Ab Oktober 2010 soll es mehr Stipendien für deutsche StudentInnen geben. Das“Nationale Stipendienprogramm“ sieht vor, den besten 10% der Studierenden einkommensunabhängig 300 Euro im Monat zu zahlen. Die eine Hälfte käme von Bund und Ländern – die andere müssten die Unis bei Sponsoren eintreiben. Ein weiteres Kapitel schwarz-gelber Klientelpolitik

Leistung soll sich wieder lohnen – so könnte auch das Credo von Bildungsministerin Schavan lauten. Tatsächlich stammen die Pläne zum „Nationalen Stipendienprogramm“ von Andreas Pinkwart, dem stellvertretenden FDP-Vorsitzenden und Minister für Innovation in NRW, wo das Programm bereits seit einem Jahr läuft. Pinkwart und Schavan feiern ihre Idee als „Beginn einer neuen Stipendienkultur“ und „Schritt hin zum Abbau finanzieller Hürden“ für Studierende.

Umstrittene Pläne

Doch viele sehen das anders. Es hagelt Kritik von allen Seiten. Oppositionsparteien, Universitäten, Bildungsverbände, sogar CDU-Minister ostdeutscher Länder sind skeptisch. Kritische StipendiatInnen selbst starteten eine Petition gegen die Pläne der Bundesregierung, auch den bereits geförderten Studierenden statt wie bisher 80 nun auch 300 Euro zu zahlen. Diese sogenannte Büchergelderhöhung war als ausgleichende Gerechtigkeit den Stiftungen, zu der auch die grüne Heinrich-Böll-Stiftung und die Studienstiftung des deutschen Volkes gehören, zugestanden worden. „Wir befürchten durch den Ausbau der einkommensunabhängigen Förderung eine Verfestigung der sozialen Schieflage im deutschen Bildungssystem“, sagt Isabella Weber von der Studienstiftung des deutschen Volkes. „Von der Förderung werden vor allem Akademikerkinder aus relativ gutverdienenden Elternhäusern profitieren, die von vornherein einen verbesserten Zugang zu Bildung haben.“

Bafög statt Eliteförderung

Tatsächlich hatte eine Studie des Hochschul-Informations-Systems (HIS) gezeigt, dass Stipendien hauptsächlich an Kinder aus Elternhäusern mit mittlerem bis hohem sozialen Standard vergeben werden. Nach wie vor studieren 83 von 100 Akademikerkinder, während von 100 Nicht-Akademikerkindern nur 23 den Weg an die Hochschule finden, weshalb schon rein statistisch mehr Kindern aus bildungsnahen Schichten Chancen auf die Förderung haben. Die KritikerInnen fordern deshalb eine Anhebung des Bafög-Freibetrags, um mehr Studierende einkommensabhängig zu fördern. Zudem sollen bei der Vergabe von Stipendien auch soziale Aspekte berücksichtigt werden. Auf Grund des hohen Verwaltungsaufwands, der auf die Unis zukäme, ist es im Moment allerdings sehr wahrscheinlicher, dass nur Leistung in Form von Noten ausschlaggebend bei der Vergabe sein wird. Alles andere können sich die meisten Unis schlicht nicht leisten.

Einfluss der Wirtschaft befürchtet

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Abhängigkeit von privaten Sponsoren. Bevorteilt würden wirtschaftsstarke Regionen, die mehr zahlungskräftige Wirtschaft in der unmittelbaren Umgebung haben. Zudem sei nicht ausgeschlossen, dass die Wirtschaft Einfluss darauf nehmen wird, wer ein Stipendium erhält. In der Tat erhalten momentan an einigen Unis in NRW StudentInnen der Ingenieurs – und Wirtschaftswissenschaften teilweise 80% der vergebenen Stipendien. Geisteswissenschaften gehen tendenziell leer aus. „Wir haben einfach sehr gute Kontakte zur Industrie und zu Unternehmen“, heißt es dazu bei der Rheinisch-Westfaelischen Technischen Hochschule Aachen. Mehr Geld für Besserverdienende, Nachwuchs für die Wirtschaft: Schwarz-Gelb bleibt seinem Ruf treu.

Jonas Schemmel

Mehr Infos: www.stipendienkritik.de unabhängige Beratung und Mentoring: www.arbeiterkind.de