DS/1656/III
Mündliche Anfrage
Ich frage das Bezirksamt:
1. Wie hat das beauftragte Büro Spiekermann begründet, dass sie das Gutachten zurückziehen und inwieweit hält das Bezirksamt die vorgebrachten Gründe für stichhaltig?
2. Ist es möglich und üblich ein Gutachten einfach so, trotz abgeschlossener Verträge, zurückziehen und das Geld trotz geleisteter Arbeit zurück zu überweisen?
3. Wie bewertet das Bezirksamt die in der Presse vorgebrachten Vorwürfe, das Gutachten sei nur durch Druck und Einflussnahme des Senat zurückgezogen worden?
Nachfragen:
1. Wenn der Senat solches Interesse an dem Gutachten des Bezirks zeigt, frage ich das Bezirksamt, ob und wie das Planfeststellungsverfahren zur Verlängerung der A 100 betroffen ist?
2. Gedenkt das Bezirksamt mit dem rückgezahltem Geld ein neues Gutachten, bzw. eine neue Verkehrszählung in Auftrag zu geben?
Dr. Schulz:
Zu 1:
Will nicht ganz ins Detail gehen, aber im wesentlichen sind es zwei Argumentenblöcke, die von dem Büro vorgetragen werden. Ein Block bezieht sich darauf, dass es mit dem Ergebnis des Gutachtens eine parteipolitische Instrumentalisierung gegeben hätte. Was mich etwas wundert, weil der Auftrag ja vom BA Friedrichshain-Kreuzberg erteilt wurde und dass ja nun bekanntlicherweise nicht zu den Befürwortern des Bauabschnittes gehört, sondern im Gegenteil.
Ein weiterer Block bezieht sich darauf, welche Datengrundlage zugrunde gelegt worden ist für das Gutachten. Da ist ja insb. einmal die Verkehrszählung von 1998 dieses Knotens Elsenbrücke/ Stralauer Allee und zum zweiten sind dann natürlich noch die Daten des Planfeststellungsverfahrens genommen worden aus dem Jahre 2005 und 2007, die im rahmen des Planfeststellungsverfahrens und der Anhörung dann zur Verfügung gestellt sind.
Zu 2:
Es ist völlig unüblich, dass ein Gutachter sein Gutachtenergebnis anschließend zurück zieht verbunden mit der Bitte, dass Gutachten der Aktenvernichtung zu zu führen und gleichzeitig die Auftragssumme zurück zahlen will.
Die andere Frage, ob das möglich ist, das verstehe ich jetzt im rechtlichen Sinne, dazu kann ich nur eine vorläufige Einschätzung geben, weil wir das Rechtsamt gebeten haben, sich den Sachverhalt anzuschauen. Grundsätzlich ist es so, dass es ein Vertrag gegeben hat und bei dem Vertrag wurde die Summe bezahlt. Die ist auch bei dem Beauftragtenbüro angekommen und im Gegenzug hat es eine Leistung gegeben, nämlich das Gutachten. Auch das ist abgenommen und übernommen worden und damit haben wir das Eigentum am Gutachten erworben einschl. natürlich den Möglichkeiten, dass in der Öffentlichkeit zu verwenden und ähnliche Dinge.
Man muss ja auch noch hier hinzufügen, dass darüber hinaus das beauftragte Büro die fertigen Ergebnisse her in dem Ausschuss für Umwelt/Verkehr selbst vorgestellt hat und ich habe auch da noch mal nachgefragt und da wurde nicht irgendwie angedeutet, man gedenke möglicherweise morgen oder übermorgen nach der Sitzung das Gutachten wieder zurück zu ziehen.
Zu 3:
Das BA kann sich natürlich nicht zu irgendwelchen Vorwürfen, die nicht wirklich zu beweisen sind, äußern, aber es ist schon, wie soll ich das diplomatisch formulieren, höchst verwunderlich, nachdem ein Gutachten erstellt worden ist von einem sehr renommierten Büro, dass auch noch präsentiert wird und dann beinahe über Nacht das Büro feststellt, dass war alles völlig falsch und die Ergebnisse können nicht weiter vertreten werden. Die Ganze Arbeit muss eingestampft werden und wir geben auch das ganze Geld zurück. Das hat natürlich so einen ….und es wird sich zeigen, möglicherweise durch fleißige Journalistenrecherche, ob da etwas an diesen Vorwürfen dran ist.
