DS/1867/IV Mündliche Anfrage

Ich frage das Bezirksamt:

1. Welche Genehmigungen oder Duldungen lagen für den Betrieb der „Neuen Heimat“ vor?

2. Medienberichten war zu entnehmen, dass ein von den Betreibern gestellter Bauantrag
durch das Bezirksamt nicht genehmigt werden sollte. Was wurde genau beantragt?

3. Hätte der Betrieb der „Neuen Heimat“ in der bisherigen Form, also z.B. mit dem sogenannten Streetfood-Markt, bei Erfüllung der Brandschutzauflagen weiterlaufen können?

Beantwortung: Herr Panhoff

zu Frage 1 und 2:
Einfach eine schwierige Antwort, möchte ich mal vorwegstellen. Also das ist ein
bisschen schwierig, aber ich versuche es. Also es liegt eine bauaufsichtliche Genehmigung für eine Sonderveranstaltung am 07./08. Mai 2015 bei, in der Yellow Lounge, das ist Halle 13.2 für Konzerte der Anne-Sophie Mutter vor. Das wird ja auch öfter zitiert, dieses Event. Weitere bauaufsichtliche Genehmigungen liegen nicht vor oder in anderen Worten: Die Neue Heimat ist im Spätherbst 2014 in Betrieb gegangen ohne überhaupt irgendeine Genehmigung. Keine Baugenehmigung, kein geprüfter Brandschutz, nichts.

Daraufhin sind wir interveniert, weil es auch eine Anzeige gab wegen der illegalen Nutzung, kann man nicht anders sagen, und auch der Lautstärke, die von dort ausging. Daraufhin ist die Bauaufsicht dort gewesen, die haben ein Ordnungswidrigkeitsverfahren
eingeleitet. Das war jetzt nicht so teuer, das wurde gleich bezahlt, aber es wurde leider nicht darauf reagiert. Also es gab dann weiterhin keinen Antrag und weiterhin keinen geprüften Brandschutz. Daraufhin haben wir ein zweites Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, das kostete dann schon 5.000,00 EUR. Die müssen wir uns jetzt erst mal vor Gericht erstreiten, weil die wurden nicht bezahlt.

Und dann haben die Betreiber im April 2015 endlich wenigstens ein geprüftes
Brandschutzkonzept vorgelegt. Das heißt also eine Genehmigung, eine Baugenehmigung,
eine klassische, die gab es zu dem Zeitpunkt immer noch nicht, aber es gab zumindest diesen geprüften Brandschutz, dieses geprüfte Brandschutzkonzept.

Und in Berlin ist es ja so, dass nach der Novellierung der Bauordnung staatlich geprüfte Brandschützer quasi die Funktion einer Bauaufsicht für Brandschutz ausüben. Das heißt, wir hatten damit also zumindest mal die Möglichkeit, eine Duldung auszusprechen, allerdings mit der Maßgabe, dass, bitte sehr, möglichst zügig auch die Auflagen, die baulichen Auflagen umgesetzt werden des Brandschutzes, was aber nicht erfolgt ist und das Datum lief bis zum 07. August, diesen Sommer also und dass die Baugenehmigung eingereicht wird. Die lag auch bis dahin nicht vor.

So, das war dann die Situation. Der Brandschutz lief aus, der vorläufige, weil der ja nicht auf baulichen Maßnahmen beruhte, sondern auf organisatorischen, sprich, es mussten Brandwachen eingesetzt werden und es sind ein paar Nebenbedingungen formuliert worden, z. B. komplette Nichtnutzung der benachbarten Hallen, was nach unseren Informationen jedenfalls nicht immer eingehalten wurde und auch keine Brandlasten im Außenbereich.
Dann habe ich am Tag vor Auslaufen des vorläufigen Brandschutzes einen Termin gehabt mit Betreiber, mit Architekt und dazugesellt hat sich auch einer der Eigentümer, der sich als Berater der Betreiber ausgegeben hat, aber nicht als Eigentümer, obwohl er Geschäftsführer eigentlich der Eigentümergemeinschaft …, aber das ist sehr schwierig zu verstehen mit den Rollen. Jedenfalls habe ich klargemacht, dass wenn die jetzt keine Verlängerung des geprüften Brandschutzes beischaffen können, wir die Halle zumachen.

