DS/0063/IV
Mündliche Anfrage
Ich frage das Bezirksamt:
1.) Werden im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die Kontrollen von Tageseltern durchgeführt, die sich auf die neuen Anforderungen der EU-Verordnung Nr. 178/2002 beziehen oder sind solche in nächster Zeit geplant?
2.) Die EU hat mittlerweile betont, dass Tageseltern von dieser EU-Norm nicht erfasst sind; auf welcher rechtlich gesicherten Grundlage stehen die Rundschreiben, die die Bezirke anweisen, Tageseltern wie „Gastwirte“ zu behandeln und entsprechend zu kontrollieren?
3.) Was würde eine restriktive Anwendung der Rundschreiben für die betroffenen Tageseltern und ihre praktische Arbeit bedeuten?
Nachfragen:
1.) Ist es absehbar, ob und wenn ja wie viele Tageseltern aufgrund dieser neuen Entwicklung ihre Tätigkeit beenden werden und wie viele Betreuungsplätze dies betrifft?
2.) Gibt es bereits Überlegungen, wie die betroffenen Tageseltern unterstützt werden können, um Schließungen zu vermeiden, und wie werden die Bezirke dabei durch die entsprechenden Senatsverwaltungen unterstützt?
Beantwortung: Frau Herrmann
Zu Frage 1:
Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg führen wir jetzt seit Anfang 2012 die Kontrollen durch. Allerdings hat es im Vorfeld eine sehr enge und vor allen Dingen auch sehr gute Absprache mit dem Veterinär- und Lebensmittelamt gegeben, so dass beide Bereiche letztendlich sehr im Sinne der Tagesmütter versuchen zu agieren.
Zu Frage 2:
Die Grundlage, die hier in Berlin genommen wird zur Umsetzung der EU-Richtlinie ist entwickelt worden zwischen der Senat Jugend und Senat Gesundheit Senatsverwaltung und zwar der letzten Legislaturperiode. Gemeinsam mit dem bezirklichen Veterinär- und Lebensmittelämtern haben sie einen Leitfaden für die Lebensmittelhygiene in der Kindertagespflege erarbeitet und dieser Leitfaden gilt letztendlich als Handlungsweg und basiert auf den Lebensmittelhygienevorschriften des Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.
Zu Frage 3:
Der relativ aktuelle Streit zwischen der EU und dem Land Berlin ist noch nicht ausgefochten. Ich werde am Freitag auch in der Stadträtesitzung da noch mal nachfragen, wie es nun ausschaut. Zur Zeit ist es so, wie es auch in den Zeitungen steht. In Berlin werden die Kontrollen durchgeführt und die Idee der EU, dass man das alles falsch verstanden hat und das eigentlich nur ein Ermessen sei usw. wird in Berlin weiterhin nicht geteilt. Nichtsdestotrotz war auch die Senatsverwaltung für Jugend in Berlin sehr aufgeregt letztendlich.
Es ist natürlich klar, dass wir die Plätze auch brauchen und fanden das auch komplett überzogen. Und der Vorwurf, der in der Presse zum Teil gemacht worden ist, dass Berlin es ganz besonders restriktiv handhaben möchte, den sehe ich nicht bestätigt, weil es eher versucht worden ist, eben es sozusagen tatsächlich die Ermessensspielräume auszunutzen und es eher zu entspannen als zu verschärfen. Und deswegen hat es eben bereits im letzten Jahr mehrere Gespräche auf ganz verschiedenen Ebenen, wie ich eben auch angesprochen habe, gegeben.
Zu Frage 4:
Ich habe schon angedeutet, dass wir eigentlich keine Sorge haben müssen, dass uns Tagesmütter abspringen, weil wir hier halt im Bezirk, wie es im Sinne des Landes Berlins auch ist, eben versuchen, alles möglich zu machen, um einerseits dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist, aber eben auch nicht mehr. Das heißt also, unsere Kontrolleure und Kontrolleurinnen gehen mit dem Blick sozusagen in die Häuser rein, dass der Bestand der Tagesmütter nicht zu gefährden ist, sondern dass man eher gemeinsam eben guckt, was erforderlich ist und was nicht.
