DS/1171/IV  Mündliche Anfrage

Ich frage das Bezirksamt:

1. Ist dem Bezirksamt bekannt, dass seit der Reform des Wohngeldgesetzes und der Einführung von Miethöchstgrenzen einem Teil der Bürger*innen in Friedrichshain-Kreuzberg (insbesondere Rentner*innen) kein Wohngeld gewährt wird, da die durch das BA angerechnete Miethöhe (§ 12, Abs. 1 WoGG) die tatsächliche Miethöhe unterschreitet und das demgemäß ,, zu hohe“ Haushaltseinkommen keinen Wohngeldanspruch begründet?

2. Trifft es zu, dass die in Frage 1 genannte Personengruppe bei jenen unwirklichen Miethöchstgrenzen und gleichzeitig fehlendem Anspruch auf ergänzende Leistungen des SGB (wegen zu hoher monatlicher Einnahmen) faktisch aufgrund der tatsächlichen Mieten unter dem gesetzlich vorgegebenen Existenzminimum zu leben haben?

3. Was hat das Bezirksamt bisher unternommen, um die unrealistischen Miethöchstgrenzen für den Wohngeldbezug an die Realität in Friedrichshain-Kreuzberg und in Berlin anpassen zu lassen?

Nachfragen:

1. Zu Frage 3: Mit welchen Stellen wurde hierüber wann und mit welchem Ergebnis gesprochen?

2. Welche gesetzlichen finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten gibt es für die in Frage 1
genannte Personengruppe bei gleichzeitig fehlendem Anspruch auf Hartz IV wegen zu hoher monatlicher Einkommen nicht unter dem Existenzminimum leben zu müssen?

3. Wird die entsprechende Zielgruppe vom Bezirksamt zusammen mit dem Ablehnungsbescheid über entsprechende finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten schriftlich und gleichzeitig informiert und wenn nein, warum nicht?

Beantwortung: Herr Mildner-Spindler

Zu Frage 1:
Das Wohngeld soll seiner Zweckbestimmung nach ein familiengerechtes angemessenes
Wohnen wirtschaftlich sichern helfen. In der Form eines Mietzuschusses kann und soll es
nur einen Teil der Kosten bezuschussen. Dabei wird stets die Bruttokaltmiete, Nettokaltmiete plus kalte Betriebskosten als Grundlage der Berechnung des Anspruchs herangezogen werden. Diese wird, um nicht unangemessen hohe Mieten oder übergroße Wohnungen zu subventionieren seit Jahrzehnten durch die sogenannte Mietobergrenze nach oben begrenzt. Die Einteilung der Städte und Gemeinden sowie Landkreise erfolgt nach bundeseinheitlichen Kriterien in sogenannten Mietenstufen.

Aus diesen Mietenstufen ergeben sich die Höchstbeträge für die Miete. Das Mietenniveau
als Grundlage für die Zuordnung zu einer Mietenstufe wird vom Statistischen Bundesamt
festgestellt. Das Mietenniveau ist die durchschnittliche prozentuale Abweichung der Quadratmetermieten von Wohnraum in Gemeinden vom Durchschnitt der Quadratmetermieten im Bundesgebiet. Das bedeutet, Berliner Mieten sind nach der Ermittlung des Statistischen Bundesamtes im Durchschnitt in einer Bandbreite, Berlin gehört zur Mietenstufe 4 von insgesamt 6 Mietenstufen, was bedeutet, Berlin weicht 5% bis 15% höher vom Bundesdurchschnitt ab. Nach Haushaltsgrößen geordnet
ergibt sich daraus eine Mietobergrenze, die maximal bei der Wohngeldberechnung berücksichtigt werden kann, unabhängig von der tatsächlichen Miete einer Wohnung.

Dem Bezirksamt sind also Mietobergrenzen als Instrument einer zielgruppengereichten Förderung der Berechtigten nicht erst seit der letzten Wohngeldreform bekannt, die Festsetzung erfolgt nicht durch die örtliche Wohngeldstelle oder durch das Bezirksamt, sondern aufgrund von bundeseinheitlichen Kriterien durch den Bundesgesetzgeber. Eine Anpassung an Veränderungen des Mietniveaus erfolgte zuletzt 2009 und wenn es zu einer Neuregelung des Wohngeldrechts 2015 kommen sollte, was wir erwarten, wird auch dann sicher eine Berücksichtigung der tatsächlichen Mietenentwicklung in Berlin sich dort widerspiegeln.

