Menschenrechtsbericht von Amnesty International
Ende Mai hat Amnesty International den Jahresbericht 2008 vorgestellt. Amnesty-Sprecherin Barbara Lochbihler meint, dass vor allem die so genannten westlichen Länder noch stärker in der Bringschuld seien: „Nicht zuletzt die Janusköpfigkeit einiger westlicher Regierungen im ‚Krieg gegen den Terror‘ hat zu Rückschritten beim Menschenrechtsschutz geführt“, sagte Lochbihler anlässlich der Vorstellung des Berichts. Sechzig Jahre nach der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ seien Menschenrechte zwar zu völkerrechtlich verbindlichen Prinzipien geworden, jedoch mangele es vielerorts an der Durchsetzungfähigkeit. Kritisiert werden die Methoden der CIA – und auch die Bundesrepublik Deutschland kriegt ihr Fett ab: „Die Bundesregierung muss die Geheimdienste stärker kontrollieren,“ sagte Lochbihler.
Das sagt auch Hans-Christian Ströbele, Wahlkreisabgeordneter in Kreuzberg und Mitglied im BND-Untersuchungssausschuss: „Die Amnesty-Forderung nach einer besseren Kontrolle der Geheimdienste in Deutschland entspricht meinen Mahnungen seit Jahren.“ Einen Vorschlag zur Verbesserung dieser Kontrolle hätten die Grünen im Frühjahr gemacht, dieser wurde aber von der Bundesregierung abgelehnt.
Wie auch Amnesty fordert Ströbele eine sofortige Schließung von Guantanamo – die Bundesrepublik Deutschland müsse diejenigen Gefangenen aufnehmen, die von den US-Behörden nachgewiesenermaßen als unverdächtig angesehen werden, für die aber kein Aufnahmeland gefunden werden kann. Es geht in diesen tragischen Fällen um ungefähr 60 Menschen, die in Guantanamo seit sechs Jahren gefangen gehalten werden, obwohl die amerikanischen Behörden von ihrer Unschuld überzeugt sind.
Die Geschichten dieser Gefangenen ähneln sich: Es handelt sich meist um Menschen, die wegen politischer oder religiöser Verfolgung aus ihren Heimatländern fliehen mussten. Sie fanden in Pakistan oder Afghanistan Asyl. Nach Beginn der US-Invasion wurden sie dann auf die eine oder andere Weise von Kopfgeldjägern, Nordallianz oder pakistanischer Polizei verhaftet und gegen Zahlung von Kopfgeld den Amerikanern übergeben.
Ströbele hat für die Aufnahme dieser Menschen schon die ersten Schritte eingeleitet: „Ich habe mir von der US-amerikanischen Menschenrechts-Organisation ‚Center for Constitutional Rights‘ eine Liste in Frage kommender Gefangener geben lassen.“ Mit der Bereitschaft zur Aufnahme, so Ströbele, sollte die Bundesregierung ein Zeichen setzen für andere EU-Staaten, „Dem Bekenntnis zu den Menschenrechten müssen Taten folgen – auch andere Staaten sollen an der Auflösung Guantanamos mitzuwirken.“
Die Aufnahme unschuldiger Inhaftierter durch die Bundesrepublik wäre ein großer Schritt. Aber auch die Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen müsse weitergehen. Zeitnah, so Ströbele, müsse der Untersuchungsausschuss Wolfgang Schäuble – in seiner Funktion als „oberster Verfassungsschützer“ anhören. Auf diesem Wege solle die von Amnesty und den Grünen geforderte Aufarbeitung geleistet werden. „Es muss aufgeklärt werden, warum weder das Bundesamt für Verfassungschutz noch das Bundeskriminalamt es für nötig gehalten haben, die Vorwürfe aufzuklären.“
Dass es zu derartigen Straftaten gekommen sei, habe der der BND-Untersuchungsausschusses bereits festgestellt – dass ein Ermittlungsbeauftragter eingesetzt wurde, unterstreiche diese Kritik. Daraus müsse die Bundesregierung praktische Konsequenzen ziehen: „Zurecht kritisiert Amnesty, dass Menschen durch die CIA über deutsches Hoheitsgebiet in Geheimgefängnisse verschleppt wurden,“ so Ströbele weiter, „in Geheimgefängnisse, wo sie über Jahre festgehalten und gefoltert wurden – diese Straftaten müssen aufgeklärt werden!“