Ein Ansatz, wie wir unser Bildungssystem pandemiesicher und zukunftsfähig gestalten können.

In diesem Jahr mussten wir schmerzhaft erfahren, dass das Berliner Bildungssystem, so wie es in den letzten Jahrzehnten etabliert wurde, keine Bildungsgerechtigkeit für alle Schüler*innen zu Pandemiezeiten vorhalten kann. Die Krise warf auch hier das bekannte Brennglas auf die vorhandenen Strukturen: Heranwachsende, die in ihrem Bildungsalltag schon vor der Pandemie Herausforderungen ausgesetzt waren, gerieten durch Schulschließungen in vielen Fällen noch mehr ins Hintertreffen.

Zeiten, die Social-Distancing erfordern sind Zeiten, in denen der Begriff Schule neu gedacht werden muss. Klassenverbände kann man teilen, vorhandene Lehrkräfte nicht. Arbeitet ein*e Pädagog*in mit einer halben Gruppe im Präsenzunterricht, so muss für die andere Gruppe ein Lernraum gestaltet werden, in dem eigenständiges und selbstbestimmtes Lernen im individuellen Tempo möglich ist. Auch wenn wir wissen, dass dies an den Schulen unter den gegebenen Bedingungen schwer umsetzbar ist, gibt es Konzepte, in denen Präsenz- und Fernunterricht so miteinander verzahnt werden, dass Chancen und Stärken der jeweiligen Phase zum Tragen kommen.

Präsenz- und Fernphasen ergänzend ineinander verzahnt

So dient der Präsenzunterricht vorrangig der Beziehungsarbeit. Hier können Lehrer*innen direktes Feedback geben, Motivation aufbauen, Arbeitswege zeigen und Unterstützungsbedarfe erkennen und diese anbieten. Lernende müssen in der Präsenzphase an Themen herangeführt und für diese begeistert werden. Hier ist der Raum, um Fragen wachsen zu lassen und Aufgabenstellungen zu erarbeiten.

Der Fernunterricht schafft ergänzend dazu den geschützten Bereich, um bereits formulierte Fragestellungen zu bearbeiten, und dabei neues Wissen zu erlangen und zu vertiefen. Dafür ist es nötig, das digitale Lernsetting ansprechend und für Schüler*innen verständlich zu gestalten. Unterschiedlichste Arbeitsmittel auditiver und visueller Art müssen für das selbstständige Lernen zur Verfügung stehen und von den Lernenden genutzt werden können.

Neue Wege der Wissensvermittlung und deren Herausforderungen

An diesem Punkt ist es möglich, ja sogar erwünscht neue Wege der Wissensvermittlung zu gehen. So hörte ich von einer Lehrerin, die Lessings Ringparabel im Chat durch Einsatz von Jugendsprache und Emojis dargestellt hat. Sicherlich hat sie dabei nicht nur Literaturwissen vermittelt, sondern – durch die Nutzung von jugendnahen Kommunikationswegen – auch Beziehungsarbeit geleistet. Denn die Beziehungsebene sollte bei fortschreitender Digitalisierung nicht aus den Augen verloren werden – auch auf Distanz darf das Band zwischen Lehrkraft und Heranwachsenden nicht reißen.

Für eine flächendeckende Umsetzung des hybriden Lernens fehlt es gegenwärtig noch an den nötigen Rahmenbedingungen: das erforderliche Breitbandnetz ist nicht vollständig ausgebaut und viele Schulen verfügen nicht über ausreichende WLAN-Kapazitäten. Lehrkräfte konnten noch nicht angemessen für die Art des neuen Lernens weitergebildet und technisch geschult werden. Und auch der „Lernraum Berlin“ als zentrale Lernplattform bedarf in seinen Strukturen und Nutzerfreundlichkeit eines weiteren Ausbaus.

In diesen Zielsetzungen konnten wir Grüne in der Koalition erste Impulse setzen und wollen weiter voranschreiten, damit Digitalisierung auch tatsächlich in unseren Schulen ankommt.

Marianne Burkert-Eulitz (MdA) für den Stachel Dezember 2020