In der Sitzung des Bezirksparlamentes (BVV) am Mittwoch, 18. Oktober, kündigte Baustadtrat Florian Schmidt an, zwei Verfahren gegen Mieter*innenverdrängung aus sogenannten „Problemimmobilien“ zu prüfen – und dabei zum ersten Mal Paragraph § 6 des Wirtschaftsstrafgesetzes anzuwenden. Dieser Paragraph ermöglicht, Verschleppung der Instandsetzung von Gebäuden als Ordnungswidrigkeiten zu ahnden. Die Rechtsprechung dazu ist allerdings noch nicht belastbar. Mit diesem Vorstoß will das Bezirksamt nun Präzedenzfälle schaffen, um Klarheit für Mieter*innen und Verwaltung zu gewinnen.

Baustadtrat Schmidt betonte in seiner Antwort an die bündnisgrüne Bezirksverordnete Maria Haberer: „Wie die Erfolgsaussichten vor Gericht am Ende sind, wissen wir nicht. Dennoch wollen wir es probieren, um mit dem neuen Instrument Erfahrungen zu sammeln und um ein Signal zu setzen.“ Eine besondere Bedeutung habe dabei für das Bezirksamt die ämterübergreifende Zusammenarbeit, betonte Schmidt. Daher werde begleitende die AG Problemimmobilien einberufen, an der das Rechtsamt und die Bereiche Bauaufsicht, Milieuschutz und Zweckentfremdung teilnehmen sollen.

Bezirksverordnete Haberer kommentierte: „Es ist wichtig und richtig, dass das Bezirksamt alle zur Verfügung stehen Mittel zum Schutz von Mieter*innen nutzt. Die Erfahrungen müssen schnell ausgewertet und im Erfolgsfall ausgedehnt werden. Es kann nicht sein, dass die Mieter*innen der Graefestraße 13 und der Hasenheide 47 seit Jahren hingehalten werden.“ Durch die Einleitung der beiden Verfahren „könnte geprüft werden, ob – wie angenommen – ein Baufortschritt nur in Tinte auf Papier existiert. Den Mieter*innen muss endlich Sicherheit gegeben werden. Zu bleiben, wo sie leben – das ist ihr gutes Recht!“

Zum Hintergrund:

Im Bezirk gibt es zwei bekannte Fälle, in denen das Bezirksamt tätig werden möchte. In beiden Fällen gibt es wenig oder keinen Fortschritt der notwendigen Maßnahmen, der Mieter*innen einen Rückzug ermöglichen würde – trotz Zusicherung seitens der Eigentümer*innen. Im Fall des Gebäudes Hasenheide 47 stehen seit zwei Jahren 25 Wohnungen leer, eine dringend anstehende Dachsanierung wird nicht durchgeführt, und die Baustelle wurde nach Auskunft des Bezirksamtes nicht ausreichend gesichert. 

In beiden Fällen besteht der Verdacht auf sogenanntes „Fristensurfen“. Dabei werden Absichten zu Baumaßnahmen immer wieder formell erklärt und fristgerecht vorgelegt, die Maßnahmen selbst aber nie durchgeführt. Leerstand wird so künstlich erhalten, um in einem absehbaren Zeitraum die Wohnungen renditenorientiert zu veräußern.