In einer kleinen Anfrage an den Senat erkundigt sich Heidi Kosche erneut über Unregelmäßigkeiten beim zahnärztlichen Nachtnotfalldienst am Klinikum Friedrichshain.

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

Die Kleine Anfrage betrifft teilweise Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH um eine Stellungnahme gebeten, die von dort jeweils in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie sind in die Antworten einbezogen.

1. Seit wann besteht die Trägerschaft der Vivantes GmbH für den zahnärztlichen Nachtnotfalldienst am Klinikum am Friedrichshain?

Zu 1.: Seit ca. 30 Jahren werden auf dem Gelände des Klinikums am Friedrichshain während der Nachtzeit zahnärztliche Leistungen im Notfalldienst zur Versorgung der Berliner Bevölkerung angeboten. Die Trägerschaft dieses Nachtnotfalldienstes wird seit der Wiedervereinigung jeweils vom Zulassungsausschuss für Zahnärzte in Berlin durch Verwaltungsakt festgelegt. Zuletzt hat der Zulassungsausschuss für Zahnärzte in Berlin mit Beschluss vom 19.06.2006 die Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH zum Betrieb einer zahnärztlich geleiteten Einrichtung am Krankenhaus Friedrichshain nach § 31 Abs. 1 a) Zahnärzte-ZV ermächtigt. Dieser Ermächtigung hat ein einzelner Zahnarzt in Berlin widersprochen, der Berufungsausschuss für Zahnärzte hat dem Widerspruch stattgegeben, die Kassenzahnärztliche Vereinigung Berlin und sodann folgend die Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH haben gegen den Beschluss des Berufungsausschusses Klage erhoben. Das Verfahren ist vom Gericht noch nicht entschieden. Offen ist auch die Wirkung dieser Klage; während die Kassenzahnärztliche Vereinigung Berlin davon ausgeht, dass diese aufschiebende Wirkung besitzt und die Ermächtigung damit weiter besteht, meint die Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH, dass gegenwärtig keine Ermächtigung existiert. Zuvor war mit Beschluss vom 11.02.2004 die zahnärztlich geleitete Einrichtung am Krankenhaus Friedrichshain vom Zulassungsausschuss für Ärzte ermächtigt worden, wobei die Trägerschaft vom Zulassungsausschuss nicht festgelegt wurde. Identisches geschah zuvor durch Beschluss vom 09.05.2001 und zuvor durch Beschluss vom 02.06.1999. Davor wiederum war durch Beschluss vom 25.11.1997 Herr Dr. H. P. bis zum 31.12.1999 (sowie zuvor) ermächtigt. In dieser Zeit bestand keine Trägerschaft der Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH.

2. Gibt es neben der Vivantes GmbH noch weitere Trägerschaften in rechtlicher Hinsicht, die weder in der Selbstdarstellung noch im Qualitätsbericht der „Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH“ erscheinen?

Zu 2.: Träger einer Einrichtung der Gesundheitsversorgung ist stets eine juristische oder natürliche Person. Dies sind die Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH sowie die weiteren in der Selbstdarstellung genannten juristischen Personen. Weitere existieren nicht.

3. Handelt es sich bei dem zahnärztlichen Nachtnotfalldienst, dem zahnärztlich geleiteten Nachtnotfalldienst am Klinikum Friedrichshain, Landsberger Allee 49, 10249 Berlin und der zahnärztlichen Einrichtung zur Sicherstellung des Nachtnotfalldienstes um ein und dieselbe Einrichtung, oder um verschiedene Einrichtungen?

Zu 3.: Aus der Beantwortung der Frage 1 ergibt sich die Differenzierung der Trägerschaften. Zur Beantwortung der Frage 3 wird deshalb auf die Ausführungen zu Frage 1 verwiesen.

4. Warum sind die unter Punkt 3 genannten zahnärztlichen Notfalldienste nicht in den Geschäftsberichten der „Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH“ enthalten?

Zu 4.: Im Geschäftsbericht der Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH werden im Textteil Schwerpunktthemen gesetzt, die für die Gesamtentwicklung des Konzerns von übergeordneter Bedeutung sind. Es entspricht nicht der Konzeption des Vivantes-Geschäftsberichtes, alle Bereiche vorzustellen bzw. eine Leistungsübersicht jeder einzelnen Fachabteilung des Konzerns anzubieten.

5. Wofür ist der Leiter des zahnärztlichen Nachtnotfalldienstes zuständig, und wozu von der Vivantes GmbH bevollmächtigt?

Zu 5.: Sollte eine wirksame Ermächtigung vorliegen, so wäre der zahnärztliche Leiter unbeschadet der allgemeinen medizinischen Verantwortung der in der Einrichtung tätigen Ärzte insbesondere für folgende Aufgabengebiete zuständig und verantwortlich:

  • Koordination und Sicherstellung der zahnmedizinischen Versorgung in der Zeit von 20:00 Uhr bis 02:00 Uhr,
  • Einhaltung der im Ermächtigungsbeschluss des Zulassungsausschusses ggf. verfügten Inhalte, Beschränkungen und Auflagen,
  • Gewährleistung der der Einrichtung im ärztlichen Bereich obliegenden Pflichten, insbesondere gegenüber den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Berlin,
  • Mitwirkung bei Regelungen für die Gestaltung von Arbeitsplänen, Urlaubsplänen und Arbeitsabläufen sowie des Notfalldienstes,
  • Auswahl, Anleitung und regelmäßige Kontrolle der zahnärztlichen und nicht – ärztlichen Mitarbeiter der Einrichtung,
  • Überwachung der Durchführung aufsichtsbehördlicher Anordnung und Wahrung der gesetzlichen Pflichten im medizinischen Bereich,
  • Pflege des Kontaktes zwischen den Krankenhäusern im Versorgungsbereich, den Krankenhausärzten und den niedergelassenen Zahnärzten,
  • Koordination der innerbetrieblichen Fortbildung.

6. Gibt es über die Bestellung des Leiters des zahnärztlichen Nachtnotfalldienstes hinaus weitere vertragliche Vereinbarungen, z.B. zur allgemeinen und zahnmedizinischen Ausstattung der Einrichtung, bzw. zur personellen Besetzung des Notfalldienstes?

Zu 6.: Da nach Ansicht der Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH keine Ermächtigung besteht und insofern auch keine Notfallversorgung stattfinden kann, sind derzeit weder weitere vertraglichen Vereinbarungen erforderlich, noch bestehen welche.

7. In welchem vertraglichen Verhältnis stehen die dort Dienst tuenden ZahnmedizinerInnen mit der Vivantes GmbH?

Zu 7.: Aus der Beantwortung der Frage 6 ergibt sich, dass keine „Dienst tuenden Zahnmediziner bzw. Zahnmedizinerinnen“ existieren. Es existieren deshalb auch keine über die in der Frage 6 erwähnte Bestellung des Leiters hinausgehenden vertraglichen Beziehungen.

8. Wie sind Haftungsfragen für zahnärztliche Behandlungsfehler geregelt, und welche Versicherung der Vivantes GmbH ist für Schadensfälle zuständig?

Zu 8.: Aus der Beantwortung der Fragen 6 und 7 ergibt sich, dass derzeit kein Regelungsbedürfnis für Haftungsfragen besteht. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass die Haftpflichtversicherung der Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH die zahnärztliche Notfallversorgung umfasst.

9. Ist die Vivantes GmbH bislang bereits geschäftsführend, wirtschaftsprüfend oder vertretend in juristischen Angelegenheiten für den zahnärztlichen Nachtnotfalldienst tätig geworden, wenn ja, welche gerichtlichen Auseinandersetzungen führt die Vivantes GmbH zur Zeit für den zahnärztlichen Nachtnotfalldienst?

Zu 9.: Die Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH kann nicht „geschäftsführend, wirtschaftsprüfend oder vertretend in juristischen Angelegenheiten für den zahnärztlichen Nachtnotfalldienst“ tätig werden, da keine ermächtigte Einrichtung besteht. Gerichtsverfahren führt die Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH originär, nicht für einen „zahnärztlichen Nachtnotfalldienst“.

10. Welcher Qualitätskontrolle unterliegt die in Trägerschaft der Vivantes GmbH geführte zahnärztliche Notfallambulanz worüber entsprechende Qualitätsberichte einzusehen sind?

Zu 10.: Die zahnärztliche Notfallambulanz wird nach Abschluss der Klageverfahren bzw. Anordnung des Sofortvollzuges an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmen und unterliegt den hierfür geltenden gesetzlichen Qualitätskontrollen nach dem SGB V. Der Bundesgesetzgeber hat hierfür gesetzlich keine Qualitätsberichte vorgesehen. Sobald die Tätigkeit nach Beseitigung der in Beantwortung der Fragen 6 und 7 dargestellten Hindernisse aufgenommen wird, wird über die Erstellung eines freiwilligen Qualitätsberichtes entschieden werden.

11. Wann ist der letzte Qualitätsbericht vorgelegt worden und in welcher Frequenz erscheint er?

Zu 11.: Der letzte Qualitätsbericht der Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ist im November 2006 vorgelegt worden entsprechend § 137 Abs. 1 SGB V. Der nächste Qualitätsbericht wird im Jahr 2008 vorgelegt. Es ist die Beibehaltung der jährlichen Frequenz beabsichtigt.

12. Wer rechnet auf der Grundlage der von der Vivantes GmbH erteilten Ermächtigung „direkt“ gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab und welche Einnahmen werden von Dritten auf der Grundlage der von der Vivantes GmbH erteilten Ermächtigung erzielt?

Zu 12.: Aufgrund der in Beantwortung der Fragen 6 und 7 dargestellten Sachlage rechnet die Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH nach eigenen Angaben gegenwärtig nicht gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Berlin ab.

13. Wurde für das Abrechnungsverfahren mit Dritten vertraglich vereinbart, diese Einnahmen offen zu legen?

Zu 13.: Entsprechend der Beantwortung der Fragen 6, 7 und 12 bestehen keine vertraglichen Vereinbarungen.

14. Welche Kenntnisse hatte der Senat und insbesondere die zuständige Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz über diesbezügliche Sachverhalte der landeseigenen „Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH“?

Zu 14.: Der Sachverhalt wurde der für Gesundheit zuständigen Senatsverwaltung auf Fachebene im Rahmen der Recherchen für die Antwort zur Kleinen Anfrage bekannt.

Berlin, den 14. März 2008

In Vertretung

Dr. Benjamin-Immanuel Hoff

Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz