DS/1665/IV Mündliche Anfrage
Ich frage das Bezirksamt:
1. Aufgrund welcher prognostizierten Entwicklungen bei den Schüler*innenzahlen im Ortsteil Kreuzberg hält das Bezirksamt die Erweiterung der Hunsrück-Grundschule auf vier Züge für notwendig, wie sie im Schulausschuss am 22.04.2015 diskutiert wurde?
2. Auf welcher Grundlage schätzt das Bezirksamt die Aufnahmekapazitäten einzelner Schulen ein, da beispielsweise das Musterraumprogramm ja eigentlich nur eine Handlungsempfehlung für bestehende Schulen darstellt?
3. Welche Alternativen zu der zum Zeitpunkt des Schulausschusses angedachten Lösung hat das Bezirksamt erwogen, auch um die Hunsrück-Schule und ihr Konzept zu schützen?
Nachfragen:
1. Welches Verfahren, mit entsprechend eingehender Information und Beteiligung von Schulen und Eltern, ist nach der Diskussion im Schulausschuss am 22.04.2015 für die weitere Entwicklung der Grundschulstandorte im Ortsteil Kreuzberg geplant?
2. Weshalb hat bisher keine Beteiligung der Betroffenen stattgefunden, obwohl die zum Zeitpunkt der Ausschusssitzung geplanten Veränderungen der Hunsrück-Grundschule einen weitreichenden Eingriff in das spezielle Konzept des rhythmisierten gebundenen Ganztags-Betriebs bedeuten würden?
Beantwortung: Herr Dr. Beckers
zu Frage 1:
Als Basis der Prognose des Schulamtes werden die künftigen Schülerzahlen, angenommen von den melderechtlich registrierten Einwohnern am Ort der Hauptwohnung in Friedrichshain-Kreuzberg, nach Einstellungsbereichen und Altersjahren bzw. Geburtsjahren, das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, hier mit Stand 31.12.2014, verwendet. Zusätzlich zu diesen Einwohnerzahlen sind die Erkenntnisse aus dem Wohnungsneubautätigkeiten der Region zu beachten und prognostisch einzuplanen.
Für diese sogenannte Grundschulbevölkerung besteht Schulpflicht und somit für das Schulamt die Notwendigkeit, eine entsprechende Anzahl von wohnortnahen Grundschulplätzen möglichst im Umkreis von maximal 1 km den Schulkindern zur Verfügung zu stellen. Gibt es mehr einzuschulende Schüler*innen im Einschulbereich, als Plätze zur Verfügung stehen, kann nicht allen Kindern des Einschulungsbereiches ein Schulplatz an der zuständigen Schule zugesichert werden. Um jedem Kind ein Schulplatz im Einzugsbereich anbieten zu können, sind Anpassungen der Bereiche notwendig. Solche Anpassungen sind normal und finden etwa alle zwei bis drei Jahre statt.
Die Anpassungen müssen auch deshalb erfolgen, weil für die Eltern ein Rechtsanspruch darauf besteht, im entsprechenden Einzugsbereich einen Schulplatz für ihr Kind zur Verfügung gestellt zu bekommen.
Bezüglich der Schulregion 3 und 4 mit den fünf Einzugsbereichen der Nürtingen-Grundschule, der Fichtelgebirge-Grundschule, der Rosa-Parks-Grundschule, der Heinrich-Zille-Grundschule und der Hunsrück-Grundschule hat das Schulamt im Zuge der Prüfung festgestellt, dass in den nächsten Jahren eine leichte Zunahme an schulpflichtigen Kindern im Schuleinzugsbereich der Heinrich-Zille-Grundschule und der Fichtelgebirge-Grundschule gibt, während der Anzahl der schulpflichtigen Kinder im Einzugsbereich der Hunsrück-Grundschule rückläufig sind. Der Umfang betrifft etwa 25 Schüler*innen pro Jahr, was etwa einem Zug entspricht.
zu Frage 2:
Ja, also könnte das Schulamt der Senatsverwaltung bei der Erweiterung oder sogar
Neubau von Schulen eigene Kapazitätsberechnungen in Abhängigkeit vom jeweiligen Raumkonzept der Schule vorlegen, gäbe es ja sogar einen Handlungsspielraum der Schule bzw. des Schulamtes bei der Verwendung von Landesmitteln wie zum Beispiel von Landesinvestitionen, aber auch beim Einsatz des Schulanlagensanierungsprogramms, SSP.
Genau das geht aber nicht, weil die Senatsverwaltung genau prüft, wie die Kapazitäten ausgelastet sind und ihre Entscheidung daran ausrichtet. So wurde beispielsweise die Sanierung der neuen Räume der Heinrich-Zille-Grundschule aus Mitteln des SSP trotz meiner persönlichen Intervention mit dem Hinweis auf Grundschulüberkapazitäten in den Schulregionen 3 und 4 abgelehnt. Grundlage jeder Kapazitätsberechnung sind die Berechnungsvorgaben der Senatsverwaltung. Die anrechenbaren Räume einer Schule werden nach diesen Vorgaben gezählt und sind der Berechnung der Kapazität zugrunde zu legen.
Die Hunsrück-Grundschule verfügt nach Angaben der Senatsverwaltung über nachfolgende
Raumkapazität: Etwa 74 Räume zuzüglich Mensa mit Küchenbüro, Spülküche, Küche und Küchenvorbereitung. In die Kapazitätsberechnung sind 52 Unterrichtsräume enthalten. Die nicht in der Kapazitätsberechnung enthaltenen 22 Räume werden folgernder Maßen genutzt:
a) Bei den Räumen unter 30 m²: 2xl Abstellraum für Schuhe, 2x Mal Ruheraum, 1x Hausmeisterdienstraum, 1x Lagerraum, 1x Verteilerküche, 1x Fotolabor, 1x Erste-Hilfe-Raum, 3x Besprechungsraum, 1x Aufenthaltsraum, 1x Schulleitungsraum, 1x Schulbüro, 1x Freinet-Druckerei.
Bei den 14 Räumen, die größer als 30 m² sind und auch nicht mitberechnet werden, ist 8x ein Gruppenraum dabei, 1x Lagerraum, 1x Weberei mit Jugendgrundschule, Schulleitungsraum, Perkussion-Raum, Toben- und Kletterraum, Billard- und Kickerraum, leerer Arbeitsraum, ja, die Größe sage ich jetzt mal nicht, Lehr- und Lernmittelraum und ein Unterrichtsraum.
Und noch einmal zur Klarstellung für alle, die sozusagen das immer diskutieren: Diese Räume sind in diesen 52 Räumen, über die wir hier reden, nicht enthalten. Das sind alles Räume, die hat die Schule für sich genutzt und wird sie auch in Zukunft unabhängig davon weiter nutzen können. Zur Kapazitätsberechnung wird also die Anzahl der anrechenbaren Räume, in diesem Fall 52, geteilt durch den für die gebundene Ganztagsschule geltenden Raumfaktor. Das ist laut Anlage Ausführungsvorschrift
SSP nachzulesen. Das sind hier in diesem Fall 2,5 Räume. Das ergibt eine Kapazität,
das ist diese Kapazität, über die wir reden, von insgesamt 4,2 Zügen. Somit ist rechnerisch zumindest sehr wohl möglich, ohne dass die beschriebenen Nutzungen aufgegeben werden, einen vierten Zug aufzunehmen.
zu Frage 3:
Also auf der Grundlage der Kapazitäten und Schülerzahlen ist zuerst einmal die Versorgung sicherzustellen. Eine Schule mit nachlassenden Schülerzahlen im Einzugsbereich hat freie Kapazitäten und wird dann die Anmeldungen aus anderen Schuleinzugsbereichen nutzen. Das hat den Vorteil für die Schule, das ist soweit rechtlich nachvollziehbar, auch Bewerber*innen auswählen kann. Das geht natürlich dann immer weniger, wenn der Einzugsbereich der tatsächlichen Zahl der Schulanfänger und der Raumkapazität angepasst werden muss.
Natürlich müssen bei einem Neuzuschnitt, und das ist wichtig für mich jetzt erst mal, für uns, die Interessen und Raumkapazitäten aller Schulen in den Schulregionen berücksichtigt werden. Jede gebundene Ganztagsschule muss ihr Schulkonzept innerhalb der vorgegebenen 2,5 Räume pro Zug umsetzen. Das ist die Vorgabe sozusagen, die wir grundsätzlich haben.