Würde es sehr restriktiv sein, da hat es natürlich dann ganz absurde Geschichten. Also noch mal einen dritten Kühlschrank, fünf neue Waschbecken etc., ich spitze es ein bisschen zu, aber ich glaube bis zum äußersten wird es hier in Berlin nicht kommen, zumindest auch bei uns im Bezirk nicht.
Wenn Mängel festgestellt werden, was ja durchaus sein kann, dann wird es gemeinsam mit dem Jugendamt, also wird es gemeinsam mit dem Jugendamt besprochen und das Jugendamt selber bespricht es dann auch mit den Tagesmüttern, was zu verändern ist. Wir denken auch, dass man mit dem Land Berlin dann verhandeln muss, falls tatsächlich was neues angeschafft werden muss oder umgebaut werden muss, dass wir dann auch finanzielle Unterstützung bekommen, weil der Bezirk das von sich aus nicht wird stemmen können.
Was auch noch mal suggeriert worden ist durch diese neue Richtlinie und vor allen Dingen auch durch die Berichterstattung, dass niemand sich angeguckt hat, wie eigentlich die hygienischen Zustände der Tagesmütter aussehen, also in den Wohnungen aussehen. Und das ist natürlich absoluter Blödsinn. Die Jugendämter haben ja die Aufgabe der Betriebserlaubnis. Das heißt also, die Jugendämter gucken natürlich, ob die Betriebserlaubnis erteilt werden darf oder nicht.
Das heißt also, es gibt da sehr wohl seit vielen Jahren letztendlich eben genau diese Begehungen, auch der Wohnungen. Es gibt regelmäßige Stichproben. Von daher kann ich glaube ich relativ sicher sagen, man darf nie sagen 100%, aber fast 100%ig sagen, dass wir keine hygienischen Katastrophen bei uns haben. Ob wir allerdings diese Sondertatbestände wie noch ein Waschbecken etc., das ist aber noch mal, das steht noch mal auf einem ganz anderen Blatt, aber dass die hygienischen Zustände bei den Tagesmüttern im Sinne unserer Kinder, dass die irgendwie fragwürdig waren, das kann ich nur sagen, das kann ich für unseren Bezirk wirklich weit von mir weisen und da hat es immer schon eine gute Kooperation zwischen Tageseltern und Jugendamt gegeben.
Die Sondertatbestände, die jetzt durch die EU-Richtlinie kommen gut, das muss man dann allerdings auch noch mal diskutieren, was ist davon Unsinn und sinnig. Das ist allerdings eine Landesfrage und nicht nur eine Frage, die letztendlich der Bezirk alleine lösen kann.
Wir haben im Moment, im Moment eine nicht zu sehr aufgeregte Situation, weil wir eben auch schon im November sozusagen Veranstaltungen gemacht haben mit den Tageseltern um sie darauf vorzubereiten, auf die neue EU-Richtlinie, es mit ihnen auch diskutiert haben, so dass wir im Moment keine Anzeichen sehen, dass Tageseltern diese Aufgabe nicht mehr machen wollen, weil sie Sorge haben. Allerding ist natürlich auch die Unsicherheit, was passiert, wenn der Kontrolleur da war? Die ist nach wie vor gegeben, aber da denke ich, ist das Gespräch in die Nähe dann auch vom Jugendamt und auch dem Willen und dem Wollen, dass wir im Grunde das auch erhalten wollen, dass Angebote auch angezeigt.
Von daher sind sie glaube ich, sind wir bei uns im Bezirk allesamt gut im Gespräch, aber die landesweite Verständigung, wie wir mit der EU-Richtlinie umgehen, die muss allerdings noch gemacht werden. Wie das in anderen Bezirken ist, falls es da in Frage kommen sollte, kann ich Ihnen nicht sagen. Dankeschön.
Friedrichshain-Kreuzberg, den 25.01.12
Bündnis 90/Die Grünen
Fragestellerin: Frau Anna Sophie Luck