Die große öffentliche Aufmerksamkeit bezüglich der Veranstaltung „Hilfe, die Touris kommen!“, die am vergangenen Montag im Nachbarschaftshaus Cuvrystraße stattfand, hat uns in der Einschätzung bestätigt, dass dieses Thema die Menschen in den Kiezen bewegt. Hier eine aktuelle Stellungnahme des Geschäftsführenden Ausschusses (GA).
Begünstigt durch die verschiedenen kleinen Zentren der Stadt ist Tourismus zu einem alltäglichen Phänomen in vielen Stadtteilen und Kiezen Berlins geworden. Die Zahl der TouristInnen, die unseren Bezirk besuchen, ist in den vergangen Jahren sprunghaft angestiegen. Das ist erfreulich!
Sie tragen zum offenen Flair des Bezirks bei, bringen neue Ideen mit und erfahren hier, dass Multikulti lebt. Ebenso trägt der Tourismus nicht unwesentlich zur Entwicklung der lokalen Wirtschaft bei. Wir begrüßen diese Entwicklungen grundsätzlich.
Die Tourismuspolitik des Senats ist jedoch zu einseitig auf Wachstum ausgerichtet. Allein die Erhöhung der Übernachtungszahlen von jetzt 20 auf später 30 Millionen als Ziel auszugeben, genügt dem Gestaltungsanspruch der Politik nicht. Hier können wir von anderen Metropolen lernen. Denn der ungesteuerte Tourismus sorgt in den Kiezen auch für Probleme: Es kommt zwischen Bewohnerinnen und Besuchern zu Auseinandersetzungen um Lärmbelästigung und Müll. Die Konflikte an der Admiralbrücke oder in der Simon-Dach-Straße sind Beispiele dafür. Zudem wirken die Folgen des Tourismus stadtentwicklungsprägend. Kleine Läden werden zum Nachteil der BewohnerInnen durch rentablere Cocktailbars und Kneipen ersetzt. Diese Entwicklung wollen wir stoppen. Denn die Kieze sollen Lebensräume für die BewohnerInnen bleiben und dürfen nicht einseitig als Tourismusressource verstanden werden.
Als erste Maßnahme wurde die baurechtliche Zulässigkeit von Hostels in Wohngebieten auf Antrag der Grünen in Friedrichshain Ende 2010 deutlich eingeschränkt, damit keine weiteren Hostel-Riesen entstehen. Als der Ausgehbezirk Berlins müssen wir die Bedürfnisse von BewohnerInnen und Gästen, von Party und Lärmschutz, besser in Einklang bringen. Diese Konflikte wollen wir durch stadtplanerische Mittel und kooperativ lösen. Einseitige oder repressive Lösungen zur Einschränkung der Nutzung des öffentlichen Raums, wie etwa ein Alkoholverbot, lehnen wir ab. Dabei wollen wir die lebendige Club- und Kneipenszene in Friedrichshain-Kreuzberg erhalten. Denn sie ist ein wichtiger Teil unserer Bezirkskultur. Den Senat fordern wir auf, durch die Wiedereinführung der sog. Zweckentfremdungsverbotsverordnung die Umwandlung von Wohnungen in Ferienwohnungen zu verhindern.
Unser Ziel ist ein sanfterer Großstadt-Tourismus. Die einseitig auf Quantität ausgerichtete Tourismus-Politik muss beendet werden. Wir wollen Kosten und Nutzen des Tourismus gerechter verteilen. Um diese Ziele zu erreichen, müssen wir beginnen, Tourismus politisch zu steuern und seine Vorteile gezielt zu nutzen. Wir wollen auf Landesebene eine Abgabe auf Hotelübernachtung zu Gunsten der Bezirke erheben.
Weitere grüne Forderungen und Vorschläge findet Ihr/ finden Sie in dem grünen Positionspapier „Berlin-Tourismus gestalten: Grüne Perspektiven für eine nachhaltige Tourismuspolitik“ unter: www.gruene-berlin.de/site/6251.html