Im Tagesspiegel vom 09.06.2007 kritisiert Heidi Kosche den aktuellen Gesetzentwurf von Rot-Rot als unzureichenden Schutz.

Tagesspiegel vom 09.06.2007

Christoph Stollowsky

Bedienung rein ins Raucherzimmer – Bedienung wieder raus aus dem separaten Raum: Das Ringen um Ausnahmen beim geplanten Rauchverbot in Berlins Gaststätten verwirrt inzwischen selbst die gesundheitspolitischen Fachleute der Parteien. Am Donnerstag wurde bekannt, dass Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei/PDS) im fast fertigen Entwurf für das neue Nichtraucherschutzgesetz nun auch ein Servierverbot in den heftig umstrittenen Raucherzimmern vorsieht. Als sich die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus hingegen vor zwei Tagen mit knapper Mehrheit für die künftigen Raucherrefugien in der Gastronomie aussprach, gingen ihre Mitglieder noch davon aus, dass dort bedient werden darf.

Nun freut sich die gesundheitspolitische SPD-Sprecherin Stefanie Winde über diesen überraschenden Schwenk der Senatorin, zumal sie selbst für die radikale Lösung plädiert und am liebsten überhaupt keine räumlich abgetrennten Raucherzimmer zuließe. „Mit der Möglichkeit, dort zu bedienen“, sagt sie, „wäre unser Anliegen eines konsequenten Nichtraucherschutzes aber völlig verwässert worden.“

Aus Sicht der Gesundheitsexpertin von Bündnis 90/Grüne, Heidi Kosche, ist hingegen auch das Servierverbot ein unzureichender Zug. Solange das neue Gesetz separate Raucherzimmer neben den übrigen Gasträumen zulasse, sei eine vollständig rauchfreie Gastronomie nicht gewährleistet. Denn ihr Essen und Trinken dürfen die Raucher dorthin mitnehmen. Entsprechend oft würden die Türen auf und zugehen und „Qualm in den Hauptraum ziehen“, rügt sie. Die Gesundheitsverwaltung will diesen „kleinen Kompromiss“ dagegen in Kauf nehmen.

Nach dem Gesetzentwurf dürfen die Raucherzimmer nicht direkt vom Haupteingang einer Kneipe oder Gaststätte aus zugänglich sein. Vorgeschrieben sind „baulich abgeschlossene“ Hinterzimmer. Sollte dies nicht zu verwirklichen sein, sah der Gesetzentwurf bis vor wenigen Tagen noch eine alternative Möglichkeit vor – und zwar Räume, die „mit leistungsstarken lufttechnischen Anlagen vollkommen rauchfrei gehalten werden.“ In diesem Falle hätte das Gesetz auch in einem einzigen großen Raum Raucher und Nichtraucher nebeneinander zugelassen. Doch diese Ausnahme wurde nun gestrichen, „weil keine Anlage derart perfekt funktioniert“, heißt es in der Verwaltung.

Zugleich fügte man einen Satz in den Gesetzentwurf ein, der Bedienungsservice in den Raucherräumen ausschließen soll. „Nebenräume für Raucher sind … so zu benutzen, dass Gesundheitsgefährdungen für nichtrauchende Gäste und das Personal ausgeschlossen werden“, steht dort. Konkreter könne man das Servierverbot nicht formulieren, sagt die Sprecherin der Gesundheitsverwaltung Marie-Luise Dittmar. Denn es hänge eng mit dem Arbeitnehmerschutz zusammen, der in der Arbeitsstättenverordnung des Bundes geregelt ist. Darin wird allen Arbeitnehmern das Recht auf einen rauchfreien Arbeitsplatz zugesprochen – außer dem Gastättenpersonal. Dittmar: „So lange der Bund diese Ausnahme nicht streicht, bleibt unsere Regelung, nach der nicht bedient werden darf, juristisch angreifbar.“

Die Gegner der separaten Raucherräume, darunter etliche Gastwirte, hatten auch für eine radikale Lösung ohne Ausweichmöglichkeit für die Raucher plädiert, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Andernfalls seien Gastronomen mit besseren räumlichen Voraussetzungen bevorzugt. Druck aus der Gastronomie habe die Senatorin nun möglicherweise dazu gebracht, wenigstens den Service zu untersagen, heißt es in Fachkreisen. Weil die Raucherräume dadurch unattraktiver werden.