telekom genutzt.

Die übrigen Büro- und Atelierbereiche sollen modernisiert und zu Büroräumen oder Co-Working-Räumen umgebaut werden. Im 4. OG ist für die Mitarbeiter zusätzlich eine Kantine geplant, auf dem Dach des fünfgeschossigen Gebäudes soll eine kleine Baufläche in Form einer Auf-Dach-Terrasse errichtet werden. Ein zusätzlicher Dachaufbau ist nicht vorgesehen.
Eine kleine Dachterrasse soll auch auf dem zweigeschossigen Gebäude entstehen, aber füllt nicht die gesamte Fläche aus.

Das Kellergeschoss des zweigeschossigen Gebäudes ist für die Mitarbeiter ein Fitnessbereich vorgesehen. Das Trafo-Gebäude im Hof soll abgebrochen und durch Fahrradunterstellmöglichkeiten für 60 Fahrräder ersetzt werden. Die gewerbliche Nutzung unterliegt hier bauordnungsrechtlich und bauleitplanungsrechtlich dem Bestandsschutz. Durch einen Betreiberwechsel erlischt dieser Bestandsschutz nicht. Die Gebäude sollen weiterhin als Bürogebäude genutzt werden. Insofern ist die beabsichtigte Maßnahme planungsrechtlich zulässig und wurde am 13.03. genehmigt. Deshalb befindet sich das Projekt im Stadium des Baubeginns.

zu Frage 2:
Hierzu liegen dem Bezirksamt keine Informationen vor. Nach Information des Tagesspiegels, wie der Tagesspiegel schrieb, soll dort aber nicht die Factory Berlin einziehen. Die hat das dementiert.

zu Frage 3:
Wie unter 1. beschrieben, bezieht sich der Bauantrag auf die Fortführung bestehender gewerblicher Nutzung. Da es hier also keine Nutzungsänderung gibt, besteht rechtlich Bestandsschutz. Da sind die Einflussmöglichkeiten leider gering, gleich Null, zumindest was die Nutzung betrifft.

Aus kulturpolitischer Perspektive hat das Bezirksamt vor ca. drei Jahren, wie beschrieben, eng mit den Künstlern und dem Atelierbeauftragten zusammen gearbeitet. Im Dezember 2017 hat das Bezirksamt sich erneut an die Factory gewandt und seine Unterstützung bekundet. Interessant ist hierbei, dass der Eigentümer gegenüber dem Tagesspiegel geäußert hat, dass es kein Angebot vom Bezirk gegeben hätte. Das ist schon ganz schön diffam.

zu Nachfrage 1:
Das Bezirksamt wird weiterhin für das Projekt Aufbau auf diesem flachen Gebäude werben und keine Gelegenheit ungenutzt lassen, die Geschichte des Standortes ins Gedächtnis zu rufen. Im Zuge der Bestrebungen der Nachverdichtung in Friedrichshain West, also diesem Gebiet dort, soll auch das Thema kulturelle Infrastruktur aufgegriffen werden.

Das Bezirksamt wird Künstler und andere Akteure, die sich berlinweit und im Bezirk für eine gemeinwohlorientierte Quartiersentwicklung einsetzen, einladen, ihre Ideen einzubringen und entsprechende Unterstützungsstrukturen zur Verfügung stellen. Von besonderer Bedeutung wird auch sein, dass sich private Akteure, z.B. aus dem Bereich der Web-Tec-Wirtschaft, ich erinnere hier nur an Zalando, die am Ostbahnhof ja sich ansiedeln, sich offen zeigt für Mischnutzungen und Begegnungsräume für Nachbarschaft, aber auch für gewerbliche und kulturelle soziale Nutzungen, die weniger finanzkräftig sind. Und mal hier vorausgesetzt wir haben ein reges Interesse an einem lokalen gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Friedrichshain-Kreuzberg, den 27.06.2018
Bündnis 90/Die Grünen
Fragesteller: Pascal Striebel

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