Heidi Kosche unterstützt einen Antrag an die Sonder-BDK von Bündnis 90/Die Grünen am 15.09.07, der einen Strategiewechsel und einen Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan fordert.

Für einen friedenspolitischen Strategiewechsel in Afghanistan – raus aus der militärischen Sackgasse!

Direkt nach den Anschlägen vom 11.9.2001 haben die USA und ihre Verbündeten in Afghanistan militärisch interveniert. Erstmals in ihrer Geschichte rief die NATO den Bündnisfall aus. 6 Jahre später ist kein Ende des Krieges abzusehen. RegierungspolitikerInnen und Militärs rechnen schon jetzt mit weiteren 10 Jahren Dauer.

Wir unterstützen die Friedensbewegung bei ihrer Kampagne den Bundestag dazu bewegen, die im Herbst anstehende Verlängerung der verschiedenen Bundeswehr-Mandate für Afghanistan zu verweigern. Wir begrüßen, dass zeitgleich zu unserer Sonder-BDK am 15.September in Berlin eine Demonstration gegen den Afghanistan-Krieg stattfindet.

Das sind unsere Argumente gegen die Verlängerung der Militäreinsätze und mögliche Alternativen dazu:

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Die militärische Sackgasse Afghanistan

Die von Deutschland entsandten Tornados dienen eindeutig der militärischen Aufklärung und sind Bestandteil der Kriegsführung. Alles andere ist Beruhigungslyrik der Regierung für die deutsche Bevölkerung. Mit den Tornados sind weitere 500 Bundeswehr-Angehörige in Afghanistan stationiert worden.

a) Die zunehmenden „Kollateralschäden“ der NATO-Angriffe rufen erhebliche Empörung in der Bevölkerung hervor. Laut Presseagenturen von Ende Juni 2007 habe es bei Militäraktionen der von der NATO geführten Afghanistan-Schutztruppe ISAF sowie im Rahmen des von den USA geführten Anti-Terror-Einsatzes seit dem 1. Januar 2007 mindestens 203 Tote in der Zivilbevölkerung gegeben. Im gleichen Zeitraum seien 178 Stadt- und Dorfbewohner von Aufständischen getötet worden.

b) Die ausbleibende Verbesserung der Lebenssituation der Masse der Bevölkerung.

c) Die Missachtung der afghanischen, in hohem Maße religiös bestimmten Kultur durch die westlichen SoldatInnen.

d) Die wohl weitgehend korrupten realen Strukturen des fremden Demokratiemodells. War Lords, Kriegsverbrecher und Drogenbarone sitzen mit im Parlament und in der Regierung.

e) Die Unsicherheit der Machtverhältnisse, die eine sichere Zuordnung der Menschen zu politisch-demokratischen Kräften nicht zulässt.

durch den Abzug ihrer Truppen erreichen. Wie im Irak-Krieg haben die westlichen Invasoren keine tragfähige Exit-Strategie vorbereitet. Das scheint ein Charakteristikum der heutigen militärgestützten Politik zu sein. Die westlichen Interventionstruppen sind Teils des Problems, nicht der Lösung.

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Unser Vorschlag in friedens- und entwicklungspolitischer Absicht

Zusammenarbeit der verschiedenen Kräfte vor Ort sowie Vertrauen untereinander gefördert und die Sicherheit der Projekte verbessert werden.

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Begründung

UdSSR unterstützt wurden, überwunden werden konnte. Nun durchlebt die Bevölkerung den erneuten Ansturm des Westens auf ihr Land. Das alles hat eine eigenständige Entwicklung be- und verhindert. Jede Form von Hilfe muss die traditionalen Strukturen berücksichtigen, um Kooperation zu ermöglichen.

Beispielsweise erklärt der Landeskoordinator der Malteser International, Wolfgang Herdt: „Wir betonen, dass unsere Mittel aus Deutschland kommen.“ Gleichzeitig grenzt er sich allerdings ab: „Dies sei aber nur in Gebieten sinnvoll, in denen keine deutschen Soldaten aktiv seien.“ (!!!) Entsprechend berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Unabhängigkeit vom Militär ist nach Ansicht vieler Helfer, die in ländlichen Gebieten arbeiten, eine Voraussetzung für ihre Sicherheit. So gibt es Berichte, wonach ihre Mitarbeiter von Rebellen nach Unterlagen durchsucht wurden, die auf eine Kooperation mit dem Militär hinweisen.“ (Zitate Frankfurter Allgemeine Zeitung 6.8.2007)

