Die Bundeswehr drängt zu Werbezwecken in die Klassenzimmer

Die Bundeswehr zeigt immer häufiger Präsenz an Berliner Schulen. In vielen CDU-geführten Bundesländern gibt es sogar Kooperationsvereinbarungen zwischen der Bundeswehr und den Kultusministerien. Auch in Berlin wirbt die Bundeswehr verstärkt um SchülerInnen. Nach Auskunft des Senats wurden im letzten Schuljahr an 100 Berliner Schulen Vorträge zur „Wehrdienstberatung“ gehalten. Des Weiteren diskutierten „Jugendoffiziere“ an 98 Schulen über die Auslandseinsätze der Bundeswehr und die moralischen Grundlagen des Soldatentums. Rund 3.800 Berliner SchülerInnen nahmen an solchen Veranstaltungen teil – mussten teilnehmen, denn laut Bildungsverwaltung sind die SchülerInnen verpflichtet, an solchen Veranstaltungen teilzunehmen, wenn sie im Rahmen des Unterrichts stattfinden. Zusätzlich bietet die Bundeswehr Fortbildungen sowie „mehrtägige sicherheitspolitische Seminare“ für LehrerInnen an. Seit 2007 nahmen rund 240 Berliner LehrerInnen das Angebot wahr. Die Kosten dafür werden von der Bundeswehr übernommen, auch Reisen zu EU- und Nato-Einrichtungen sind im Programm.

Ausgewogenheit ist das Mindeste

Es gehört zum Kern des Bildungsauftrages der Schulen, dass Schülerinnen und Schüler in einer solch existenziellen Frage, wie Krieg und Frieden, nicht nur die Anschauung derer kennen lernen, die in Uniform vor ihnen stehen. Die Bundeswehr kann kein ausgewogenes und vollständiges Bild zu Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik an Schulen vermitteln. Zwar kommt das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zu dem Schluss, dass die Bundeswehr grundsätzlich Informationsveranstaltungen an Schulen anbieten darf. Es wird aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auf die Ausgewogenheit und Neutralität zu achten ist. Laut Information der LandesschülerInnenvertretung kommt es jedoch öfters zur Verwischung der Grenzen zwischen Rekrutierung und Information.

Die (neuen) Aufgaben der Bundeswehr als Armee nahezu im weltweiten Einsatz und die Umdeutung des verfassungsmäßigen Verteidigungsbegriffes sind gesellschaftlich höchst umstritten. Daher ist das Werben der Bundeswehr auch ein Werben um eine Akzeptanz der Militarisierung von Politik und Gesellschaft. Wir wollen Pluralität. Unterrichtsangebote von Gruppen und Organisationen, die kritisch zur Wehrpflicht und Auslandseinsätzen stehen, wie die der Zivilen Friedensdienste, der Entwicklungspolitik oder VetreterInnen der Friedensforschung sind gleichberechtigt in Schulen zu gewährleisten. Dabei ist darauf zu achten, dass diese wehrdienstkritischen Gruppen und Verbände einen gleichberechtigten Zugang zu Schulen erhalten.

Keine Militarisierung der Schulen

Wir sind gegen eine Einflussnahme der Bundeswehr in Bildungseinrichtungen: An Schulen und Bildungsinstitutionen darf nicht für den Dienst an der Waffe geworben werden. Um die einseitige Werbung der Bundeswehr in Schulen zu verhindern, ist es notwendig, Schulbesuche und Veranstaltungen der Bundeswehr in Schulen durch klare Regeln, z.B. durch ein Rundschreiben der Bildungsverwaltung verbindlich zu regeln. Diese Forderungen haben wir in unserem Antrag „Gleichberechtigten Zugang für wehrdienstkritischen Verbänden in Schulen schaffen – Keine einseitige Werbung für die Bundeswehr in Schulen!“ im Abgeordnetenhaus eingebracht. Wir fordern, dass der Berliner Senat mindestens die Ausgewogenheit gewährleistet und keine einseitige Werbung der Bundeswehr in Berliner Schulen mehr zulässt!

Özcan Mutlu Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses