DS/2179/III

Mündliche Anfrage

Ich frage das Bezirksamt:

1. Wie viele zusätzliche ErzieherInnen fehlen dem Bezirk, um allen angemeldeten Kindern einen Kitaplatz zu sichern?

2. Braucht es zusätzliche Immobilien, um Kitas einrichten zu können und wie kommt der Bezirk in den Besitz einer solchen Immobilie?

3. Haben freie Träger, die Kita-Plätze bereitstellen, signalisiert, dass sie wg. steigender Mieten im Standort gefährdet sind?

Nachfragen:

1. Sind -Tagesmütter/väter- für die öffentliche Hand teurer als die Betreuung per Kita-Platz?

2. Wenn der Bezirk trotz Anspruch weder einen Kitaplatz noch einen Tagespflegeplatz zur Verfügung stellen kann, können sich Eltern dann – auf Kosten des Bezirks – selber eine Tagespflege suchen?

Beantwortung: BezStR’in Frau Herrmann

Zu Frage 1:

Wir haben heute noch mal aktuell nachgefragt. Die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses haben es letzte Woche schon gehört. Im Kita-Eigenbetrieb selber fehlen ca. 40 Erzieherinnen und Erzieher. Eine Grobüberschlagung für alle freien Träger; außer den Ei-Kitas, ergibt, dass wir ca. 100 Stellen im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg in den Kitas nicht besetzt haben.

Zu Frage 2: Ja, es bedarf zusätzlicher Immobilien im Bezirk, und zwar natürlich ganz besonders im Ortsteil Friedrichshain. Der Bezirk bemüht sich, durch folgende Maßnahmen weitere Immobilien für Kitas zu akquirieren: Rückholung von Liegenschaften aus dem Liegenschaftsfonds und Übertragung derselben an Träger der Tagesbetreuung mit dem Ziel, diese als Kindertagesstätte umnutzen bzw. eine Kindertagesstätte dort errichten zu können. Umnutzung von Teilflächen bestehen bei Kindertagesstätten, die zum Teil anders genutzt werden, mit dem Ziel, diese für Kita-Nutzung zur Verfügung zu stellen.

Da sind wir vor allen Dingen mit der Senatsverwaltung in Verhandlung, weil da spricht dann auch der Hauptausschuss noch ein Wörtchen mit. Das können wir nicht ganz so einfach machen. Unterstützung von Erweiterungsbauten auf Grundstücken, die Träger im Rahmen der 1-Euro-Regelung erworben haben bzw. die Trägern per Nutzungsvertrag überlassen wurden, Erteilung einer Bedarfsbestätigung für die Inbetriebnahme einer Einrichtung mit bis zu 25 Plätzen ohne eigene Freifläche. Da müssen wir also auch in die Qualitätsdebatte reingehen in Gebieten mit hohem Nachfragedruck, wie gesagt besonders im Ortsteil Friedrichshain, vorausgesetzt, Gründungsinitiativen finden finanzierbaren Gewerberaum. Übernahmen von Liegenschaften aus anderen Fachvermögen in das Fachvermögen …Jugend, um Träger zu gewinnen, die einen Kita- Neubau errichten oder um Freiflächen für kleinere Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. Das haben wir diskutiert im Rahmen von dem Spielplatz im Ortsteil Friedrichshain, wo wir einer kleinen Kita letztendlich ein Stückchen vom Schulgrundstück zur Verfügung stellen, damit sie ein bisschen Freifläche haben; das hat solche Hintergründe.

Abstimmung von angrenzenden Bezirken bezüglich der Inbetriebnahme, Sicherung von Standorten zur bezirksübergreifenden Versorgen; da sind wir gerade in der Debatte mit Mitte. Die haben in der Adalbertstraße/Mitte ein altes Schulgebäude, was bereits in den Liegenschaftsfonds übertragen worden ist, aber wo wir jetzt gucken, ob sich das lohnt, tatsächlich dieses Gebäude zurückzuholen, weil das relativ marode ist und man natürlich auch gucken muss, wie hoch die Sanierungskosten dann auch sind und der Umbau vor allen Dingen.

Sicherung von Planungsstandorten im Rahmen städtebaulicher Verträge bei Wohnungsbauvorhaben, da ist das… da arbeiten wir in einer engen Kooperation mit der Stadtplanung zusammen, weil die dafür ja auch sozusagen verantwortlich zeichnen. Sicherung von Flächen im Vorfeld einer anderen Nutzung bzw. Übergabe in den Liegenschaftsfonds als Planungsstandort für eine Kindertagesstätte. Ich mein, ich kann jetzt nicht sagen, das ist inzwischen ein „Running Gag“, weil das Thema zu ernst ist, aber es ist tatsächlich so, im ganzen Bezirksamt zum Beispiel irgendwie was in diese Richtung debattieren/machen, geben wir irgendwas zurück, ist immer zuerst die Frage ans Jugendamt, braucht ihr noch einen Kita-Standort.

Also, das ist auch tatsächlich nicht nur MEIN persönliches Thema, sondern das ist sehr wohl dem gesamten Bezirksamt in der Brisanz vertraut und da arbeiten wir auch eng zusammen.

