SA/125/IV

Schriftliche Anfrage



Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:

1. An Welchen Schulen werden SchülerInnen mit Behinderungen in den regulären Schulalltag integriert?(Bitte Schule und Anzahl der SchülerInnen mit Behinderungen aufzählen)

Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit Förderstatus, die im Schuljahr 2012/13 in Friedrichshain-Kreuzberg in den regulären Schulalltag integriert wurden, können Sie der beiliegenden  Übersicht (Schulen und Schülerzahlen) entnehmen. – Anlage 1

2. Wie viele Förderzentren gibt es im Bezirk? (Bitte Anzahl der SchülerInnen aufzählen)

Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler die im laufenden Schuljahr (2012/13) an sechs Förderzentren im Bezirk beschult werden, können Sie der beiliegenden Übersicht (Schulen und Schülerzahlen) entnehmen. – Anlage 2

3. Wie werden SchülerInnen mit Behinderungen an den weiterführenden Schulen integriert?

Die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderstatus werden nach den derzeit geltenden Regelungen gemäß §33 Sonderpädagogik-Verordnung in die weiterführenden Schulen integriert. Grundsätzlich gilt das Elternwahlrecht, das nur Einschränkungen erfährt

a) durch das Fehlen personeller, sächlicher oder organisatorischer Voraussetzungen an der gewählten Schule oder
b) aufgrund von Übernachfrage, da pro einzurichtender Klasse höchstens vier Schüler/ innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufgenommen werden, davon maximal drei, die zieldifferent, d.h. NICHT nach den Rahmenlehrplänen der Grundschule oder der weiterführenden Schulen (ISS oder Gymnasien), unterrichtet werden.

Im Falle a) wird nach § 34 SopädVO von der Schulaufsicht ein Aufnahmeausschuss gebildet, der die fehlenden Voraussetzungen überprüft.
Im Falle b) finden Auswahlverfahren statt, in denen die Schulaufsicht aufgrund festgelegter Kriterien über die Aufnahme entscheidet.

4. Wie groß sind die Klassen an den Grundschulen, die ein Inklusionskonzept umsetzen?

Es liegt noch kein von der Senatsverwaltung oder dem Abgeordnetenhaus verabschiedetes Inklusionskonzept vor. Für alle Schulen gelten schulartbezogen die selben Einrichtungsvorgaben (Ausnahme bilden Schulen mit besonderer pädagogischer Prägung), welche in den „Verwaltungsvorschriften für die Zumessung von Lehrkräften an öffentlichen Berliner Schulen“ – zur Zeit in der
Entwurfsfassung für das Schuljahr 2013/14 vorliegend – formuliert (s. Anlage 1 der Richtlinien) sind.

Einzelne Schulen haben im Rahmen ihrer Schulentwicklung bereits Konzepte für Inklusion erstellt und arbeiten an der Umsetzung. Eine besondere Form der Zumessung gibt es diesbezüglich bisher nicht. Den beiliegenden Übersichten können Sie pro Schule neben der Anzahl der Klassen auch die Schülerzahl und die durchschnittliche Klassenfrequenz je Jahrgangsstufe für das Schuljahr
2012/13 entnehmen.

5. Wie wirkt sich die Zusammenlegung von Schulen auf die Klassenstärke aus?

Die maximale Klassenfrequenz für Grundschulen liegt bei 26 Schülerinnen und Schülern pro Klasse, für Gymnasien bei 32 Schülerinnen und Schülern pro Klasse und bei Sekundarschulen bei 26 Schülerinnen und Schülern pro Klasse.
Die durchschnittliche Klassenfrequenz in Friedrichshain-Kreuzberg liegt bei 22,6 Schulerinnen und Schüler in Grundschulen, 29,4 Schülerinnen und Schüler in Gymnasien und 25,5 Schülerinnen und Schüler in den Sekundarschulen.
Aufgrund der unterschiedlichen maximalen Klassenfrequenz kann kein Durchschnitt ermittelt werden.

Die Zusammenlegung von Schulen ist eine Möglichkeit den bestehenden Unterfrequenzen entgegenzuwirken. Die durchschnittliche Klassenfrequenz wird dabei nicht überschritten. Bei den schulorganisatorischen Maßnahmen handelt es sich um standortbezogene Einzelentscheidungen. Zielstellung ist es, die Klassenverbände bestehen zu lassen.

6. Wie viele Schulpsychologen sind derzeit im Bezirk tätig?

Im Bezirk sind derzeit acht Schulpsychologen mit etwas mehr als sechs Vollzeitstellen tätig, zuzüglich 92 Stunden für Beratungslehrer im Schulpsychologischen Dienst.

