Seit 2006 organisiert ein linkes Bündnis die bunte und kreative Mayday-Parade zum 1. Mai durch Friedrichshain-Kreuzberg. Ihr Ziel: Kritik an prekären Arbeits- und Lebensverhältnissen

„Beim Mayday geht es um den Kampf gegen unzumutbare Arbeits- und Lebensbedingungen. Bunt, laut und deutlich werden wir unsere Rechte einfordern und uns den öffentlichen Raum zurückholen, denn der 1. Mai ist unser Tag!“ war im Aufruf zur ersten Berliner Mayday Parade zu lesen. An dieser Forderung hat sich wenig geändert und so wird auch im Krisenjahr 2009 der Mayday in Berlin und vielen anderen Städten weltweit Gesicht und Stimme der Prekarisierten sein.

Das Konzept zur Mayday Parade entstand 2001 in Mailand. Zentrales Anliegen war und ist es, auf die verschiedenen Formen von Prekarisierung in Arbeit und Leben aufmerksam zu machen. Dem 1. Mai als traditionellen linken Kampftag sollte ein frischer Anstrich verpasst werden, der konventionelle Organisationsformen aufbricht. Um die Vielfalt der Wünsche, Lebens- und Aktionsformen besser sichtbar zu machen wurde anstatt einer traditionellen Demonstration eine bunte und kreative Parade organisiert.

In den folgenden Jahren wuchs die Teilnehmerzahl beständig. Auch in anderen Städten wurde die Idee aufgegriffen. Unter dem Label „Euromayday“ gab es 2004 gemeinsam koordinierte Aktionen in fünf europäischen Städten. Im Jahr darauf war es schon über ein Dutzend. 2006 feierte der Mayday Premiere in Berlin.

Seitdem steht der Mayday für den etwas anderen 1. Mai in Berlin. Jenseits von Krawallen und dem entpolitisiertem, kommerziellen MyFest gehen wir an die Öffentlichkeit, sind Sprachrohr und Plattform für alle Menschen, die das Gefühl nicht loswerden, das da was nicht stimmt in ihrem Leben. Dass sie sich für ein paar leere Versprechen abrackern, während das einzig Beständige in ihrem Leben die Angst vor Hartz IV ist. Der Mayday gibt Anstöße zur Selbstorganisation. Er führt diejenigen wieder zusammen, deren Probleme von den Parteien in Regierung und Opposition ignoriert werden und die durch moderne Arbeitsformen vereinzelt schon vergessen haben, dass sie ihre Ängste mit vielen teilen.

Aber der Mayday will nicht nur ein kollektives Bewusstsein schaffen, sondern auch aktiv zur Aneignung auffordern, denn enteignet werden wir alle täglich. Entweder als Individuen, wenn Arbeitskraft und Kreativität im Lohnarbeitsprozess absorbiert werden oder auch als Gemeinschaft, wenn beispielsweise die kommunale Wasserversorgung privatisiert wird. Dem halten wir den Spiegel vor. In einer Welt, die immer mehr der Profitmaximierung dient und damit zunehmend Menschen ausgrenzt, gilt es sich wieder zu holen, was allen zusteht. Damit ist nicht nur die Aneignung von Gütern sondern auch die Aneignung des öffentlichen Raums, einer intakten Umwelt, kostenloser Mobilität oder auch schlicht und einfach verfügbarer Zeit gemeint.

Der Mayday 2009 steht im Zeichen der internationalen Wirtschaftskrise. Wir sehen diese Krise nicht als einzelnes Ereignis sondern als dem kapitalistischem System innewohnend. Aber was bedeuten die Auswirkungen für uns als einzelne Menschen, aber auch als Kollektiv und Gesellschaft? Die Finanzminister spannen ihre milliardenschwere Schutzschirme über den Kapitalmärkten auf, der Mayday spannt viele kleine Schirme über die Dauerkrise der Prekären. Der 1. Mai ist unser Tag des Schirms.

Gruppe „Für eine linke Strömung (FelS)“ für das Maydaybündnis Berlin