Drucksache: DS/1677/IV Mündliche Anfrage
Abt. Familie, Gesundheit und Personal
Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:
Frage 1
Wann fanden im Jahr 2015 Hygienekontrollen im Baerwaldbad statt?
Antwort:
Das Gesundheitsamt führte im Jahr 2015 bisher 3 Ortsbesichtigungen im Baerwaldbad durch: anlassbezogen aufgrund einer Beschwerde am 03.03.2015, im Rahmen einer amtsärztlichen Begehung am 23.03.2015 und anlässlich einer Nachkontrolle am 08.04.15.
Frage 2
In welchen Bereichen des Baerwaldbades wurden Hygienemängel festgestellt?
Antwort:
Verstöße gegen die hygienischen Anforderungen an Einrichtungen des Schwimm- und Badebetriebes wurden seitens des Gesundheitsamts im gesamten Objekt festgestellt.
Gemäß der Verwaltungsvorschriften für die Überwachung der Hygiene in Einrichtungen des Badewesens vom 14.Februar 2008 unterliegen Einrichtungen des Badewesens nach §§ 10 und 12 des GDG der Überwachung durch das zuständige Gesundheitsamt hinsichtlich der Einhaltung der Hygieneanforderungen.
Das Gesundheitsamt überwacht diese Einrichtungen durch Ortsbesichtigungen. Bei diesen Ortsbesichtigungen kontrolliert das Gesundheitsamt die Erfüllung der Pflichten des Betreibers sowie die Einhaltung der Anforderungen an die Hygiene und des Gesundheitsschutzes.
Hierbei sind insbesondere zu kontrollieren:
a) die Duschen und sonstige Trinkwasserinstallation
b) der Wasserkreislauf des Beckenwassers einschließlich der Wasseraufbereitung
c) die Umkleidebereiche
d) die Sanitärbereiche
e) die Barfußbereiche
f) die Sitzflächen
g) die raumlufttechnischen Anlagen,
h) die Attraktionen der Schwimm- und Badebeckenanlage
i) die Abfallbeseitigung
j) die Vorkehrungen zur Verhütung von Unglücksfällen einschließlich der Ausstattung für Erste-Hilfe-Maßnahmen
Aufgrund einer Beschwerde hinsichtlich unhygienischer Zustände in der „kleinen Halle“ des Baerwaldbades erfolgte am 03.03.2015 eine anlassbezogene Ortbesichtigung durch eine Gesundheitsaufseherin des Bereiches Hygiene und Umweltmedizin.
Die festgestellten Mängel waren so gravierend, dass eine amtsärztliche Überprüfung als notwendig angesehen wurde. Auch wurde dem Gesundheitsamt bereits am 12.12.2014 gemeldet, dass bei einer Person, die das Baerwaldbad regelmäßig besucht, der Krankheitserregers Legionella pneu. (Legionellose – Pontiac-Fieber) nachgewiesen wurde (§ 7 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz). Im Rahmen von Ermittlungen wurde festgestellt, dass der Betreiber/Unternehmer seiner Untersuchungspflicht nach § 14 Abs. 3
Trinkwasserverordnung bisher nicht nachgekommen ist. Herr Uffelmann wurde mit Schreiben vom 15.12.2014 aufgefordert, entsprechende Untersuchungen zu veranlassen und dem Gesundheitsamt das Ergebnis mitzuteilen. Erst auf Anfrage am 28.01.2015 wurde der Prüfbericht, der dem Baerwaldbad bereits seit dem 22.01.2015 vorlag, dem Gesundheitsamt gefaxt. In Auswertung des vorliegenden Prüfberichtes wurde eine mittlere Kontamination mit Legionellen in der Trinkwasser- Installation festgestellt. Die Proben entsprachen nicht den Anforderungen der Trinkwasserverordnung.
Ferner wurde festgestellt, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik in der Trinkwasser-Anlage nicht eingehalten werden. Bei der Probennahme am 12.01.2015 waren die Temperaturen im gesamten System zu niedrig.
Der zuständige Techniker, sicherte in dem am 28.01.2015 geführten Telefonat zu, dass in der Woche vom 02.02.2015 (Schulferien) ein Umbau in den Sanitäreinrichtungen einschl. Duschen erfolgt und das Bad für diesen Zeitraum geschlossen wird. Nach Abschluss der Arbeiten werden Nachuntersuchungen veranlasst. Bisher liegen dem Gesundheitsamt keine Ergebnisse von Nachuntersuchungen vor.
