Nach Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf führt Friedrichshain-Kreuzberg 2008 den BürgerInnenhaushalt ein. Damit wollen die Grünen ab dem nächsten Jahr neue Maßstäbe setzen, wenn es darum geht, die Menschen im Bezirk an Entscheidungen zu beteiligen
Politik für die Menschen heißt Politik mit den Menschen. In kaum einer Kommune werden Bewohnerinnen und Bewohner schon jetzt so sehr in öffentliche Entscheidungen einbezogen, wie in Friedrichshain-Kreuzberg. Auch wenn Anwohnerinnen, Kritiker oder Bürgerinitiativen bisweilen eine noch stärkere Beteiligung etwa bei Baugenehmigungen, Parks oder Spielplätzen einfordern, so ist doch schon viel geschehen. Tabu war bisher vor allem die Frage, wie viel Geld der Bezirk wofür ausgebt. Das soll sich auf Initiative von Grünen und Linksfraktion im Bezirksparlament nun erstmals ändern. Ab 2008 wird unser Bezirk der dritte sein, der auf diese Form der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern setzt. Das beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Ende Mai, indem sie die langjährige grüne Forderung nach einem BürgerInnenhaushalt billigte. „Mit diesem Vorhaben setzt unserer Bezirk neue Maßstäbe“, kommentiert Kristine Jaath, grüne Haushaltspolitikerin in der BVV-Fraktion, weil das Friedrichshain-Kreuzberger Modell weiter geht als die anderen Berliner Pilotprojekte.
Mehr Mitsprache beim Geld
Nach den Plänen von Bürgermeister Franz Schulz (Bündnisgrüne) soll das Projekt BürgerInnenhaushalt schrittweise eingeführt werden. Zunächst wurde der Haushaltsplan verständlicher formuliert, damit ihn nicht nur Bezirkspolitiker oder Verwaltung verstehen können. In einem zweiten Schritt sollen bis April 2008 alle Bewohnerinnen und Bewohner – auch diejenigen ohne kommunales Wahlrecht -entscheiden können, wo und wofür bestimmte Mittel im öffentlichen Raum eingesetzt werden. Dies geschieht in einem Beteiligungsverfahren, das parallel in den acht Sozialräumen des Bezirks durchgeführt wird. Vorhandene Netzwerke von Projekten, Einrichtungen und Initiativen werden dabei einbezogen.
Nur 5 % frei verfügbar
In einer dritten Phase sollen bis zum Frühjahr 2009 alle BewohnerInnen von Friedrichshain und Kreuzberg den Haushaltsplan 2010 diskutieren. Dabei ist das Ziel von Bürgermeister Schulz ein Verfahren, das auf die Erfahrungen aus Stufe zwei aufbaut und möglichst viel direkte Demokratie und umfassende Beteiligung ermöglicht. Mittels BürgerInnenhaushalt können die Menschen im Bezirk dann weitgehender als je zuvor aktiv Einfluss auf die Kommunalpolitik nehmen und sich in das öffentliche Leben einmischen. Die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg haben dieses basisdemokratische Element immer unterstützt. Trotzdem bleibt aus grüner Sicht ein Wermutstropfen: Nur über maximal fünf Prozent des Geldes, das der Bezirk ausgibt, kann frei verfügt werden. Denn der Großteil des Haushaltes besteht aus so genannten Transferleistungen wie beispielsweise Sozialgeld, Wohngeld, Hilfen zur Erziehung oder Personalausgaben, die in der vorbestimmten Form eingesetzt werden müssen.