DS/0547/IV

Antrag

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Das Bezirksamt wird beauftragt, den Berliner Senat umgehend zu ersuchen, einen sofortigen Abschiebestopp für besonders schutzbedürftige Personen zu erlassen. Diese Regelung soll bis 31. März 2013 und jeden folgenden Winter vom 1. November bis 31. März des Folgejahres gelten.

Angehörige diskriminierter Minderheiten wie z. B. Roma, Ashkali, Ägypter und Goranen in den Balkanstaaten sowie in anderen Regionen mit problematischen Witterungs- und Unterkunftsbedingungen bedürfen in besonderer Weise des Schutzes. Auch für die besonders schutzbedürftigen Personen gemäß Art. 17 der EU-Aufnahmerichtlinie, deren medizinische Versorgung im Herkunftsland nicht gesichert ist (Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, Behinderte, ältere Menschen, Schwangere sowie Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, sowie Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben) müssen die Wintermonate als Abschiebehindernis gelten.

Begründung:

Nachdem in den letzten Jahren keine Abschiebungen besonders schutzbedürftiger Personen durch den Berliner Senat stattgefunden haben, hat der Innensenator Frank Henkel in der Vorweihnachtszeit (!!) 2012 acht serbische Flüchtlinge nach Belgrad abschieben lassen. Im Gegensatz dazu haben die Bundesländer Schleswig-Holstein, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Bremen einen Abschiebestopp für besonders schutzbedürftige Personen erlassen und ihre Ausländerbehörden angewiesen, im Winter 2012/2013 keine Abschiebungen anzuordnen. Die BVV Friedrichshain-Kreuzberg fordert den Berliner Senat auf, unverzüglich diesem Beispiel zu folgen sowie eine verstetigte Regelung gegen Winterabschiebungen zu erlassen.

Die Abschiebungen der acht serbischen Flüchtlinge stellt eine ganz und gar unzumutbare Härte dar. In Balkanstaaten wie Serbien, Mazedonien und im Kosovo ist die Situation schutzbedürftiger Minderheiten besonders gefährlich. Angehörigen von Minderheiten wie den Roma, Ashkali und Goranen wird in ihren Herkunftsländern der Zugang zu Wohnraum, Schulbildung, Krankenversorgung oder auch die Registrierung als Arbeitssuchende verweigert.

Dies geht aus den Lageberichten nicht allein von zivilgesellschaftlichen Akteuren, sondern auch des Europarats, des Auswärtigen Amtes oder des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge präzise belegt hervor. Im Winter verschärft sich ihre ohnehin von extremer Armut geprägte Lebenssituation einschließlich der hohen Kindersterblichkeit dramatisch, da sie zum Teil in kaum beheizbaren Behelfssiedlungen leben müssen oder von Obdachlosigkeit bedroht sind. Die Abschiebung dermaßen schutzbedürftiger Personen lehnen wir entschieden ab. Ein erster Schritt zu einer humanitär begründeten Vermeidung von Härten stellt ein Winterabschiebestopp dar.

Friedrichshain-Kreuzberg, den 22.01.13

Bündnis 90/Die Grünen

Antragsteller: Dr. Wolfgang Lenk