Mündliche Anfrage
Initiator*in: B’90/Die Grünen, Claudia Schulte
Ich frage das Bezirksamt:
1. Welche Angebote für obdachlose Menschen (Schlafplätze und Tagesaufenthalt) gibt es bzw. wird es in der Kälteperiode 2018/2019 in Friedrichshain-Kreuzberg zu welchem Zeitpunkt geben?
2. Um wie viele Plätze (Schlafplätze und Tagesaufenthalt) konnte das Angebot im Bezirk im Vergleich zum Vorjahr erhöht werden?
3. Wo sieht das Bezirksamt ggf. weitere Bedarfe in der Versorgung und Unterbringung obdachloser Menschen im Bezirk?
Beantwortung: Herr Mildner-Spindler
zu Frage 1:
Im Bezirk gibt es derzeit fünf tägliche und drei einmal wöchentlich angebotene Notübernachtungsmöglichkeiten im Rahmen der Kältehilfe. Das sind im Einzelnen an täglichen Angeboten die Frauennotübernachtung der Diakonie am Segitzdamm, am Wassertor, täglich 15 Plätze, die Notübernachtung der Kirchengemeinde St. Marien Liebfrauen in der Wrangelstraße fünf, nein, zwölf Plätze täglich nur für Männer, die Notübernachtung von Brot des Lebens e.V., getragen von St. Pius und St. Nikolaus in der Palisadenstraße und in der Hildegard-Jadamowitz-Straße mit täglich 30 Plätzen nur für Männer, die Notübernachtung im AWO-Kiezcafé in der Petersburger Straße täglich 16 Plätze und die Notübernachtung der Berliner Stadtmission in Halleluja-Warmlufthalle am Containerbahnhof Frankfurter Allee täglich 120 Plätze.
Das macht summa summarum 193 Plätze und dazu einmal wöchentlich die Notübernachtung Obdach in der Samariterstraße, ca. 25 Plätze, die Notübernachtung in der Taborgemeinde in der Taborstraße, ca. 40 Plätze und die Versorgung und der Aufenthalt im Frühcafé Café Kause am Bethaniendamm, ca. 40
Besucher, das macht 105 Plätze.
Der Kältehilfezeitraum ist regulär vom 01.11. bis zum 31.03. Das Land fordert die frühere Aufnahme der Angebote im Oktober und die Verlängerung bis April. Darin sind fast alle unsere Angebote-Einrichtungen beteiligt. Für die Halleluja an der Frankfurter Allee gibt es in diesem Jahr die Besonderheit, dass sie …, das ist lange verhandelt und angekurbelt worden, auch in den Sommermonaten eine Notübernachtung anbietet. Das ist in diesem Jahr erst im September begonnen worden und geht bis einschließlich Oktober, sodass die Halleluja in der Kältehilfe im November starten wird.
Nicht vergessen werden sollte und die Anbieter und vor allen Dingen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben das auf der 2. Strategiekonferenz Wohnungslosenhilfe letzten Mittwoch noch mal deutlich gemacht. Es gibt auch Tagesangebote, die sogenannten wohnungslosen Tagesstätten. Davon haben wir drei im Bezirk, die durch das Amt für Soziales und Zuwendungen unterstützt werden. Das ist die Tagesstätte am Wassertor des Diakonischen Werks Sigitzdamm in Kreuzberg, das ist die Tagesstätte der Bürgerhilfe in der Cuvrystraße in Kreuzberg und das ist das AWO-Kiez-Café in der Petersburger Straße. Das sind alles zusammen täglich ungefähr 100 bis 120 Plätze, die Aufenthalt bieten auch dann, wenn die Notübernachtung tagsüber geschlossen ist.
zu Frage 2:
Das Land Berlin hat erstmals für die jetzt beginnende Kältehilfeperiode die GEBEWO mit der …, das haben sie schon früher gemacht, aber es ist jetzt institutionell gefördert, mit der Koordination und Vorbereitungssteuerung der Kältehilfesaison beauftragt. Wir haben als Bezirk mit der GEBEWO Gespräche geführt. Wir werden in diesem Winter zusätzliche Plätze organisieren.