Aufgrund der o.a. Sachverhalte wurde dem Vorstand mit E-Mail vom 04.03.2015 mitgeteilt, dass am 23.03.2015 um 9:00 Uhr eine amtsärztliche Überprüfung erfolgt und die Anwesenheit des Vereinsvorstandes unabdingbar ist. Bei der Ortsbesichtigung am 23.03.2015 waren folgende Personen anwesend:
Herr Dr. Pitzing, Herr Eichendorff, Frau Lange vom Gesundheitsamt und Herr Hortig (Büro des Vorstands), Herr Dirk Hester und Herr Jörg Hester (Techniker) sowie Uz. Herr Uffelmann als Vorstandvorsitzender war im Büro, bei der Überprüfung jedoch nicht anwesend.
Im Eingangsbereich des Gebäudes waren die Deckenbereiche mit Flusen und Spinnweben verschmutzt. Beim Betreten des Gebäudes war extremer Zigarettenrauch wahrnehmbar, da im Büro des Vorstands geraucht wurde.
Kleine Halle einschließlich Sanitär- und Umkleideräume:
1. Die gesamte Halle wies großflächige Farbabblätterungen an Wänden und Decke auf,
Feuchtigkeitsschäden waren sichtbar. Über dem Schwimmbecken war zur Hälfte ein Netz gespannt, um herunterrieselnde Farbabblätterungen aufzufangen, damit diese nicht direkt ins Becken fallen. In den Barfußbereichen waren heruntergefallene Farbpartikel vorhanden, eine zusätzliche Verunreinigung des Beckenwassers konnte nicht ausgeschlossen werden.
Die Leitern, die in das Schwimmbecken führten waren zum Teil mit Rostanhaftungen versehen. Der Beckenrand (Zement) wies schadhafte Stellen/Beschädigungen auf. Die Aufbewahrung der Reinigungsgeräte erfolgte direkt im Hallenbereich. Die vorhandenen Reinigungsgeräte waren alt, verschlissen und wiesen Beschädigungen auf (Holzstiele eingerissen).
2. In den Sanitärräumen einschließlich Duschen wurden bauliche und hygienische Mängel
festgestellt. Insbesondere waren Feuchtigkeitsschäden an Wänden, Fenstern und Türen
(Schwarzschimmel) vorhanden, Bodenfliesen schadhaft, vorhandene Wandfliesen mit Farbe überstrichen, Duschköpfe und –armaturen alt und verschlissen. In der Damendusche wurden einige Duschköpfe erneuert und Rohre verlegt, die dadurch entstandenen Wandbeschädigungen waren noch nicht beseitigt worden.
Behälter für Toilettenpapier waren nur im Vorraum der jeweiligen Bereiche vorhanden, Einmal-Handtücher und Seife fehlten an Handwaschbecken. Ferner waren vorhandene Handwaschbecken mit dem Hinweis versehen „kein Trinkwasser“. Auch waren in den Treppenaufgängen Handwaschbecken vorhanden über deren Nutzung keine Aussage getroffen werden konnte.
3. Die anwesenden Techniker konnten keine Angaben hinsichtlich des Vorhandenseins einer raumlufttechnischen Anlage bzw. deren Funktionstüchtigkeit machen. Es war eine stickige nach Chlor riechende Luft wahrnehmbar. Auch in Sanitär- und Umkleidebereichen ist keine Be- und Entlüftung gewährleistet.
Große Halle (Schulschwimmen) einschließlich Sanitärbereiche und sonstige Einrichtungen:
1. Der Erste-Hilfe-Raum, der unmittelbar an die Halle angrenzt, in der u.a. das Schulschwimmen durchgeführt wird, war nicht entsprechend ausgestattet und nutzbar. In dem Raum befinden sich u.a. auch Sicherungsanlagen und der Starkstromanschluss für die Beckenreinigungsmaschine.
Die in dem Raum vorgefundenen Einrichtungsgegenstände waren völlig unbrauchbar, insbesondere war die Liege verschlissen, mit Rostanhaftungen versehen und nicht mehr reinigungsfähig und zu desinfizieren. Der Erste-Hilfe-Schrank war ebenfalls mit
Rostanhaftungen versehen, die darin befindlichen Pflaster, Schere usw. mit Schimmel verunreinigt. Bei dem vorhandenen Händedesinfektionsmittel und der Waschlotion war das von den Herstellern angegebene Mindesthaltbarkeitsdatum weit überschritten.