7. Nach welchen Standards wird derzeit der Förderbedarf bei Schülerinnen mit Behinderungen festgestellt?

Die Standards für die Feststellung von sonderpädagogischem Förderbedarf sind im „Leitfaden zur Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs an Berliner Schulen“ für alle Förderschwerpunkte definiert, nachzulesen unter www.berlin.de/sen/bjw.

8. Nach welchen Kriterien wird die Ausstattung der Schulen mit den entsprechenden Lehrerstellen festgelegt?

Die Ausstattung der Schulen mit Lehrerstellen ist ebenfalls in den „Verwaltungsvorschriften für die Zumessung von Lehrkräften an öffentlichen Berliner Schulen“ geregelt. Darin ist das für ein Schuljahr insgesamt zu vergebende Stellenvolumen für ein Schuljahr definiert. Die Zumessung der Lehrerstunden für sonderpädagogische Integration erfolgt auf Basis der
Anzahl der Schülerinnen und Schüler in Integration in Abhängigkeit von drei gewichteten Stufen von Förderschwerpunkten.

Schülerinnen und Schüler der Förderstufe 1 (Sprache, Sehbehinderung, Lernen, Hörbehinderung, Schwerhörigkeit, emotionale und soziale Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung) erhalten an der Grundschule Stunden in einer Bandbreite von 1,5 bis 2,5 Std/Woche, an den weiterführenden Schulen zwischen 2,0 und 3,0 Std/ Woche. Schülerinnen und Schüler der Förderstufe 2 (Gehörlose) erhalten an der Grundschule 5,0 Std/ Woche und an der weiterführenden Schule 6,0 Std/ Woche. Schülerinnen und Schüler der Förderstufe 3 (Blinde, Geistige Entwicklung, Autismus) erhalten
an allen Schulen 8,0 Std / Woche.

9. In welchen Umfang arbeiteten die Schulen mit den Jugendämtern zusammen?

Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendämtern umfasst insbesondere die Arbeit in Schulhilfekonferenzen, in denen Unterstützungsmaßnahmen für einzelne Schüler beraten werden. Weitere Aspekte der Zusammenarbeit sind im bezirklichen Rahmenkonzept Schule-Jugend beschlossen. Konkrete schulspezifische Daten zum Umfang der Zusammenarbeit liegen nicht vor.

10. In welchen Umfang arbeiten die Schulen mit den Eltern zusammen?

Es gibt keine Datenerfassung zum Umfang der Zusammenarbeit von Schulen mit Eltern. Grundsätzlich ist die Zusammenarbeit über den geteilten Erziehungsauftrag geregelt. Schulgesetzlich ist schulische Gremienarbeit definiert, für die Zusammenarbeit mit und Teilhabe von Eltern in der Schule definiert ist. In der WIB (Werkstatt für Integration durch Bildung)
ist über die RAA seine Servicestelle für Elterpartizipation eingerichtet. Diverse Schulen nehmen dieses Beratungs- und Fortbildungsangebot wahr.

11. In welchen Umfang erhalten die LehrerInnen Fortbildungen und Weiterbildungsmaßnahmen zur Inklusion?

Schulen erhalten im Rahmen der regionalen Fortbildung Angebote. Diese beziehen sich auf eine bezirkliche Arbeitsgruppe „Inklusion“ und daraus abgeleitete Diversity-Trainings. Alle aus dem sonderpädagogischen Fachbereich angebotenen Veranstaltungen bieten auch Schwerpunkte zu dem Bereich Inklusion an.

Darüber hinaus gibt es über das Konzept der bezirklichen Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe im Rahmen des Programms A+ an diversen Grundschulstandorten ein über Kinderwelten e.V. angebotenes und in der Umsetzung befindliches Diversitiy-Programm.

12. Welche Schulen im Bezirk sind barrierefrei und rollstuhlgerecht ausgestattet?

Eine Barrierefreiheit (Barrierefrei sind entsprechend § 4 Gesetzt zur Gleichstellung behinderter Menschen bauliche Anlagen, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind) und rollstuhlgerechte Ausstattung sind mit Einschränkungen an folgenden
Schulstandorten gegeben:

– Margarethe-von-Witzleben-Schule
– Gustav-Meyer-Schule
– Charlotte-Salomon-Grundschule
– Filiale Schule am Friedrichshain
– Liebmann-Schule / Galilei-Grundschule

Darüber hinaus gibt es Standorte, die seitens der Senatsverwaltung als behindertengerecht eingestuft werden. Hier sind in der Regel Aufzüge und behindertengerechte Zugänge vorhanden. – Anlage 3

13. Wie viele Schulen müssten in Zukunft umgebaut werden?

Ein Umbau bzw. eine (bauliche) Anpassung müsste an nahezu allen Schulen erfolgen. Bei größeren Baumaßnahmen an Schulen erfolgt daher während der Planungsphase bereits immer eine Prüfung, inwieweit Maßnahmen zu einer behindertengerechten Gestaltung im Rahmen der Maßnahme ungesetzt werden können.