Wir gehen im Moment davon aus, dass am 01.12. in der jetzt zur Schließung anstehenden Aufnahmeeinrichtung für Geflüchtete der Johanniter eine Kältehilfe-Notübernachtung für 100 Plätze zur Verfügung stehen wird. Der Sozialdienst katholischer Frauen hat uns eine Notübernachtung für Frauen mit zwölf Plätzen noch angeboten und die GEBEWO hat noch die Angebote, das finde ich besonders bemerkenswert, von zwei Klubs in Friedrichshain-Kreuzberg, die ihre Klubräume dann, wenn keine Klubveranstaltungen sind, über Nacht für Notübernachtungen zur Verfügung stellen wollen.
Da ist die GEBEWO noch auf der Suche. Das ist ein Klub auf dem RAW-Gelände und das ist der Klub am UBahnhof Schlesisches Tor. Die wollen unentgeltlich die Räume zur Verfügung stellen, wenn dort keine Veranstaltungen stattfinden. Da gibt es nach meinem Dafürhalten noch keinen Betreiber.
Wenn wir das zusammenzählen, kommen wir bei den täglichen Notübernachtungen auf weitere 112 Plätze, dass wären dann 193 + 112 = 305 Plätze, die wir in diesem Winter organisieren können und das wären bei den einmal wöchentlich angebotenen Angeboten 105 + X, was wir noch nicht genau benennen können, sodass wir aber auf jeden Fall auf über 400 Plätze kommen. Das Land Berlin plant 1.000 bis 1.200 Plätze diesen Winter anbieten zu wollen. Da sind wir als Friedrichshain-Kreuzberg, muss man schon so sagen, mit Stolz für unseren Bezirk und für die vielen Ehrenamtlichen, die in der Kältehilfe engagiert ehrenamtlich oder für ein kleines Entgelt arbeiten, da sind wir wirklich gut dran beteiligt.
zu Frage 3:
Die Berliner Kältehilfe ist ein niederschwelliges Angebot. Das organisieren wir ohne große rechtliche Zugangsvoraussetzungen für alle Menschen. Das ist wichtig, damit niemand auf der Straße erfrieren muss. Was wir uns am meisten wünschen ist, dass, um bestehende Angebote langfristig sichern zu können, eine Ist-Kosten-Finanzierung für die Kältehilfe durchgesetzt wird. Wir haben nach wie vor das Problem, dass wir mit 17,50 EUR pro Platz und Nacht kalkulieren müssen.
Das berücksichtigt nicht, wie hoch ggf. die Mietkosten oder Energiekosten für so eine große Traglufthalle sind, sodass durchaus in der Kalkulation auch andere Preise als nur 17,50 EUR aufgerufen werden. Wir sind im Moment immer noch in der Situation, dass wir aufgrund dessen, dass z.B. die Halleluja eine ganze Ecke teurer ist als 17,50 EUR pro Platz und Nacht, die Senatsverwaltung für Finanzen uns das Budget nicht in der Größenordnung zur Verfügung stellt, sondern KLR-orientiert eine Budgetzuweisung macht. Das würde in der Konsequenz dazu führen, dass wir nicht mehr die Mittel haben, um die Kältehilfeangebote auf dem Niveau … Anita, ich kann das sowas von nachvollziehen … Wenn mir das in einer Bezirksamtssitzung oder in der Stadträtesitzung passiert, peinlich.
Also das ist ein echtes Thema, die notwendige Ist-Kosten-Finanzierung, weil eben in der Tat selbst bei so einem niedrigschwelligen Angebot die Festkosten sehr unterschiedlich sein können und wenn eine Kirchengemeinde ihre Räume nachts zur Verfügung stellen kann, fallen andere oder wenige Kosten an, als wenn man anmieten muss und wenn man den Strom für so eine Halle bezahlen muss.