Im Fall der Hunsrück-Grundschule konnte sich die Schule aufgrund der bisherigen räumlichen Konstellation ein Schulkonzept erstellen, dass sich in einem rechnerischen Raumfaktor von 17 Räumen pro Zug bewegt, pro Klasse stehen der Schule also etwa drei Räume zur Verfügung. Eigentlich, bei anderen gebundenen Ganztagsschulen sind es zwei Räume.
Die Frage, was passiert, wenn dieses Schulkonzept an die allgemein gültigen Bedingungen, also Raumvorgaben angepasst wird, konnte bisher die Schulaufsicht noch nicht beantworten. Auf diese Antwort warte ich noch. Aber: Sonderlösung, zum Beispiel um die gegenwärtige Raumausstattung der Hunsrück-Grundschule zu erhalten, bedürfe eines auch mit den anderen Schulleitungen abgestimmten Verfahrens, damit so was wie, ich sage mal gerechte Verteilung funktioniert, denn auch die anderen Schulen haben Schulkonzepte, die erhalten wissen möchten. Deshalb wird das Konzept der Hunsrück-Grundschule nicht isoliert betrachtet, sondern ist gemeinsam zu betrachten.
Und ich sage auch noch mal hierzu: Auch andere gebundene Ganztagsschulen, auch in dieser Region, haben einen rhythmisierten Unterricht. Ist natürlich etwas anderes, wenn man wenige Räume zur Verfügung, das ist uns allen glaube ich klar, als wenn man mehr Räume zur Verfügung hat.
Vielleicht noch zu Ihrer Frage, Sie wollten ja wissen, welche Alternativen: Also Alternativen werden im Augenblick diskutiert, die möchte ich jetzt allerdings hier nicht in diesem Rahmen diskutieren, weil wir erst mal mit entsprechenden Schulen und Schulleitungen sprechen müssen. Sie werden einen Zwischenstand bekommen im nächsten Schulausschuss. Das kann ich zumindest schon mal zusagen.
zu Nachfrage 1:
Vier von fünf Schulen haben den neuen Einzugsbereichen zugestimmt, nachdem alle Beteiligungen wie Bezirksschulbeirat, Bezirkselternausschuss abgeschlossen sind und auch die Stellungnahme der Schulkonferenz der Hunsrück-Grundschule vorliegt, wird es Ende Mai ein größeres Treffen geben in Form eines berühmten Runden Tisches und wir werden dann mit den Vertreter*innen der beteiligten Schulen, die Schulleitung, Elternvertretung mit Schulaufsicht und Schulamt eine gemeinsame Runde bilden und werden hier dann Alternativen diskutieren, die dann hoffentlich auch gangbar sind, sofern auch andere Schulen im Umfeld dieser Hunsrück-Schule dann zustimmen. Bis dahin werden Gespräche geführt, um belastbare Alternativen zur bisherigen Planung entwickeln zu können.
zu Nachfrage 2:
Also wir befinden uns inmitten des Prozesses zur Neugewinnung der Einzugsbereiche.
Das heißt, wir befinden uns im Beteiligungsprozess mittendrin, wir sind Teil des Prozesses. Eine gemeinsame Beratung des Schulamtes mit der zuständigen Schulaufsicht und der Außenstelle von Friedrichshain-Kreuzberg, den Schulleiterinnen und Schulleitern fand bereits statt, und zwar am 09. März. Also spätestens da wusste die Schule Bescheid und ich gehe davon aus, dass diese Information auch weitergetragen wurde. Während dieser Beratung wurden die terminlichen Abstimmungen zu den notwendigen Anhörungen der jeweiligen Schulkonferenzen abgestimmt. Dazu gehörte, wie auch geschehen, auch die Beteiligung der Schule mit den Elternvertretungen der Hunsrück-Grundschule.
Ich belasse es mal dabei.
