Mündliche Anfrage gestellt von Maria Haberer, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur BVV am 11. Dezember 2024

Ich frage das Bezirksamt:

  1. Wie gestaltet sich aktuell das Verfahren, wenn eine Meldung auf mögliche Zweckentfremdung beim Bezirksamt eingeht?
  2. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, seit die Vorwürfe des Rechnungshofes dem Bezirksamt bekannt sind, um das Zweckentfremdungsverbot insbesondere die Zweckentfremdung von Wohnraum als Ferienwohnung, besser durchzusetzen?
  3. Welches Potential bei der Durchsetzung des Zweckentfremdungsverbots sieht das Bezirksamt in der Nutzung von digitalen Instrumenten wie dem Scraping*?

* Data Scraping bezieht sich auf den Prozess der automatisierte Datenauswertung, mit dem das Bezirksamt anlasslos große und sich ändernde Datenmengen aufwandsarm auswerten könnte.  Das Scraping würde den zuständigen Bezirksämtern unabhängig von einer etwaigen Mitwirkung der Online-Plattformen anlasslose Ermittlungen zur Feststellung unzulässiger Ferienwohnungsnutzungen unter Einsatz automatisierter Verfahren erlauben.

Es antwortet Oliver Nöll, Stellvertretender Bezirksbürgermeister, Abt. für Arbeit, Bürgerdienste und Soziales

zu 1. Wie gestaltet sich aktuell das Verfahren, wenn eine Meldung auf mögliche Zweckentfremdung beim Bezirksamt eingeht?

Die Meldung wird der/m zuständigen Sachbearbeiter/in übergeben. Diese/r prüft, ob zu dieser Wohnung bereits Verfahren geführt werden. Falls nicht, wird ein neues Amtsermittlungsverfahren durch Eingabe in das System angelegt. Je nach Fallkonstellation und Art der Zweckentfremdung wird die/der Eigentümer/in bzw. Mieter/in des betroffenen Wohnraums ermittelt oder vorhandene Daten überprüft. Ebenso werden weitere Beweise zum Verdacht der Zweckentfremdung gesammelt und gesichert. Bei Hinweisen zu möglichen Ferienwohnungsvermietungen erfolgt die Ermittlung im Internet zu möglichen Inseraten und die Sicherung von Beweisen.

Eine Ausweitung der Ermittlungen ist je nach Fallkonstellation möglich (Ortbesichtigungen, Einsicht im Bauaktenarchiv, Amtshilfeersuchen anderer Verwaltungsbereiche, z.B. Bau- und Wohnungsaufsicht, Befragungen von Nachbarn).

Es wird eine Papierakte angelegt.

Im Anschluss wird die/der Eigentümer/in oder die/der Mieter/in zum Vorwurf der Zweckentfremdung angehört. Je nach Antwort können weitere Ermittlungen notwendig sein, eine Einstellung des Verfahrens erfolgen oder das Verwaltungsverfahren fortgeführt werden, um den Wohnraum wieder Wohnzwecken zuzuführen (Rückführungsaufforderungen mit Zwangsgeldandrohungen). Im Verlauf des Verfahrens können Zwangsgelder festgesetzt werden, um eine Rückführung des Wohnraums zu erreichen.

Parallel zum Verwaltungsverfahren wird die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens geprüft. Hier muss die/der Beschuldigte zunächst angehört werden, bevor ein entsprechender Bußgeldbescheid erlassen werden kann.

Das Wohnungsamt ist bei der Führung der Verfahren auf die Einhaltung entsprechender gesetzlicher Fristen angewiesen. Im Verfahren gestellte Anträge, z.B. auf Genehmigung einer Zweckentfremdung, verzögern die Weiterbearbeitung eines Amtsermittlungsverfahrens, da diese prioritär zu bearbeiten sind.

Mögliche Widersprüche und/oder Klagen können ebenfalls Verzögerungen verursachen.

zu 2. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, seit die Vorwürfe des Rechnungshofes dem Bezirksamt bekannt sind, um das Zweckentfremdungsverbot insbesondere die Zweckentfremdung von Wohnraum als Ferienwohnung, besser durchzusetzen?

Die Überprüfung des Rechnungshofes zum Zeitraum 2018 – 2023 erfolgte stichprobenartig. Bereits in den vergangenen Jahren und somit vor Prüfung des Rechnungshofes wurden Maßnahmen getroffen, um die Wiederzuführung zu Wohnzwecken besser kontrollieren und folglich gewährleisten zu können. Nicht alle vom Rechnungshof getätigten Hinweise sind aus Sicht des Bezirksamtes umsetzbar, z.B. auf Grund rechtlicher Gegebenheiten (z.B. Überprüfung aller abgelehnten/zurückgenommenen Anträge auf Genehmigung einer Ferienwohnung), fehlender personeller Besetzung (Einleitung von massenhaften Ordnungswidrigkeitenverfahren) oder fehlenden technischer Voraussetzungen (Scraping).

Nach Vorlage des Rechnungshofberichts wurden die zuständigen Mitarbeiter*innen nochmals sensibilisiert und die festgestellten Problemlagen besprochen, um adäquat darauf reagieren zu können.

zu 3. Welches Potential bei der Durchsetzung des Zweckentfremdungsverbots sieht das Bezirksamt in der Nutzung von digitalen Instrumenten wie dem Scraping[1]*?

Durch das Scraping würden massenhaft Verfahren eröffnet und die zur Verfügung stehenden Daten geprüft werden müssen. Inwieweit hier vorab tatsächlich ein Filtern, z.B. nach tatsächlichem Wohnraum bzw. Gewerberaum technisch möglich ist, kann durch die AG Zweckentfremdung nicht beantwortet werden. Des Weiteren ist fraglich, ob durch das Scraping ein Rückschluss auf die Wohnungslage und die Daten des Inserierenden möglich sind. Ohne diese Grunddaten können Verwaltungsverfahren nicht geführt werden, sodass solche Amtsermittlungsverfahren mangels ausreichender Angaben wieder geschlossen werden müssten.

Grundsätzlich ermöglicht das Scraping, eine große Datenmenge nach bestimmten Kriterien zu durchsuchen, um mögliche Verstöße gegen das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz zu filtern. Eine entsprechende personelle Ausstattung zur Prüfung der Datenmengen und Führung der Verwaltungs- und Ordnungswidrigkeitenverfahren muss hierfür jedoch Voraussetzung sein.

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