DS/2223/IV Mündliche Anfrage
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg
Abt. Familie, Gesundheit und Personal
Die Anfrage beantworte ich wie folgt:
1. Wie war das Bezirksamt bei der Organisation und Durchführung des diesjährigen
MyFests involviert?
Für das Bezirksamt und die Myfest-Crew war die nach über zehn Jahren veränderte Positionierung der Polizei hinsichtlich der rechtlichen Einordnung des MyFestes ein Schock – war somit einer Fortsetzung der bisherigen erfolgreichen Kooperation zwischen Crew – Bezirk – Polizei der Boden entzogen. Mit dieser Entscheidung, die dem Bezirk im Übrigen trotz mehrfacher Nachfragen noch immer nicht schriftlich vorliegt, begann ein zähes Ringen auf ganz unterschiedlichen Ebenen.
Es gab eine Vielzahl von Gesprächen auf Spitzenebene zwischen Bezirksamtsmitgliedern, Innenverwaltung, dem Polizeipräsidenten und der Leitung der zuständigen Direktion und dem Justiziar. Es haben Runden mit der MyFest-Crew und dem Bezirksamt – teilweise mit Beteiligung der Polizei, teilweise ohne deren Beisein stattgefunden.
Es gab den Versuch, einen quasi staatlichen Veranstalter zu gewinnen.
Darüber hinaus gab es auf Mitarbeiterebene zu bestimmten Zeiten „Standleitungen“ via E-Mail und Telefon zum Vorstand des MyFest e.V. und zu einzelnen Bühnenmacherinnen und -machern. Es wurden durch den seit vielen Jahren mit der Aufgabe betrauten Mitarbeiter offizielle und weniger offizielle Gespräche mit Vertretern anderer Behörden geführt. Der Kollege fasste die Zeit von Herbst 2015 bis zum 1. Mai 2016 hinsichtlich seiner Arbeitsbelastung auch in den Abendstunden und an Wochenenden in Sachen MyFest mit den Worten zusammen „So anstrengend und nervenaufreibend war das noch
nie!“ Das Bemühen des Kollegen um das MyFest wurde im Übrigen im Plenum des Abgeordnetenhauses durch den Innensenator gewürdigt – das passiert der Bezirksverwaltung Friedrichshain-Kreuzberg ehr selten und spricht für sich.
Ziel aller dieser Bemühungen war es, ein realistisches Konstrukt zu finden, bei dem auf möglichst viel Bewährtes zurückgegriffen werden kann, das dennoch das Wohlwollen und die Unterstützung der Polizei erfährt und das rechtlich möglichst nicht angreifbar ist. Dabei sollte die persönliche Verantwortung der Mitglieder des MyFest e. V. in einem verantwortbaren Rahmen bleiben. In dieser Richtung drängte das Bezirksamt die Polizei auch zu einer letztlich positiv veränderten Bewertung der Frage, „Ist das, was dort am 1. Mai stattfindet politisch?“
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es ohne die Unterstützung des Bezirksamtes ein MyFest 2016 wahrscheinlich nicht gegeben hätte. Als dann klar war, dass es eine entsprechende Veranstaltung geben wird, war es eigentlich fast schon zu spät dafür. Hier wurden dann in kürzester Zeit durch verschiedene Bereiche des Bezirksamtes erhebliche Dinge bewegt und vorangebracht. Das gilt auch für den 1. Mai selbst.
Nur auszugsweise sollen hier folgende Punkte genannt werden:
Das Bezirksamt war an zahlreichen Vorgesprächen und Sicherheitsgesprächen im Abschnitt 53 vertreten.
Die Vergabe der Stände der Anwohnerinnen und Anwohner wurde durch die Mitarbeiterinnen der ZAB und das BzBm-Büro quasi in einer konzertierten Aktion umgesetzt.
Die Abfallsäcke der BSR für die Stände mussten organisiert werden.
Die Leitung des Ordnungsamtes hat an mehreren, unter hohem Zeitdruck geführten Koordinationsgesprächen sowohl mit Vertretern der Direktion 5, des Abschnitts 53 und der MyFest-Crew teilgenommen.
Es gab zahlreiche bezirksamtsinterne Abstimmungsgespräche zwischen Verwaltungsbereichen. Das Thema war unter anderem regelmäßiger Besprechungspunkt in den Bezirksamtssitzungen.
Eine Allgemeinverfügung zur Untersagung des Verkaufs von Glasflaschen und Getränkedosen für das Gebiet und das Umfeld wurde erlassen.
Es konnte die Fa. Zapf für die Einrichtung der zwingend erforderlichen Asservatenstelle gewonnen werden. Auch wurde mit der Leitung der Nürtingen-Grundschule über zusätzliche Asservatenräume verhandelt und diese wurden zur Verfügung gestellt.
Die Straßenverkehrsbehörde erließ die vom MyFest e.V. beantragte Erlaubnis für die Sondernutzung des öffentlichen Straßenlandes.