2. Die Schwimmhalle war im Deckenbereich erheblich mit Ansammlungen von Staubflusen
behaftet.
3. Die am Schwimmbecken vorhandenen Startblöcke stellen eine große Unfallgefahr für Badegäste dar. Die Befestigungen haben sich gelockert bzw. wurden nicht fachgerecht angebracht, Metallbefestigungen standen hoch, Dübellöcher von bereits entferntem Startblock waren nicht verschlossen.
4. Die den Schülern zur Verfügung gestellten Schwimmhilfen waren alt und verschlissen, Kanten abgebrochen. Schwimmbahnabgrenzungen (Plastikummantelung) waren zum Teil defekt und mit Schimmel behaftet.
5. Die vorhandenen Umkleide- und Duschbereiche werden zum Teil nicht genutzt, welches
am vorgefundenen Reinigungszustand deutlich wird. Duschköpfe, Duschpaneele und Armaturen waren verschlissen, mit Rost behaftet, teilweise nicht funktionstüchtig und
schlecht reinigungsfähig. Fenster und Türen wiesen Schäden auf. Be- und Entlüftung war
auch hier nicht gewährleistet.
6. Waschbecken mit Kaltwasseranschluss waren auch in diesem Bereich mit dem Hinweis
versehen „Kein Trinkwasser“.
Dokumentationsmängel:
1. Hygienepläne, in denen die notwendigen Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen, insbesondere für Barfußbereiche, Sitzflächen und Sanitärbereiche, detailliert beschrieben
werden, sind nicht vorhanden, so dass die tägliche Reinigung und Desinfektion dieser Bereiche zur Vermeidung von Infektionen nicht nachgewiesen werden konnte. Die täglichen Reinigungsarbeiten erfolgen durch einen der Techniker. Art und Anwendung der eingesetzten Reinigungs- und Desinfektionsmittel war unklar, Reinigungs- und Desinfektionspläne waren nicht vorhanden.
2. Nachweise über jährliche Reinigung der Schwimmbecken konnten nicht vorgelegt werden.
3. Im Betriebstagebuch fehlten Eintragungen für die Samstage und Sonntage. Wer bei Störungen benachrichtigt wird, konnte nicht angegeben werden.
4. Nachweise über Trinkwasseruntersuchungen gemäß § 14 Abs. 3 Trinkwasserverordnung
erfolgten hinsichtlich des Brunnenwassers bisher nicht. Untersuchungen auf Einhaltung
des technischen Maßnahmewertes bisher nur nach Aufforderung.
Frage 3
Welche Konsequenzen zog das Gesundheitsamt aus den Hygienekontrollen?
Antwort:
Im Ergebnis der Besichtigungen wurde mit Bescheid vom 26.03.15 eine Nutzungsuntersagung in Verbindung mit entsprechenden Auflagen für die „Kleine Halle“ verfügt und eine Anordnung zur Mängelbeseitigung mit Fristsetzung 15.05.15 für die „Große Halle“ erlassen, um den dortigen Badebetrieb fortführen zu können.
Nachfragen:
1. Welche weiteren Schritte wird das Bezirksamt unternehmen, um den Besucher*innen
wieder das hygieneunbedenkliche Schwimmen zu ermöglichen?
Sämtliche seitens des Gesundheitsamts ergriffenen und verfügten Maßnahmen dienen der Sicherstellung eines hygienisch unbedenklichen und gefahrlosen Schwimm- und Badebetriebs in dem Bad. Bei Auflagenerfüllung und entsprechender Abnahme durch das Gesundheitsamt kann der Badebetrieb im Bereich der „Kleinen Halle“ wieder aufgenommen werden. Bei fristgerechter Mängelbeseitigung im Bereich der „Großen Halle“ wird es dort zu keinen weiteren Einschränkungen kommen. Die Handlungshoheit liegt hier beim Pächter.
2. Wie oft kontrolliert das Schul- und Sportamt die Schwimmhallen, in denen Schüler*
innen aus Friedrichshain-Kreuzberg schwimmen lernen?
Hierzu liegen uns noch keine Aussagen vor.
Monika Herrmann
Friedrichshain-Kreuzberg, den 29.04.2015
Bündnis 90/Die Grünen
Fragestellerin: Jutta Schmidt-Stanojevic