Der RAW Tempel in Friedrichshain stellt sich auf solide Füße und bietet gute Aussichten für eine bunte Kulturszene.
Noch steht die Kohlenkiste in der Anmeldung, doch schon blitzen auf den Zaunspitzen die Kümmerlingsflaschen in der Frühlingssonne. Aus alten Autoreifen sprießt das Grün und der Lärm der Großstadt weicht dem geschäftigen Gebrumm auf dem Hof. Zeit für den Frühjahrsputz im RAW Tempel in der Revaler Strasse. Seit 1998 erfindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerkes eine bunte Kulturszene immer wieder neu. Im Ambulatorium serviert jeweils Dienstags lecker die Kulturkantine, am Mittwoch chilling sound in der DUB Bar und wer geistige Erfrischung von einer schrägskurrilen Lesebühne erwartet, den heißt Dan Richter am Donnerstag auf der „Chaussée der Enthusiasten“ willkommen. Es gibt hier Künstler, Musiker, Artisten, Skater, Varietéisten und Theatervolk. Profis, Laien, Schluffis und Engagierte. Große Konzerte und Theateraufführungen finden in der Stenzer-Halle statt: Am 12. Mai heizt „Hans der Kleingärtner“ und Band mit Dance Hall und Reggae zu seiner Record Release Party die Stimmung ein, immer sehr beliebt und immer rappelvoll.
Offene Initiativen und Projekte
Über 60 Vereine, Initiativen und Projekte frönen der Lust, auf den Gleisen Kultur nach eigenen Maßstäben zu definieren. So die Traumstation, deren Probenräume anders sind als die üblichen dunklen Kabuffs: organischer, heller, mal fünf und mal sechseckig. Unter der Regie der Keyboarderin Mikado kommen im Stoff- und Gerätelager – kurz SGL – Musiker aller Art zum Proben, gibt es ein Studio, eine Musikschule für Kinder und Erwachsene, fehlt nur der Musikmanager zur Gründung des Labels. Die meisten Initiativen sind offen konzipiert, wer will kann mitmachen, ob im zeitlich begrenzten Workshop, als Kunde oder als aktiver Mitwirkender in einem Projekt.
3-Säulen-Finanzierung und Dachverbandsgründung
Das Konzept des RAW Tempel bricht sich Bahn. Der attraktive Kulturstandort am Revaler Viereck macht tagtäglich Stadtentwicklung von Unten erfahrbar. Deshalb hält der Bezirk unter der Führung der Grünen seine schützende Hand über den RAW Tempel. Und die Templer schauen hoffnungsfroh in die Zukunft. Der Weg in die relative finanzielle Unabhängigkeit war ein harter Lernprozess. Heute tragen sich die Verwaltungsstrukturen, die es für die kontinuierliche Betreuung eines Großprojektes braucht, durch die Umlagen der das RAW nutzenden Gruppierungen, den Erlösen aus dem Veranstaltungsbereich und Mitteln aus verschiedenen Arbeits- und Beschäftigungsprogrammen. Das Drei-Säulen-Modell des Tempels könnte auch Vorbild bei der Neustrukturierung des Bethanien sein. Auf breitere Füße stellt man sich durch die Gründung des Dachverbandes zur Entwicklung des Revaler Fünfecks am 23.April. Hier können alle Interessenten, die an diesem Ort Stadtentwicklung von Unten mit gestalten wollen, sich informieren und einbringen. Es gibt viel zu entdecken – auf Grün geht`s los! Mehr Info beim RAW-Tempel im Internet.
Autorin: Barbara Fischer