Der Grundgedanke, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren, ist richtig. Für viele Langzeitarbeitslose ist es nahezu aussichtslos, den Sprung in den regulären Arbeitsmarkt zu schaffen. Auch wechselnde Maßnahmen und Ein-Euro-Jobs sind keine Lösung für diese Menschen. Deshalb wollen Bündnis 90/ Die Grünen Beschäftigung schaffen, die wirtschaftliche und soziale Prinzipien miteinander verbindet

In Berlin hält jedoch das rot-rote Vorzeigeprojekt eines Öffentlichen Beschäftigungssektors (ÖBS) bislang nicht, was insbesondere die Linkspartei versprochen hat. Eine Alternative sollte der ÖBS sein, um in Berlin die Ein-Euro-Jobs zu ersetzen. Davon ist heute keine Rede mehr.

Nur 5.000 Stellen statt 10.000 Versprochener

Der Öffentliche Beschäftigungssektor ist keine Erfolgsgeschichte. Bis Ende 2008 wurden mit Mühe 5000 Stellen realisiert. Angesichts von mehr als 240.000 arbeitslosen Menschen ist dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Und dieses Jahr gerät das Programm wieder ins Stocken. Es ist nicht geklärt, ob die bestehenden ÖBS-Stellen überhaupt fortgeführt werden und wie viele neue Stellen entstehen können. Der Bedarf an gemeinwohlorientierter Arbeit ist riesig, doch pro Bezirk soll es nur noch 120 neue Stellen geben.

Die Probleme des ÖBS sind hausgemacht. Der Senat nutzt für den ÖBS Bundesprogramme, nämlich den „Beschäftigungszuschuss nach § 16e SGB II“ sowie das Programm „Kommunal-Kombi“. Beide Programme sind eigentlich dazu gedacht, Langzeitarbeitslose mit vielfältigen Problemen zu fördern. Doch der Senat will nur werthaltige Tätigkeiten im sozialen Bereich mit einer Entlohnung von mindestens 1.300 Euro fördern. Damit ist die übergroße Mehrheit der Langzeitarbeitslosen von diesem Programm ausgeschlossen. Für diese bleiben nur noch Ein-Euro-Jobs übrig, die in Berlin massenhaft umgesetzt werden. Mit rund 30.000 Ein-Euro-Jobs ist Berlin trauriger Spitzenreiter.

Sozialer Arbeitsmarkt notwendig

Anstelle das Versprechen zu erfüllen, Ein-Euro-Jobs durch sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ersetzen, hat Rot-Rot eine Zwei-Klassen-Arbeitsmarktpolitik geschaffen. Einige Wenige erfüllen die Voraussetzungen für eine sozialversicherungspflichtige und besser bezahlte Stelle im ÖBS – für die Mehrzahl der Erwerbslosen bleiben jedoch die Ein-Euro-Jobs das einzige Angebot. Doch gerade diejenigen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt die geringsten Chancen haben, dürfen nicht auch noch aus öffentlich geförderten Programmen herausgedrängt werden. Der ÖBS ist in dieser Form Symbolpolitik, die an der Lebenswirklichkeit der allermeisten Erwerbslosen vorbeigeht. Weder hat Rot-Rot die versprochenen 10.000 Arbeitsplätze im ÖBS geschaffen, noch die Anzahl der Ein-Euro-Jobs reduziert.

Aber auch auf Bundesebene müssen die ideologischen Scheuklappen vor öffentlich geförderter Beschäftigung endlich fallen. Fast alle sind sich einig, dass ein sozialer Arbeitsmarkt notwendig ist. Die Große Koalition hat bei der Instrumentenreform nicht den Mut gehabt, langfristige, sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse als Förderleistung im SGB II zu verankern. Doch in Krisenzeiten sind Beschäftigungsprogramme notwendig, ganz im Sinne des Green New Deal!

Ramona Pop, Mitglied des Abgeordnetenhauses, arbeitsmarktpolitische Sprecherin Sabine Bangert, Referentin für Arbeitsmarktpolitik