Magnus Heise

Magnus Heise (Foto: Kilian Vitt)

Sozialpolitik ist neben Haushaltspolitik der politische Querschnittsbereich schlechthin. In Großstädten wie Berlin und insbesondere in hochverdichteten Innenstadtgebieten wie dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg fallen die verschiedenen sozialen Problemlagen als erstes auf.

Wohin wir gehen und sehen, begegnen wir Menschen, die sich in einer schwierigen Lebenslage befinden, weil sie ohne Obdach, Aufenthaltsstatus oder Arbeitserlaubnis sind. Allzu oft auch gleichzeitig. Das lähmt die betroffenen Menschen ungewollt. Sie rutschen ab in Resignation, Depression und oft auch Sucht und Kriminalität.

Schnell wird dann der Ruf nach vermeintlichen Lösungen laut, die selbstverständlich schnell erfolgen sollen und „doch ganz einfach sind“. Dabei verschiebt sich der Fokus zunehmend weg vom Menschen, hin zur „Sichtbarkeit“ des Problems, das „gelöst“ werden soll.

Hilfe zur Selbsthilfe

Für uns Grüne und mich als Bezirksverordneten steht fest: Die Sozialpolitik einer Gesellschaft, in der Armut und Reichtum so ungleich verteilt sind, wie wohl seit Beginn des 20. Jahrhunderts nicht mehr, muss dafür sorgen, den Betroffenen Hilfestellung zu geben, die sie zur Selbsthilfe befähigt. Einen wirkungslosen und kontraproduktiven Zwang darf es hier nicht geben. Zu dieser Selbsthilfe bedarf es niedrigschwelliger Angebote der öffentlichen Hilfesysteme. Ein zentrales Element ist die aufsuchende Sozialarbeit, die in unserem Bezirk bereits praktiziert wird, aber den Bedarf nicht abdeckt und dringend weiter ausgebaut werden muss. Die finanziellen Ressourcen hierfür kann der Bezirk alleine nicht aufbringen.

Entsprechende Forderungen an das Land wurden jedoch in den vergangenen fünf Jahren allzu oft überhört – oder wissentlich ignoriert. Es ist eine Illusion, dass es gelingen könnte, eine völlig drogenfreie Gesellschaft zu schaffen. Anstatt Zeit und Kraft für die Jagd nach diesem unerreichbaren Ziel zu verschwenden, müssen wir uns dringend damit beschäftigen, den Konsum aus dem öffentlichen Raum heraus in geschützte Räume zu verlagern, den Konsument*innen Hilfen zum Ausstieg zu geben, wenn sie es wünschen, und das Dogma des Vorrangs der Strafverfolgung zu durchbrechen. Prävention und Unterstützung müssen Vorrang haben vor Kriminalisierung, die nur mehr Probleme schafft als sie löst. So haben wir als Grüne uns dafür eingesetzt, die Öffnungszeiten von betreuten Konsumräumen deutlich auszubauen, da diese wichtigen Angebote aktuell nicht alle erreichen, die darauf angewiesen sind.

Hilfesysteme ausbauen

Wir bauen hierbei auf das, was Friedrichshain-Kreuzberg seit jeher ausmacht und hier gelebte Praxis ist: eine multiprofessionelle und multikulturelle Aufstellung der Hilfesysteme, die allen Menschen unabhängig von Herkunft, Sprache oder Aufenthaltsstatus eine Stütze sein kann, wenn sie sie benötigen. Wir können und wollen hier Vorbild für andere Bezirke sein.

Ich möchte daher in den nächsten fünf Jahren mit voller Kraft dafür streiten, dass Hilfesysteme ausgebaut und so unbürokratisch wie möglich gestaltet werden. Anstatt Symptome zu bekämpfen und das Problem lediglich aus dem Sichtfeld zu räumen, müssen wir zuallererst an hilfesuchende Menschen denken.

Magnus Heise, Bezirksverordneter


Dieser Artikel erschien zuerst im Stachel, der bündnisgrünen Parteizeitung in Xhain.