Das rechte Bekleidungslabel Thor Steinar hat Ende Februar einen Outlet-Laden in Friedrichshain eröffnet. Doch Bevölkerung und Politik wehren sich gegen Neonazis im Kiez und sorgt dafür, dass eine unauffällige Ansiedlung nicht gelingt

Ende Februar eröffnete ein Thor Steinar-Outlet in der Petersburger Straße in Friedrichshain. Der Laden mit dem Namen Tromsø führt ausschließlich Kleidung der in rechtsextremen Kreisen beliebten Marke. Wer Thor Steinar und seine Hintergründe nicht kennt, mag den Laden für ein norwegisches Outdoor-Geschäft halten. Genau das ist Teil der rechtsextremen Normalisierungsstrategie – in diesem Fall durch Mode: ansprechend aussehen, anheimelnd-skandinavisch klingen und ganz nebenbei Nazi-Ideologie und Runen-Symbolik unters Volk bringen.

In den Motiven auf den Pullovern, T-Shirts und Jacken finden sich zahlreiche Anspielungen auf Codes und Kennzeichen der rechten Szene: von germanischen Kulten bis hin zu gewaltverherrlichenden Slogans. Thor Steinar ist auch sonst ein Sonderfall: Anders als ebenfalls von Neonazis getragene Marken wie Lonsdale und Fred Perry hat sich die Firma nie von der rechtsextremen Szene und ihrer Ideologie distanziert.

Outlet mit Runenlogo-Kleidung

Der neue Laden wirbt damit, dass in Friedrichshain besonders günstig Kleidung mit dem alten Firmenlogo der Marke Thor Steinar verkauft wird. Dieses Logo ist aus zwei Runen zusammengesetzt, die im Nationalsozialismus unter anderem von der SS verwendet wurden. Genau aus diesem Grund war das alte Logo zeitweise in Berlin und anderen Bundesländern verboten.

Unterdessen ist vor einigen Wochen öffentlich geworden, dass Thor Steinar an einen arabischen Investor verkauft wurde. Als Grund geben die Inhaber an, dass sie weiter Expandieren wollen.

Die Kleidung allein ist schlimm genug, viel schlimmer noch ist die Kundschaft: Leider ist davon auszugehen, dass das Geschäft zu einem weiteren Anziehungspunkt für Rechtsextreme wird, die immer stärker in den bunt-alternativen Kiez einzudringen versuchen. Schon seit Jahren führt Friedrichshain die traurige Liste rechtsextremer und rassistischer Übergriffe der Opferberatungsstelle ReachOut in Berlin an. Dieser Laden wird zu noch stärkerer rechtsextremer Präsenz im Kiez führen und eine weitere Bedrohung für die Opfer rechter Gewalt darstellen.

Wohl übrlegte Provokation

Besonders widerlich ist die Tatsache, dass die Nazis im Dritten Reich in dem Keglerheim desselben Hauses am Frankfurter Tor einen Folterkeller hatten. Eine Gedenktafel an der Hauswand erinnert an zahlreiche Antifaschistinnen und Antifaschisten, die hier gefoltert und ermordet wurden. Sie hängt direkt neben dem Eingang zum Thor Steinar -Laden. Diese Tatsache macht die Eröffnung des Ladens noch ein Stück abstoßender – die Provokation scheint mit Bedacht gewählt.

Doch der Kiez wehrt sich. Schon am Eröffnungs-Samstag protestierten spontan rund 200 Leute gegen den Laden und seine Klientel. Eine Woche später folgte eine Bündnis-Demonstration mit über 1000 Teilnehmenden. Und am 21.März, dem Internationalen Tag gegen Rassismus tanzen und demonstrierten erneut über 1000 Menschen auf der Kiezparade durch Friedrichshain.

Der gelungene Anfang zeigt: Gemeinsam kämpfen Friedrichshainerinnen und Friedrichshainer dafür, dass der Thor Steinar-Laden aus dem Bezirk verschwindet. Neben der Initiative gegen Rechts haben auch viele andere wie unser grüner Bezirksbürgermeister Franz Schulz oder die Migrantenvereine des Nachbarhauses Flagge gegen Thor Steinar gezeigt. Der starke Protest und die Aufmerksamkeit haben dazu geführt, dass dem Laden die Kündigung durch den Vermieter ausgesprochen wurde.

Erst vor einem Jahr ist ein Laden der Marke Thor Steinar im Berliner Bezirk Mitte eröffnet worden. Auch dort haben sich Anwohnende und Initiativen zusammengeschlossen und sich gegen den Laden engagiert. Der dortige Vermieter des Ladengeschäftes geht inzwischen mit einer Räumungsklage gegen die Firma vor, weil er sich getäuscht fühlt. Gerichte auch in anderen Städten bestätigten solche Klagen. Die Rechtsstreite sind allerdings noch nicht rechtskräftig und gehen in die nächste Instanz. Daher kann es auch in Friedrichshain zu einem langen Rechtsstreit kommen – und der Laden bleibt damit vorerst bestehen. Deshalb muss und wird der Protest weiter gehen.

Clara Herrmann, Mitglied des Abgeordnetenhauses, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied der Initiative gegen Rechts in Friedrichshain.