Zur 1. Nachfrage:
Das ist völlig klar, dass die Ergebnisse dieses Gutachtens einen gravierenden Einfluss auf das Planfeststellungsverfahren bzw. des Planfeststellungsbeschlusses haben können, wenn die aufrecht erhalten werden können die Ergebnisse. Dann wäre eigentlich der Planfeststellungsbeschluss hinfällig.
Von daher gibt es natürlich ein großes Interesse von der Anhörungsbehörde, also der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, solche Daten nicht in der Landschaft zu haben. Das passt nicht in die politische Richtung. Für uns wiederum ist das von großer Bedeutung für die Situation, wenn wir in die Situation kämen, eine Klage gegen den Feststellungsbeschluss machen zu müssen. dann werden wir natürlich auf solche objektivierenden Aussagen eines Verkehrsgutachters angewiesen.
Zur 2. Nachfrage:
Das kann ich ihnen heute noch nicht, weil wir im Rahmen der rechtlichen Prüfung über das Rechtsamt klären wollen, ob möglicherweise eine Rückgabe der Vergütung eine Bestätigung des Wunsches des Büros darstellt, das ganze Gutachten sozusagen auf Null zu bringen und aus der Welt zu schaffen. Das kann ich ihnen nicht beantworten, das müssen mir dann die Fachleute aus dem Rechtsamt sagen.
Herr Dahl:
Wenn ich sie richtig jetzt richtig verstehe, auf die erste Frage, warum das nun zurück gezogen wurde, scheint es ja auch diffuse inhaltliche Verwerfungen zu geben. Taugt denn ein Gutachten, hinter dem der Gutachter aus welchen Gründen auch immer nicht mehr steht als Beweismittel in einem Verfahren. Wäre es da nicht vernünftiger, dass Angebot anzunehmen und ein neues Gutachten anfertigen zu lassen.
Dr. Schulz:
Aus meinen, etwas auch längeren Ausführungen zu der Situation, dass wir möglicherweise eine Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss machen müssen. das machen wir ja nicht freiwillig, sondern wenn ihre Stadtentwicklungssenatorin weiterhin entgegen des Beschlusses des Landes handeln sollte, wenn diese Situation eintritt, haben wir natürlich im Blick, ob wir dann mit diesem Rechtsgutachten noch rechtlich binden können. Das ist eben genau Teil der Prüfung durch das Rechtsamt.
Herr Salonek:
Würden sie denn einem Gutachter, der vielleicht ein Gutachten an das BA geliefert hat im nachhinein aber feststellen muss, er hat sich da in grober Weise geirrt. Würden sie dann solchen Gutachtern empfehlen, diese Irrtümer besser für sich zu behalten, damit das BA lieber nicht in Verwirrung gerät und einfach das, was es dann eben dann mit allen Fehlern bekommen hat, anwenden kann.
Dr. Schulz:
Das war jetzt etwas der Versuch, hier eine dialektisch-orientierte Frage zu stellen. Es ist viel einfacher. Der Gutachter sagt nicht, er hat sich verrechnet. Lassen sie mich es mal so flapsig sagen. Wenn man sagt, jetzt im Nachgang, ja aufgrund dieser, zur Verfügung gestellten Datenlage konnte er eigentlich nicht zu einem sachkundigen Urteil kommen.
Das ist eine andere Situation, dann müsste er nämlich auch sagen, ja die im Planfeststellungsverfahren zur Verfügung gestellten Daten aus 2007 dürfen nicht im weiteren verfahren benutzt werden, was auch nicht der Fall ist, sondern im Gegenteil. Dort wird basierend auf diesen Daten das weitere Planfeststellungsverfahren ja voran getrieben und noch ergänzt und erweitert, um den Beschluss herbei zu führen.
Friedrichshain-Kreuzberg, den 05.03.10
B’90/Die Grünen
Fragestellerin: Antje Kapek