Die Frage, wie in der Stadt öffentliche Flächen genutzt, werden, wird kontrovers diskutiert. Wir kämpfen für mehr Grün statt Grau – wir wollen Flächen entsiegeln und umwidmen und setzen uns für ein  Entsiegelungsprogramm für Berlin ein.

Auf der einen Seite des politischen Spektrums gibt es laute Stimmen, die eigentlich gar nichts ändern wollen und an der derzeitigen Verteilung von Flächen nichts Negatives finden. Auf der anderen Seite stehen wir Grünen – wir stellen die Verteilungsfrage auch beim Thema öffentliche Flächen. Wir haben in dieser Legislaturperiode bereits damit begonnen, die Weichen für eine andere Mobilitätspolitik und einen anderen Umgang mit den öffentlichen Flächen zu stellen.

In der kommenden Legislatur wollen wir an Tempo  zulegen. Wir haben progressive Antworten, erkennen aber auch, dass die Umsetzung viel Zeit in Anspruch nimmt. Beim Blick über den Stadtrand sieht man, dass sich viele andere Städte und Kommunen die selben Fragen stellen und politische Antworten finden, die noch ein Stückchen weiter gehen als hier in Berlin.

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Jährlich mind. 2.000 Parkplätze umwandeln

Ein gutes Beispiel für die Umwandlung/Umwidmung von Parkplätzen ist München. Dort wurde im Koalitionsvertrag (Rot-Grün) vereinbart: „Im Bereich des Autoverkehrs werden öffentliche Parkplätze umgewandelt bzw. reduziert (mindestens 500 pro Jahr)“.

Im europäischen Kontext gibt es sogar noch progressivere Ansätze. In Paris wurde Anne Hidalgo in diesem Sommer mit radikalen Öko-Förderungen für eine zweite Amtszeit als Bürgermeisterin von Paris gewählt. Sie zog in den Wahlkampf mit dem Versprechen, Paris zu einer grüneren Stadt zu entwickeln, 70.000 Parkplätze sollen hierfür wegfallen und durch Grünflächen, Spielplätze sowie Rad- und Fußwege ersetzt werden.

Wir wollen pro Jahr mindestens 2.000 Parkplätze umwandeln. Viele dieser Parkplätze sollen für die Fahrradinfrastruktur genutzt werden, ein noch größerer Teil soll aber aktiv entsiegelt werden,  um Grünflächen und Raum für Bäume sowie  Flora und Fauna zu schaffen.  Dies soll vor allem dort geschehen, wo es zu wenig Grün in der Stadt gibt. Mit dem Konzept der Umweltgerechtigkeit liegen Daten vor, die helfen, solche  Kieze zu identifizieren.

Neben Parkplätzen soll der Blick auch auf Plätze gerichtet werden, deren Aufenthaltsqualität zu wünschen übrig lässt. In partizipativen Prozessen sollen, gemeinsam mit den Bürger*innen, Plätze und Flächen identifiziert werden, die ergrünen sollen.

Schulhöfe entsiegeln, Entsiegelungspotentiale nutzen

Ein weiterer Ansatzpunkt für Entsiegelung sind Schulhöfe. Im Rahmen des groß angelegten Schulneubau- und Sanierungsprogramms soll verstärkt darauf geachtet werden, dass, wo immer es geht , entsiegelt wird und Beton aufgebrochen wird. Ein versiegelter, grauer Schulhof ist nicht  zeitgemäß. Dort sollen Schulgärten, Bienenweiden… entstehen.

Neben der Veränderung von Verkehrsinfrastruktur soll der Blick auch auf bereits identifizierte Flächen zur Entsiegelung gerichtet werden. Im Berliner Entsiegelungskataster sind bereits jetzt 255 Flächen aufgelistet, die entsiegelt werden können. Hierbei ist aber darauf zu achten, dass sich auf diesen Flächen (oft Brachen) häufig ein eigenes Ökosystem gebildet hat und Brachen Rückzugsflächen der Biodiversität sind. Dies bedeutet, dass von diesen Flächen solche identifiziert werden müssen, bei denen eine Entsiegelung einen ökologischen Vorteil bringt. Ziel ist es, jährlich 10% dieser Flächen zu entsiegeln.

Grün geht’s weiter

Mit vielen Grünen Unterstützer*innen habe ich einen Antrag zum Thema Entsiegeln/Umwidmen für unser Wahlprogramm 2021 eingebracht. Ich gehe davon aus, dass dieses Thema in unser Wahlprogramm einfließen wird. Ohne Frage wird der Gegenwind für dieses Vorhaben immens sein. Wir sollten uns aber ambitionierte Pläne vornehmen und sie im Wahljahr klar kommunizieren: Wir wollen die autofreie (Innen-)Stadt, wir wollen mehr öffentlichen Raum für das Stadtgrün, Bäume, Regenwassersickerung, Pocket-Parks, grüne Oasen mit Wasserbecken und Trink-, Spielbrunnen, Flora und Fauna und nicht zuletzt für die Fahrradinfrastruktur.

 

Dr. Turgut Altug, MdA für den Stachel, Dezember 2020