Zu Frage 2:
Aufgrund dieser Regelungen kann es in der Tat Haushalte geben, die sich in einer
solchen Situation befinden, dass sie nicht leistungsberechtigt in der Grundsicherung sind und zugleich aufgrund ihres Einkommens und der Größe ihrer Wohnung nicht bei der Wohngeldberechnung in Frage kommen. Da zum Beispiel, das betrifft unseren Bezirk, der Mietanstieg in bestimmten besonders nachgefragten Gebiete besonders stark ist. Das Wohngeldgesetz ist in dem Fall nicht das geeignete Instrument, hier betroffenen Mietern wirklich helfen zu können. Nichtsdestotrotz halte ich es für gerechtfertigt und angebracht, dass insbesondere Ältere, die in eine solche Situation geraten, sich dann auch an das Sozialamt wenden und zumindest einen Leistungsanspruch über Grundsicherung prüfen lassen.

Zu Frage 3:
Das Bezirksamt gibt keine Miethöchstgrenzen für Friedrichshain-Kreuzberg vor. Es
gibt auch für Friedrichshain-Kreuzberg keine Mietobergrenzen, sondern die sind Berlinweit einheitlich und das ist wie bei dem KdU die Situation, dass die Bemessung der Zuschüsse nicht dem unterschiedlichen Mieteniveau in einzelnen Regionen oder Bezirken gerecht wird.

Die Grenzen werden durch den Bund auf der anderen Seite nicht willkürlich, sondern in der beschriebenen Weise festgesetzt aufgrund statistisch nachprüfbarer Erhebungen, die zu einem solchen Ergebnis führen. Dieses ist letztendlich aber nur bundespolitisch zu korrigieren.

Zu Nachfrage 1: Die Antworten, wenn Sie dem folgen, was ich Ihnen gerade vorgetragen habe, erübrigen sich auch insofern, dass aus dem bisher geantworteten sich ja ergibt, dass es keine Friedrichshain-Kreuzberger Sonderregelungen gibt. Friedrichshain-Kreuzberg ist kein weißer Fleck, sondern ist Teil von Berlin und Berlin wird so behandelt, wie beschrieben.

Zu Nachfrage 2:
Ich sehe im Hinblick auf Ihre Nachfrage 2 in der Tat nur die Möglichkeit, auch wenn das schwerfällt, tatsächlich noch mal Grundsicherung im Alter dann den Leistungsanspruch
prüfen zu lassen. Dort würden wir auch die tatsächlichen Mietkosten erst mal zugrunde legen und wie Sie wissen, handhaben wir die Ausführungen zur Organisation KdU im Bereich des SGB XII, wo uns die Möglichkeiten auch anders gegeben sind als beim SGB II dem Jobcenter so, dass wir auch Krankheit, Alter und eine besondere individuelle Situation im Haushalt berücksichtigen.

Zu Nachfrage 3:
Die Nachfrage 3 würde ich in diesem Zusammenhang als Anregung nehmen,
das nochmal zwischen Sozialamt und dem Wohngeldbereich abstimmen zu lassen, ob wir dort ggf. eine solche Wegweisung und Hilfestellung gleich mit auf den Weg bringen können. Wir sind derzeit in der Tat ja in der Diskussion darüber. Wir haben gerade die Anfrage von Herrn Husein zu den Bearbeitungszeiten Wohngeld, werde ich heute nicht mündlich beantworten können. Wir haben derzeit einen guten Stand erreicht. Wir liegen jetzt bei neun Wochen. Wir haben die Altfälle so gut wie abgearbeitet, das ist unter dem Berliner Durchschnitt. Da müssen Sie sich angucken, wo andere Bezirke stehen.

Wir haben also dort einen relativen guten Stand jetzt erreicht durch unsere Organisationsbetrachtung der Wohngeldstelle und sind jetzt dabei, uns darauf vorzubereiten, dass ggf. durch Wirkung der Einführung von Mindestlohn und durch die Wohngeldnovelle in 2015 sozusagen die Nachfrage steigen wird und ggf. auch Aufstocker, die bisher über das Jobcenter KdU organisiert bekommen, dann in die Gruppe derer kommen, die Ansprüche auf Wohngeld haben.
Dort sind wir derzeit dabei, uns darauf vorzubereiten und sozusagen schon mal uns darauf einzustellen, dass dort wieder eine Veränderung passieren kann.

Beantwortung: Herr Mildner-Spindler

Friedrichshain-Kreuzberg, den 07.05.2014
Bündnis 90/Die Grünen
Fragestellerin: Fadime Topac

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