Vattenfall will in Berlin anstelle des verhinderten Kohlekraftwerks ein Biomassekraftwerk bauen. Für letzteres bestünde ein enormer Bedarf an Holz – doch kann dieser Bedarf nachhaltig gedeckt werden?
Derzeit wird Berlins Wärmeversorgung zum größten Teil mit Braun- und Steinkohle, Gas und Öl gewährleistet. Wenn wir die internationale Klima-Expertise ernstnehmen, muss Berlin bis 2050 90 bis 95 Prozent (im Vergleich zu 1990) seiner Treibhausgas-Emissionen einsparen. Das bedeutet für den Gebäudebereich in Berlin, dass bis 2050 alle Gebäude auf die effizienteste Weise saniert und der verbleibende Energiebedarf zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden muss. Und in Zahlen: Der CO2-Ausstoß fossiler Energien für 15.000 MWth (derzeitiger Gesamt-Wärmeenergiebedarf Berlins) muss nahezu vollständig durch energetische Sanierung und den Einsatz erneuerbarer Energien eingespart werden.
Weil die Energieeinsparung zentraler Baustein zur CO2-Einsparung ist, hat der BUND Berlin gemeinsam mit IHK und Mieterverein in der Debatte um das Klimaschutzgesetz ein Stufenmodell entwickelt, auf dessen Basis die energetische Sanierung ambitioniert und sozialverträglich möglich werden könnte. Aber auch die Energieerzeugung muss Schritt für Schritt von fossilen auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung war es, durch breiten gesellschaftlichen Widerstand das von Vattenfall geplante Kohlekraftwerk in Lichtenberg zu verhindern.
Vattenfall plant nun ein Projekt, das auf den ersten Blick mit dem Einsatz eines erneuerbaren Rohstoffs in die richtige Richtung zu gehen scheint, beim zweiten jedoch viele Fragen und Probleme aufwirft: den Bau eines Biomassekraftwerks, das mit Holz gespeist wird. Der Bedarf an Holz dafür ist enorm: Mit dem Biomasseheizkraftwerk in Lichtenberg mit einer Wärmeleistung von 150 MWth und für die Substituierung von Kohle in zwei Berliner Heizkraftwerken bestünde ab 2016 ein Gesamtbedarf von ca. 1,3 Millionen Tonnen Holz pro Jahr. Woher aber soll das Holz dafür kommen? Vattenfall gibt drei Quellen dafür an: Kurzumtriebsplantagen, Resthölzer aus regionalen Wäldern bzw. Baumschnitt einzelner Berliner Bezirksämter und der internationale Holzmarkt. Aber obgleich sowohl in Berlin als auch Brandenburg noch Potential zur effizienteren Nutzung von Biomasse besteht, ist klar: Aus der Region ist dieser Bedarf an Holz derzeit nur zu einem geringen Teil nachhaltig darstellbar.
Der internationale Holzmarkt ist jedoch gespickt von illegalem Holzhandel und Raubbau – zu Lasten der Biodiversität und einhergehend mit schwerwiegenden sozialen und ökologischen Problemen.
Bisher gibt es weder auf deutscher noch auf europäischer Ebene Nachhaltigkeitskriterien für feste Biomasse. Der Einsatz von Holz für die Berliner Energieversorgung ist jedoch nur vorstellbar, wenn es nach unabhängig entwickelten und kontrollierten Nachhaltigkeitskriterien produziert wird.
Heide Schinowsky, Stellvertretende Vorsitzende des BUND Berlin