Gewerbetreibende, die aus den vorangegangenen Jahren besonders durch ordnungswidriges Verhalten aufgefallen waren, erhielten durch das Ordnungsamt sogenannte „Gefährderansprachen“.
Am Festtag waren 24 Beschäftigte des Außendienstes zur Überwachung der Einhaltung der Parkverbote im Einsatz.
Weitere 12 Beschäftigte überwachten gemeinsam mit Dienstkräften der Polizei die Einhaltung des Glasflaschen- und Getränkedosenverkaufsverbots, sowie die Einhaltung des Berliner Ladenöffnungsgesetzes im Feier/Versammlungsgebiet.
Zwei Beschäftigte bestreiften in Begleitung einer vom Straßen- und Grünflächenamt (SGA) engagierten Sicherheitsfirma den Görlitzer Park.
Zwei Beschäftigte des Umweltamtes bestreiften insbesondere das Gebiet Lausitzer Platz und Spreewaldplatz zur Überwachung der Einhaltung des Landesimmissionschutzgesetzes und Unterbindung illegaler Beschallung des Feier/Versammlungsgebietes.
Ein weiterer Mitarbeiter der Bezirksverwaltung war darüber hinaus den ganzen Tag im Bereich unterwegs und unterstütze Polizei, Ordnerdienste und Anmelder mit seinen Erfahrungen aus den Vorjahren.
2. Wie erklärt sich das Bezirksamt Verlautbarungen der MyFest-Crew auf Facebook, dass
sie vom Senat, aber auch vom Bezirk allein gelassen worden sei?
Diese Positionierung hat das Bezirksamt auch irritiert. Auf Nachfrage beim Vorstand des MyFest e.V. wurde dem Bezirksamt mitgeteilt, dass es sich hier um eine Einzelmeinung handelt, die vom Verein so nicht mitgetragen wird.
Der Autor erklärte – angesprochen auf das Posting – er hätte sich missverständlich ausgedrückt. Ihm sei es um einen Hinwies darauf gegangen, dass sich die aus den Vorjahren gefestigte Art der gemeinsamen Verantwortungsübernahme in 2016 nicht hat fortsetzen lassen. Das Bezirksamtskollegium bewertet diese Verlautbarung daher nicht über, wird sie aber in einem Termin mit dem Verein Anfang Juni dennoch zur Sprache bringen.
3. Wie wird in Zukunft die Beteiligung des Bezirksamtes an der Organisation und Durchführung des MyFestes aussehen?
Das hängt zunächst in entscheidendem Maße davon ab, wie sich der MyFest e.V. hier positioniert und welche Richtung die Entwicklung nehmen wird.
Die Frage wird ebenfalls Gegenstand des oben angesprochenen Termins Anfang Juni sein.
Aus Sicht des Bezirksamtes sollten zwingend auch die Positionen der Anwohnerinnen und Anwohner in den weiteren Diskurs einfließen.
Nachfrage:
1. Inwieweit hat sich aus Sicht des Bezirksamtes, der MyFest-Crew und der Anwohnerschaft das neue „Insel-Konzept“ des MyFests bewährt?
Letztlich ist das entwickelte Konzept in 2016 aufgegangen. Ein Bestandteil dieses Konzeptes war eine Verringerung der Bühnenanzahl und der Verkaufsstände der Anwohner in den Versammlungsbereichen. Daraus hat sich zumindest optisch der in der Frage wiedergegebene Eindruck eines „Insel-Konzeptes“ ergeben. Das Bezirksamt hatte hier im Vorfeld dahingehend Bedenken, dass sich zwischen den Versammlungsbereichen
rechtlich nicht klar definierte Bereiche befunden haben. Die Sorgen haben sich zum Glück nicht bewahrheitet – die genannten Bereiche haben im Gegenteil zu einer hinsichtlich der
Besucherdichte deutlich entspannteren Situation beigetragen. Bei den Überlegungen für 2017 sollte diese Frage jedoch aus Sicht des Bezirksamtes mitbedacht werden.
Grundsätzlich kann gesagt werden, dass ein Konzept mit vielen verschiedenen Standorten für Veranstaltungen verschiedener Art und für verschiedene Zielgruppen ein außerordentlich spannender Ansatz ist. Ob diese Orte dann durch ein übergreifendes Konzept umrahmt werden sollten bzw. müssen ist eine Frage, die diskutiert werden wird.
Eine Einschätzung der MyFest-Crew zu dieser Frage liegt dem Bezirksamt noch nicht vor.
Hinsichtlich der Bewertung durch Anwohnerinnen und Anwohner kann das Bezirksamt heute ebenfalls keine verlässliche Aussage treffen – hier muss der Monat Mai ggf. abgewartet werden, um zumindest Aussagen zur Entwicklung des Beschwerdeaufkommen treffen zu können. „Gefühlt“ gab es in 2016 zumindest deutlich weniger negative Zuschriften zur Situation im geordneten Veranstaltungsbereich an das Bezirksamt.
Monika Herrmann
Friedrichshain-Kreuzberg, den 26.05.2016
Bündnis 90/Die Grünen
Fragesteller: Jonas Schemmel