Zu den Bedürfnissen von obdachlosen Menschen

Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir Berlinerinnen und Berliner nicht obdachlosen Menschen begegnen. Die steigende Wohnungslosigkeit stellt eine der größten sozialen Herausforderungen in Berlin dar.

Gründe dafür sind Armut trotz Arbeit, eine verfestigte Erwerbslosigkeit und die Benachteiligung insbesondere von Alleinerziehenden und Menschen mit Migrationshintergrund. Durch den zunehmend angespannten Wohnungsmarkt und der Spekulation der Immobilienlobby verschärft sich die Situation weiter mit der Folge, dass immer mehr Menschen in die Wohnungs- und Obdachlosigkeit geraten. Nicht nur die obdachlosen Menschen selbst, sondern auch die Menschen, die in Einrichtungen für Obdachlose arbeiten, wünschen sich hier strukturelle Änderungen. Der Artikel “Frauen und Obdachlosigkeit” der letzten Ausgabe des Stachels über die Frauennotübernachtung „Am Wassertor“ hat dies deutlich gezeigt.

Das Ziel der rot-rot-grünen Koalition muss daher sein, uns nicht von einer Übergangslösung zur nächsten zu hangeln, sondern das Hilfesystem nachhaltig auszubauen. Die Angebote der Wohnungslosenhilfe müssen stärker an den Bedürfnissen der Menschen ohne Obdach ausgerichtet werden! Die Grünen in Mitte schlagen vor, Obdachlose zu befragen. Sie wollen verstehen, warum einige von ihnen die Angebote der Wohnungslosenhilfe ablehnen. Ich unterstütze dies, denn mit den Befragungsergebnissen könnten wir Hilfen zielgerichteter gestalten. Eine entsprechende jährliche Befragung wäre für Berlin sinnvoll, um auch spezifische Bedürfnisse erkennen und stillen zu können.

„Der Bus, in den du aussteigst“

Einige Notwendigkeiten sind uns schon lange bekannt und hier gilt es, jetzt zu handeln: Es braucht Modellprojekte zur Unterbringung von rollstuhlfahrenden, pflegebedürftigen, psychisch- und suchtkranken Menschen. Insbesondere die Kältehilfe ist keine geeignete Unterbringungsform für diese Menschen. Daher benötigen wir dringend adäquate Angebote nach dem Grundsatz: Nicht der Mensch muss ins Hilfesystem passen, sondern das Hilfesystem zum Menschen! Wir brauchen ein Hospiz, damit Menschen nicht auf der Straße sterben, ein inklusives Gesundheitssystem, das Obdachlose nicht ohne Gesundheitsversorgung lässt und  ein “Haus der Hilfe” mit Angeboten, die Betroffenen bei der Überwindung ihrer prekären Lebenssituation unterstützen. Am 3. Mai startet am Mariannenplatz mit der Karuna SUB-Buslinie „Der Bus, in den du aussteigst“ ein berlinweites Modellvorhaben, das die Karuna Sozialgenossenschaft auf die Straße bringt. Mit diesem mobilen Angebot werden Obdachlose dort abgeholt, wo sie sich aufhalten, und bekommen Beratung und Hilfe.

Im November 2018 haben wir Grünen einen einen 11-Punkte-Plan mit kurzfristigen Maßnahmen gegen die Wohnungslosigkeit in Berlin verabschiedet, der den Handlungsbedarf bei diesem und weiteren Schwerpunkten aufzeigt. Das gesamte Beschlusspapier lässt sich auf der Homepage der Grünen Fraktion nachlesen. Jetzt gilt es, an der Umsetzung dieser Punkte zu arbeiten!

Fatoş Topaç, Mitglied des Abgeordnetenhauses