Was wir darüber hinaus an Notwendigkeit sehen, das wird aber derzeit auch alles über die landesweite …, das landesweite Engagement, Strategiekonferenz Wohnungslosenhilfe, begleitet. Wir wünschen uns und halten es für notwendig, dass Qualitätsmerkmale entwickelt werden, Standards für Notübernachtung unbedingt erforderlich sind. Fortbildungen und Qualifizierungen auch für ehrenamtliche Unterstützer/innen und auch da gibt es dieses Jahr wieder ein Krankenzimmer, so ist das letzte Woche vorgetragen worden. Neben Schlafplatz oder Tagesaufenthalt braucht es ergänzende Angebote, Beratung, Information. Zur Überleitung ins reguläre Hilfesystem braucht es eine medizinische, eine zahnmedizinische Versorgung und was wir auch sehen, zunehmend braucht es spezielle Notübernachtungen für obdachlose Menschen mit pflegerischen Bedarfen.
Ja, soviel zu Ihren Fragen.
Herr Weeger:
Ich wollte noch fragen, ob die 400 und ein paar Plätze on top kommen zu den 1.000 bis 1.200, die der Senat plant oder sind wir als einer von zwölf Bezirken ein Drittelbeitrag zu den Plänen des Senats? Also …, weil dann sind die anderen ja ganz schön mickrig dabei. zu Nachfrage 1: Sehr geehrter Herr Weeger, ich sagte vorhin, wir sind mit unserem Platzangebot gut dabei an dem landesweiten Angebot und natürlich sind unsere Plätze Teil in der Addition der 1.000 bis 1.200 Plätze, die das Land zur Verfügung stellt.
Was ich Ihnen heute noch nicht bieten kann, das stand in meinem Text noch drin, den Wegweiser Kältehilfe für 18/19. Den erwarten wir in den nächsten Tagen, also das Gesamtangebot, den Überblick. Das kann ich Ihnen heute noch nicht bieten, aber wir sind mit unseren Plätzen ein ganz guter Beiträger oder eine unersetzliche Stütze für das System der Kältehilfe in Berlin.
Frau Mollenhauer-Koch:
Ich habe eine Frage: In Paris werden die Bürgerämter, partiell auch die Rathäuser geöffnet. Wäre das auch eine Möglichkeit …, gäbe es auch Möglichkeiten, dies in Friedrichshain-Kreuzberg zu tun?
zu Nachfrage 2:
In Berlin gibt es traditionell das Angebot der BVG, dass einige U-Bahnhöfe über Nacht im Winter zur Verfügung stehen. Wir haben die Diskussion verfolgt, dass aus in gewisser Weise nachvollziehbaren Sicherheitsabwägungen die Vorstandsvorsitzende Frau Nikutta, das für den kommenden Winter nicht mehr anbieten wollte. Frau Breitenbach als Sozialsenatorin hat sich ins Zeug geworfen, mit der BVG darüber zu sprechen und was ich Anfang der Woche gelesen habe ist, dass es den Ansatz einer Einigung und des Angebotes gibt, dass nicht genutzte, vorhandene Bauwerke der U-Bahn, U-Bahnhöfe, Geisterbahnhöfe, wenn man sie so nennen will, diesen Winter genutzt werden sollen.
Was unser Rathaus betrifft, vertreten ich seit Jahr und Tag für die Öffnungszeiten des Rathauses, den Anspruch und die Position, dass, wenn ein Mensch, der auf der Straße frieren würde, im Rathaus auf unseren vielen blauen Wartebänken, die nicht unbedingt dort stehen, wo auch Publikumsverkehrs ist, sich niederlässt und ggf. auch ein bisschen vor sich hin müffelt, dann soll der dort sitzen und ggf. nehmen wir alle miteinander das Müffeln auf dem Flur in Kauf, statt dass jemand auf der Straße frieren oder gar erfrieren muss. Dass die Rathäuser über Nacht geöffnet werden, kann ich mir dann aber in der Tat nicht vorstellen.
Friedrichshain-Kreuzberg, den 17.10.2018
Bündnis 90/Die Grünen
Fragesteller*in: Claudia Schulte