14. Wie hoch sind die Kosten dafür?

Die Kosten für einen Umbau in barrierefreie und rollstuhlgerechte sind immens, können wegen der unterschiedlichen örtlichen und baulichen Gegebenheiten an den Schulstandorten nicht beziffert werden, zumal es keine einheitliche bzw. verbindliche Vorgabe einer barrierefreien Schule – schon gar nicht im Bestand – gibt. Insofern ist jeder einzelne Schulstandort separat zu betrachten.

Zudem geht es bei der Gestaltung und Ausstattung einer barrierefreien Schule nicht nur um den Einbau von Aufzügen, Behinderten-WCs und Rollstuhlrampen sondern um die Gestaltung einen Lehr- und Lernumfeldes für Personen mit vielfältigsten – nicht nur körperlichen – Behinderungen.

Einige Fragen die sich auf die Empfehlungen des Beirats zur Inklusion beziehen:

1. Wie bewertet das Bezirksamt die Empfehlungen des Beirats auf die Veränderungen bei der Bemessungsgrundlage von Lehrerstellen?

Die Empfehlung des Beirats wird befürwortet.

2. Wie wird das Bezirksamt die Einrichtung von Betreuungszentren an den Schulen umsetzen?

Konkrete Planungen bzw. Abstimmungen zur Einrichtung eines Beratungs- und Unterstützungszentrums (BUZ) mit der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft liegen bisher nicht vor. Der Bezirk schließt sich hier den Empfehlungen des Beirats an und begrüßt die Einrichtung von inklusiven Beratungs- und Unterstützerzentren unter Berücksichtigung bereits vorhandener Angebote (z.B. der des schulspsychologischen Dienstes am
Fraenkelufer).

Voraussetzung für die Bereitstellung räumlicher Kapazitäten ist die Sicherung der Finanzierung von Sen BJW mit Sen Fin. Eine Kostenübernahme durch den Bezirk ist aufgrund der defizitären Schulprodukte nicht möglich.

3. Wie bewertet das Bezirksamt den Wegfall der Diagnostikstandards und die zukünftige zentrale Begleitung durch ausgebildete Sonderpädagogen?

Auch hier schließt sich der Bezirk den Empfehlungen des Beirats an. Der Beirat hat sich grundsätzlich für eine Regionalisierung der Diagnostik durch qualifizierte Sonderpädagogen auf der Grundlage einheitlicher Diagnostikstandards ausgesprochen.

4. Wie bewertet das Bezirksamt insgesamt die Empfehlungen des Beirats?

Aufgabe des Beirats war es, sich insbesondere mit den kontroversen Stellungnahmen zu dem Senatskonzept auseinander zu setzen. Dazu gehörten hauptsächlich die Bereiche – Umgang mit den Förderbereichen Lernen, emotionale und soziale Entwicklung und Sprache

– Bildung von Schwerpunkten
– Einrichtung von Beratungs- und Unterstützungszentren
– personelle Assistenz und weitere professionelle Unterstützung der Kinder mit
sonderpädagogischen Förderbedarf
– Entwicklung von Rahmenplänen
– Schaffung von baulichen Voraussetzungen
– Implementierungsstrategien und Öffentlichkeitsarbeit.

Im Beirat war der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit einer Schulleiterin aus dem Bereich der Grundschulen und mit einem Schulleiter aus dem Bereich der Oberschulen vertreten. Besonders deutlich wurde herausgearbeitet, dass für die Umsetzung einen Inklusionskonzeptes die erforderlichen Ressourcen für die innere und äußere Gestaltung bereitgestellt werden müssen. Problematisch erscheint die Empfehlung, auf Ausnahmeregelungen zu verzichten, solange nicht auch die personellen, sächlichen oder organisatorischen Voraussetzungen
geschaffen wurden. Eine Überforderung der Schulen hilft niemandem im Prozess der Inklusion.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Beckers
Friedrichshain-Kreuzberg, den 28.05.2013
Bündnis 90/Die Grünen
Fragesteller*in: Jutta Schmidt-Stanojevic