Anfang Juni sind Wahlen zum Europäischen Parlament. Grund genug, einmal über den Tellerrand zu blicken und Ausschau nach weiteren grünen Parteien in Europa zu halten. Das Thema heute: Die griechischen Grünen
Bei einer Fahrt durch die Berliner Innenstadt sind sie kaum zu übersehen. Überdimensionierte Plakate der Griechischen Zentrale für Fremdenverkehr werben an Häuserfassaden für das Urlaubsparadies Griechenland. Sonne, Meer und Inselwelt lassen Fernweh aufkommen.
Ein flüchtiger Blick in die Tageszeitungen. Bei den kurz gefassten Meldungen im Auslandsteil stehen sie noch immer. Hinweise, dass bevorzugt in Athen oder Thessaloniki Scheiben von Banken und öffentlichen Einrichtungen zu Bruch gegangen seien und es hier und da zu Auseinandersetzungen der autonomen Szene mit der Staatsmacht gekommen wäre. Doch Griechenland lässt sich nicht auf diese beide Aspekte reduzieren. Es ist ein facettenreiches Land, das nicht nur aus Ouzo und Molotowcocktails besteht. In den letzten Jahren kam beispielsweise eine gewisse Dynamik in die Parteienlandschaft. Noch dominieren die beiden einflussreichen Blöcke Nea Dimokratia (für das konservative Spektrum stehend) und PASOK (für ein sozialdemokratisches Klientel werbend) das politische Hellas. Eine wachsende Zahl an Wählerinnen und Wählern sucht allerdings Alternativen für sich. Wo positioniert sich da die grüne Partei des Landes? Sie existiert und Grund genug sie zu wählen gäbe es allemal.
Leider ist das Bewusstsein für den Umweltschutz noch immer ein zartes Pflänzchen und linke Themen, wie beispielsweise eine kritische Sicht auf die NATO, werden bereits von etablierten Kräften dieses Spektrums besetzt. So ergab die Ende März veröffentlichte Umfrage eines Meinungsforschungsinstitutes, dass die Ökologen/Grünen bei anstehenden Urnengängen lediglich von 2,9 Prozent der Griechinnen und Griechen gewählt werden würden. Mit diesem Ergebnis hätten sie den Einzug in das nationale Parlament aufgrund einer Drei-Prozent-Hürde knapp verpasst. In der Wählergunst beliebter sind neben den beiden politischen Schwergewichten die Kommunistische Partei, das linke Wahlbündnis SYRIZA – eine Parteifahne aus diesem Bündnis wehte auch auf der Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht Demo im Januar in Berlin – und die rechtspopulistische Vereinigung LAOS. Zwar können sich die Ökologen/Grünen rühmen, die stärkste außerparlamentarische Kraft des Landes zu sein, doch wirklich tröstlich ist das nicht. Davon unbeeindruckt kündigte der Spitzenkandidat der Partei für die Wahl zum Europaparlament, Michalis Tremopoulos, an, die Ökologen/Grünen würde für den Fall eines Einzugs in das Griechische Parlament als Koalitionspartner sowohl für die PASOK als auch für die Nea Dimokratia zur Verfügung stehen. Eine Aussage, die nicht unbedingt mehr Wählerinnen und Wähler der Partei zuführen dürfte. Einem Mann scheint dies egal sein. Er heißt Ross Daly, ist irischer Musiker und leitet in seiner Wahlheimat Kreta einen Musikworkshop namens „Labyrinth“. Er tritt ebenfalls für die Ökologen/Grünen bei den Wahlen zum Europäischen Parlament an und verkörpert als „kretischer Ire“ wie kein Zweiter in der Partei den europäischen Gedanken.
Alexander Jossifidis