Da wird ein unmittelbarer Zwang ausgeübt. Wogegen allerdings ja von deren Anwälten, die haben gemeinsam einen Anwalt, die Betreiber und die Eigentümer, schon Einspruch eingelegt haben. Damit sind wir derzeit auch vor Gericht.

Dann habe ich gesagt, na gut, also wenn ihr jetzt hier einen geprüften Brandschutznachweis bringt, dann bin ich bereit, die Duldung noch etwas zu verlängern, um noch Zeit einzuräumen wegen der Baugenehmigung, aber auch zur Umsetzung der Brandschutzmaßnahmen, und zwar baulich. Und ob da immer Brandschutz so war, weiß ich ja nicht, wir können ja auch nicht die ganze Zeit kontrollieren. Allerdings ist das dann auch das persönliche Risiko des staatlich geprüften Brandschutzexperten, der sozusagen seinen Prüfstempel auf das Konzept raufgemacht hat.

Er hat also sich entschieden, dieses vorläufige Brandschutzkonzept zu verlängern bis zum 07. November. Das gibt uns die Möglichkeit, jetzt erst noch mal eine Verlängerung der Duldung vorzunehmen. Die habe ich dann auch entsprechend ausgesprochen und erwarte, dass der Brandschutz umgesetzt wird baulich und wir werden dann auch sehen, was bei diesem Baugenehmigungsverfahren rauskommt.

zu Frage 3:
Also in Halle 13 Flächen für Gastronomie, für Ausstellungen, für Events und gelegentliche
Musikdarbietungen. Damit ist aber nicht gemeint Anne-Sophie Mutter, sondern wie Sie wissen aus der GEMA- Diskussion, die uns hier auch schon beschäftigt hat, sind Musikdarbietungen, wenn ein DJ Platten abspielt, der als Musiker arbeitet. Der wird als Musiker behandelt aus GEMArechtlichen Gründen und wenn dann 850 Leute zufällig in der Halle sind, weil der Musiker vielleicht bekannt ist und die dann anfangen sich zu bewegen, was manche Menschen vielleicht als Tanz interpretieren würden, dann kann man da nichts machen und das ist genau der Weg, wie dann argumentiert wird, dass es ja gar kein Club ist, sondern das sind Musikdarbietungen, wo sich aber Menschen unkontrollierter Weise dazu bewegen, und zwar geht es um die Öffnungszeiten von
12.00 Uhr bis 6.00 Uhr morgens des Folgetages.

Das veranlasst uns zu glauben, dass es sich den Charakter und der Nutzung nach der Betriebsbeschreibung nach doch planungsrechtlich um eine Vergnügungsstätte handelt und die Vergnügungsstätten, auch in dieser Größe vor allem, lassen wir dort nicht zu. Das gibt das Planungsrecht nicht her. Aber auch dagegen ist ja schon Einspruch erhoben worden durch den Anwalt. Das ist ein Ku’Damm-Büro, die sind also gut vertreten, die Betreiber und die Eigentümer zusammen. Wir werden das vermutlich dann am Ende vor Gericht austragen. Herr Baasen ist da, der hört das gern, dass wir immer was zu tun haben an der juristischen Front.

zu Frage 4:
Ja, gut. Es ist ja so im Moment auch, aber natürlich ist es so, dass für eine endgültige
Genehmigung dann der Bauantrag genehmigt werden muss. Ich habe die Inhalte gerade angeführt und wenn der nicht genehmigt werden kann, wir werden ja, wie gesagt, noch mal ein Gespräch dazu führen, dann wird am Ende, also nach dem 07. November auch Schluss sein mit der Duldung, weil wir keine …, also Dauerduldung machen können von temporären Brandschutzkonzepten.Das ist dann wäre es dann erstmal von meiner Seite.

Herr Schwarze:
Sie haben gerade angesprochen, dass es bereits einen Rechtsstreit gibt über diese Versagung, was die Baugenehmigung oder das vermutlich Gestellte dann angeht. Mich
würde interessieren, welche Auswirkungen das dann jetzt hätte für das Gelände und für die anderen Nutzer auch, wenn dort dann doch so ein Betrieb im Widerspruch oder vom Gericht dann zugelassen werden würde?

zu Nachfrage 1:
Ja, das ist nicht so ganz einfach zu beantworten. Also mit der Genehmigung wäre
zum einen verbunden eben die Rückfolgerung, um was für ein Gebiet es sich dort handelt. Es gibt ja auch gleichzeitig von den gleichen Eigentümern auch noch eine Klage gegen den Bezirk, die er erst mal verloren hat vor dem Verwaltungsgericht, nämlich dort Wohnungsbau zu machen.

Auch die Senatsverwaltung ist dem Bezirk gefolgt, dass Wohnungsbau dort nicht das Thema ist. Also der gleiche Eigentümer, der jetzt vor Gericht zieht, um eine Vergnügungsstätte durchzusetzen, steht vor dem anderen Gericht, um Wohnungsbau durchzusetzen. Sie wissen, Wohnungsbau und Vergnügungsstätten, das ist wirklich nachgewiesenermaßen inkompatibel, also das geht nicht. Aber wir wissen ja jetzt auch nicht, wo der Eigentümer hin will, der versucht wirklich alles, würde ich mal sagen.

Und dann ist es so, wir wissen, also ich kann jetzt als Stadtrat, der verantwortlich ist für das Umweltamt ja auch sagen, das Gelände insgesamt gilt als „verlärmt“, und zwar im Übermaß. Es ist teilweise auch nicht mehr eindeutig feststellbar, von wo der Lärm kommt, so dass man Lärmverstöße gar nicht mehr verfolgen kann. Also wir brauchen flink eine Regelung, um die Lärmbelästigung des Gesamtgeländes zurückzufahren, aber auch kontrollierbar zu machen, so dass dann diejenigen, die sich daran halten, auch ihre Aktivitäten verfolgen können und die, die dagegen verstoßen, und zwar ich sage auch zu Lasten der anderen und auch zu Lasten der Bewohnerschaft da drum herum, dann entsprechend zur Rechenschaft gezogen werden können.

Deswegen wäre es doch sehr gut, wenn jetzt nicht im Vorgriff auf das  Bebauungsplanverfahren, was wir gerade anschieben, wir sind in der Phase, ein Büro auszuwählen, um dann einen BPlanverfahren zu machen, was ja den BVV-Beschluss hier auch dann umsetzen soll, das ist ein Vorgriff darauf und alle möglichen Genehmigungen erteilen, von denen wir die nächsten 10 oder 20 Jahre nicht mehr runterkommen, das wäre schon eine ziemlich missliche Lage.

Herr Weeger:
Ich wollte noch nachfragen, weil es nicht ganz klar geworden ist: Wenn jetzt die
Betreiber und Besitzer, weil das scheint ein Eigentümerkonglomerat zu sein, der Neuen Heimat einen neuen Bauantrag stellten, der dem entspräche, was in der Öffentlichkeit kolportiert wird, was dort stattfinden soll angeblich im Gegensatz zu einem 850-Mann-Club. Wäre dann ein solcher Bauantrag genehmigungsfähig? Also Street-Food-Market und Tagesbetrieb.

zu Nachfrage 2:
Also wir haben in dem Prozess der Baugenehmigung oder Stellung des Bauantrags
deutlich gemacht, dass wir das ganz deutlich abhängig machen von der Nutzungsart und vor allem auch von den Nutzungszeiten. Und die Nutzungen, die bis morgens um 6.00 reichen, kann man nicht mehr als normale Ausstellung oder als normale … ja, Marktveranstaltung klassifizieren.

Also der Street-Food-Market wäre nach unserer Auffassung kompatibel, weil er keine Vergnügungsstätte darstellt. Auch der Weihnachtsmarkt, der da stattgefunden hat, Herr Husein, ist genehmigungsfähig, planungsrechtlich und sowieso sind wir dafür, dass Weihnachtsmärkte stattfinden.

Friedrichshain-Kreuzberg, den 23.09.2015
Bündnis 90/Die Grünen
Fragesteller: Julian Schwarze

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