Der Generalsekretär der Welthungerhilfe, H.-J. Preuß, beklagte bereits 2005, dass die Bundeswehr Fahrzeuge verwenden würde, die denen seiner Organisation zum Verwechseln ähnlich seien: „Unsere Sicherheit hängt davon ab, dass wir vom Militär unterschieden werden können. Aber so werden wir zum potentiellen Angriffsziel…“ (www.tagesspiegel.de/politik/International;art123,1785336) 2007 wurden bereits zwei Mitarbeiter der Organisation getötet. Preuß konstatierte: „Die Bevölkerung und bewaffnete Kräfte können nicht mehr zwischen Militär und Zivilisten unterscheiden, Hilfsorganisationen geraten ins Fadenkreuz.“ (www.welthungerhilfe.de/trennung_militaer.html)

Das Komitee für Grundrechte und Demokratie gibt in seinem aktuellen Afghanistan-Flugblatt folgenden Hinweis: „Die deutschen ISAF-SoldatInnen haben zu etwa 80% keine Berührung mit der Bevölkerung und lernen das Land nicht kennen. Nach einer Untersuchung von Sozialwissenschaftlern der Bundeswehr halten sich diese zu etwa 80% während ihrer 4- bis 6-monatigen Dienstzeit nur in den Lagern der Bundeswehr auf und sichern dort ihre eigene Sicherheit. Afghanistan erleben sie nur auf dem Weg vom Flugplatz in ihr Lager und wieder zurück. Nur 10% der SoldatInnen gehen auf Streife. Für einen Weg aus der Sackgasse und zu einer friedlichen Entwicklung ist also von ihnen nichts zu erwarten.“

Rupert Neudeck, Leiter der Hilfsorganisation „Grünhelme“, beschreibt diese Problematik im Deutschlandradio vom 16.8.07 so: „Ich kenne deutsche Bundeswehrsoldaten, die als Reservisten nach Afghanistan gegangen sind, die nach vier Monaten zurückkommen und nicht einen Afghanen in freier Wildbahn, also auf der Straße, je getroffen haben, weil sie immer in der Kaserne sind… Ich glaube, der normale deutsche Zuhörer und Zuschauer geht davon aus, dass wir überall da, wo wir als Hilfsorganisation tätig sind, irgendwie von Bewaffneten begleitet sind. Das ist ein völliger Unfug. Wir sind überhaupt nicht begleitet von Bewaffneten. Wir haben in der Provinz Herat – das ist im Westen Afghanistans – eine riesengroße italienische ISAF-Truppe, über 2.000 Leute. Die sitzen völlig verbarrikadiert in einer riesengroßen Kaserne, in einer Festung, in die niemand hinein kommen kann, aus der die auch gar nicht heraus kommen. Das heißt, in die Dörfer, wo wir die Schulen bauen, kommen die niemals hin. Das muss man einfach wissen.“

Unserer Antragstext basiert in großen Teilen auf einem Text des Komitees für Grundrechte und Demokratie e.V.: www.grundrechtekomitee.de

Weitere Texte der GRÜNEN FRIEDENSINITIATIVE zu Afghanistan: www.gruene-friedensinitiative.de

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UnterzeicherInnen:

Uli Cremer, KV Hamburg-Eimsbüttel; Wilhelm Achelpöhler, KV Münster; Birgit Ebel, KV Dortmund, NRW-Delegierte Bundesfrauenrat; Julia Löffler, politische Geschäftsführerin Grüne Jugend Berlin, KV Steglitz-Zehlendorf; Heidi Kosche, KV Friedrichshain-Kreuzberg, MdA Berlin, Direktmandat; Beate Bänsch-Baltruschat, KV Bonn; Irmgard Pehle, KV Herford; Andrea Wist, KV Hamburg-Eimsbüttel; Sabine Schaefer-Maniezki, KV Pinneberg; Dagmar Kaufmann, KV Südliche Weinstraße; Annegret Petersen, KV Bad Segeberg; Marianne Hürten, KV Rhein-Berg; Dora Pfeifer-Suger, KV Breisgau-Hochschwarzwald; Ingrid Lambertus, Kreisverband Mainz; Konstantin Bender, KV Mainz; Stefan Ziller KV Marzahn-Hellersdorf, MdA Berlin; Rudolf Ladwig, KV Hagen; Alfred Honisch, KV Weilheim-Schongau; Johannes Bartelt, KV Osnabrück-Land; Ufke Cremer KV Osnabrück-Land und weitere

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