Herr Hehmke:
Ja, eine kleine Nachfrage, vielleicht kann ich den Stadtrat doch nicht sozusagen die Frage nach Alternativen ersparen, konkret: Hält es das Bezirksamt für verantwortbar, den Vorschlag, der aus den Reihen der Grünen im Rahmen des Schulausschusses erfolgt ist, zu folgen und einfach zu sagen, diesen zusätzlichen Zug, der sich rechnerisch ergibt, den richtet man nicht am Standort der Hunsrück ein, sondern am Standort der Zille-Grundschule?
zu Nachfrage 3:
Also das kam in der Tat und ich glaube, alle Beteiligten haben den Aufschrei von
Herrn Schega, der Direktor der Nürtingen-Grundschule, gehört, dass er das für keine gute Idee hält und das illustriert auch mal so ein Stückweit halt, dass man sozusagen gemeinsam schauen muss, wie man hier eine Lösung findet. Wenn das also allgemein akzeptiert auch wird von den anderen Schulen diese Ausstattung an Räumen und das damit natürlich sicherlich noch günstigeren Schulkonzepts. Allerdings halte ich es aus meiner Sicht für wenig realistisch, dass Herr Schega seine Auffassung ändert und einen fünften Zug in die Nürtingen aufnehmen wird. In der Tat wäre das natürlich eine einfachere Lösung, das ist wohl dann so, wenn man es rein rechnerisch betrachtet, aber auch hier muss das Montessori-Konzept der Nürtingen-Schule betrachtet werden,
sonst hätten wir die Diskussion, die wir jetzt gleich bei der Hunsrück haben, dann sofort bei der Nürtingen und ich denke, das ist auch wenig hilfreich dann.
Frau Riester:
Ich habe noch eine Nachfrage zu den Schülerzahlen. Ausschuss, wenn ich mich richtig erinnere, stellten Sie vor, dass im Einzugsgebiet von der Hunsrück-Schule noch 48 Kinder
sind, jetzt sprachen Sie davon, dass es 25 Kinder zu viel gibt an Zille und Fichtelgebirge. Wenn ich jetzt 48 und 25 zusammenzähle, verstehe ich nicht, wieso wir einen vierten Zug brauchen. Das wären doch zusammen ungefähr so viele Kinder für drei Züge. Oder sind die Zahlen falsch?
zu Nachfrage 4:
Nein, die Zahlen sind in der Regel nicht falsch. Wir haben natürlich noch mal geschaut auch bei der Bebauung, das hatte ich vorhin aber auch erwähnt, also danke für Ihre
Nachfrage, ich habe es vorhin erwähnt, dass wir natürlich nicht nur die Zahlen zugrunde legen, die uns das Landeseinwohneramt meldet, weil auch die Schule ist natürlich gehalten, zu schauen, wie ist die Entwicklung im Umfeld. Und die Entwicklung im Umfeld heißt hier das Gelände in der Cuvrystraße. Wir gehen von einer Bebauung aus in den nächsten ein, zwei Jahren und wollen prognostisch zumindest schon einmal das im Auge behalten.
Ich hatte aber auch immer gesagt bei der Hunsrück-Schule, die ganze Zeit eigentlich schon, dass all diese Dinge mit dem vierten Zug, ob das jemals realisiert werden wird, hängt von der tatsächlichen Entwicklung ab. Es hängt davon ab, wohin die Eltern sich möglicherweise sozusagen dann ihrem Erstwunsch wenden, ob diesem Erstwunsch nachgekommen werden kann und natürlich auch bei der Hunsrück die Frage, die ja auch gern quasi Kinder aufnimmt aus anderen Schuleinzugsbereichen, auch anderen Bezirken, ob man darüber dann möglicherweise auch noch mal reden kann. Das sind alles Punkte, die müssen wir dort mit der Schule auch noch mal besprechen.
Ich habe da auch Daten der Schule noch nicht, die sind mir zugesichert worden, wie sich genau diese Kinder dort verteilen, woher die kommen. Ich weiß nur, dass etwa 19 aus Neukölln kommen und da fragt man sich natürlich schon, ist das jetzt eine Geschwisterregelung oder wie verhält sich das, aber diese Zahlen sind bisher noch nicht belegt von der Schule. Ich warte und da ist …, mittlerweile sind jetzt etwas über eine Woche vergangen, auf die Stellungnahme der Hunsrück-Schule zu diesen ganzen Fragen. Das mache ich nicht mit den Eltern und auch nicht mit Elternvertretung, sondern das muss die Schule mir mitteilen.
Friedrichshain-Kreuzberg, den 29.04.2015
Bündnis 90/Die Grünen
Fragestellerin: Anna Sophie Luck