DS/1615/III

Mündliche Anfrage

1. Was ist dem Bezirksamt bekannt über drastische Gewerbemieterhöhungen und daraus folgende Verdrängungsprozesse gewachsener Kiezgeschäfte und -kneipen im Gebiet rund um die Oranienstraße?

Bekannt ist der Wirtschaftsförderung der Artikel im Tagesspiegel vom 22.01.2010 „Kreuzberg fällt durch“ im Zusammenhang mit der Vorstellung der Sozialstudie in dem es heißt: „Die Gewerbemieten in der Oranienstraße seien absurd gestiegen ….“

Die Miete wird durch die jeweiligen Standortbedingungen, die Ausstattungsmerkmale des Mietobjektes und durch Angebot und Nachfrage bestimmt. In den letzten Jahren ist die Nachfrage nach Gewerberäumen stetig gestiegen.

Dies spricht grundsätzlich für die Attraktivität des Standortes hat leider letztendlich jedoch auch negative Auswirkungen auf die Miethöhe und kann dadurch zu Verdrängungsprozessen führen.

Im Ergebnis der im Auftrag der Wirtschaftsförderung durchgeführten Gewerbeleerstandanalyse wurde festgestellt, dass im Bezirk weit weniger Leerstand an Gewerberäumen vorhanden ist als vermutet.

2. Haben sich Gewerbetreibende aus diesem Gebiet an das Bezirksamt gewandt, mit Bitte um Unterstützung bei anstehenden Mietverhandlungen (wie zum Beispiel der Inhaber des Kiezcafés „Jenseits“, das nach über 25 Jahren am Heinrichplatz wegen drastischer Mieterhöhungen schließen musste) und welche Ergebnisse erbrachten die Gespräche?

Gewerbetreibende aus dem Gebiet haben sich bisher nicht an das Bezirksamt mit der Bitte um Unterstützung gewandt.

3. In Anbetracht dessen, dass in den nächsten Jahren in diesem Gebiet sukzessive viele Alt-Gewerbemietverträge angestammter Geschäfte und Kneipen auslaufen (z.B. Buchladen Oh 21), frage ich das Bezirksamt, ob es Gespräche mit den Hauseigentümern, wie z.B. dem US-Investor Cerberus führt, um die angestammte Mischung zu erhalten und gibt es Ergebnisse?

Auch das Bezirksamt ist an einer gesunden Mischung und den Erhalt kiezbezogener Angebote interessiert und verfolgt die Entwicklung kritisch. Nicht gewollt ist die Ansiedlung von Discountern, da hierdurch die Urbanität verloren geht.

Leider sind die Möglichkeiten der Einflussnahme durch den Bezirk begrenzt. Bei der Vertragsgestaltung von Gewerbemietverträgen besteht weitgehende Gestaltungsfreiheit. Dies trifft insbesondere auf die Höhe der Miete zu. Diese ist in der Regel frei vereinbar. Für Berlin gibt es keinen Mietspiegel für Gewerberäume.

Zur Unterstützung von Mietern aber auch für die Vermieter hat die IHK einen „Orientierungsrahmen für Gewerbemieten in Berlin“ herausgegeben. In dem Falle, dass sich Unternehmen mit den o.g. Problemen an uns wenden, setzt sich die Wirtschaftsförderung für den Verbleib des Unternehmens an dem Standort ein. Dies ist jedoch nur durch eine Vermittlung zwischen den Vertragspartner möglich.

Instrumente der direkten Einflussnahme- wie für den Bereich der Wohnmieten – gibt es bedauerlicherweise für den Gewerbebereich nur in Sanierungsgebieten. Falls die „übliche“ Miethöhe für einen bestimmten Gewerberaum ermittelt werden muss, empfiehlt die IHK einen öffentlich bestellten Sachverständigen bzw. einen Makler zu beauftragen.

Im schlimmsten Fall können wir das Unternehmen nur bei der Suche nach neuen geeigneten preiswerteren Gewerberäumen unterstützen. Hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auf die Immobilienbörse der Wirtschaftsförderung www.ladenfrei.de.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Peter Beckers

Friedrichshain-Kreuzberg, den 03.02.10

Fragestellerin: Ute Kätzel