Zu Frage 3:

Es haben bereits zwei Träger signalisiert, dass sie wegen steigender Mieten befürchten, ihren Standort aufgeben zu müssen. Bei dem einen Träger habe ich persönlich einen Brief noch mal geschrieben und an den anderen Vermieter hat Herr Dr. Schulz als Bezirksbürgermeister noch mal versucht zu intervenieren, weil es sich da vor allem auch um eine Wohnungsbaugesellschaft handelt. Zwei weitere Träger haben mitgeteilt, dass die Fortführung des Mietverhältnisses wegen geplantem Eigenbedarfs des Vermieters gefährdet ist.

Für Neugründungsinitiativen wird es zunehmend schwieriger, finanzierbaren Gewerberaum anzumieten, inzwischen auch in Kreuzberg. Das gilt aber auch für die Tagesmütter. Wenn die jetzt die Kinder nicht tatsächlich bei sich in der Wohnung haben, mit einem Zimmer mehr oder so, sondern etwas … Großpflegen z.Bsp. einrichten wollen, finden Sie überhaupt gar keinen bezahlbaren Mietraum mehr, besonders auch da im Ortsteil Friedrichshain, weil wir auch begrenzt sind in den Möglichkeiten der Mietübernahme, die wir als Bezirk auch da in dem Fall auch leisten. Das ist bei den Kitas noch mal anders.

Zu Nachfrage 1:

Zu der Berechnung, ich will es nur ganz kurz sagen, mich mit den Zahlen ein bisschen beschränken. Das ist nicht ganz so einfach zu vergleichen. Die Formeln sind sehr schwierig und ich habe bestimmt eine Stunde mit der Verwaltung heute diskutiert über alle Eventualitäten, die so sind und so sind und anders sind, weil Kitaplatz und Tagesmutterplatz, also Tagespflegeplatz ist tatsächlich schwer zu vergleichen. Wir haben versucht, die Zahlen mal nach allen Eventualitäten zu bereinigen, so dass man sagen kann, ein Tagespflegesatz nach dem Modell, wie wir es jetzt berechnet haben, ca. 750,00 EUR im Monat und ein Kitaplatz ca. 760,00 EUR im Monat. Also das unterscheidet sich nicht allzu sehr.

Zu Nachfrage 2:

Das ist in der Tat eine nicht ganz unbrisante Frage und das macht die ganze Sache auch interessant. Es ist in der Tat so, dass wir einen Rechtsanspruch zu erfüllen haben. Ich habe dieses auch schon seit einiger Zeit mit der Senatsverwaltung und zwar mit dem Justiziar der Senatsverwaltung diskutiert, weil die Senatsverwaltung natürlich die Haltung vertritt, wenn wir nichts anbieten, es gibt Regeln, die wir erfüllen müssen, halbe Stunde öffentlicher Nahverkehr und, und, und, dann müssten wir theoretisch tatsächlich einer privat besuchten Tagesmutter will ich jetzt mal sagen oder Pflegeperson oder Betreuungsperson, wenn der Bedarf, der Rechtsbedarf tatsächlich stattgefunden hat, müssten wir das als Bezirk bezahlen.

So, jetzt kann man sagen na ja, das ist in erster Linie ein Problem für unseren Haushalt, aber das können wir ja basiskorrigiert kriegen, aber wir haben ein anderes Problem. Es gibt dafür keinerlei Verfahren. Es gibt keinerlei Voraussetzungen bei der offiziellen Tagespflege, die Tagesmütter und Tagesväter müssen 160 Stunden Qualifizierung haben und, und, und. Das ist sehr anspruchsvoll für wenig Geld, aber eine anspruchsvolle Grundqualifizierung. Die gilt hier nicht.

Es gibt null Ausführungsvorschriften, d. h., ich habe im Grunde nicht mal die Handhabe zu sagen, ich kann so ohne weiteres, die müssen ein Führungszeugnis abgeben, die müssen null Qualifikation nachweisen, gar nichts. Und wie gesagt, ich versuche seit einem halben Jahr dort eine Regelung von der Senatsverwaltung zu bekommen. Mir wurde gesagt, ich soll es nicht beschreien und ansonsten würde man abwarten, dass jemand sich einklagt in Berlin um dann zu schauen, welche Rechtssicherheit dieses denn tatsächlich hat. Auch wenn die Senatsverwaltung selber davon ausgeht, dass das Recht letztendlich da eindeutig ist.

Also von daher theoretisch ja und in der Praxis müssen wir uns das anschauen, wie gesagt, ob jemand tatsächlich es versucht und wir würden dann natürlich das eng mit dem Senat machen und gucken. Wenn der sagt okay, erst mal in Widerspruch gehen, also erst mal ablehnen und wir warten auf eine Klage, müssen wir gucken, wie wir damit umgehen. Aber das ist keine Sache, die der Bezirk alleine regeln kann, sondern das müssen wir tatsächlich mit der Senatsverwaltung zusammen machen.

Herr Jösting-Schüßler

Frau Stadträtin, ich will noch mal auf die Antwort zur Frage 2 eingehen. Sie hatten ja eine Reihe von Maßnahmen geschildert. Die Frage ist jetzt, mit welchem Erfolg sind denn diese Maßnahmen gekrönt bzw. die Perspektiven also auch, wie schätzen Sie die ein? BezStR’in Frau Herrmann Ich will mal sagen, dass wir die in Friedrichshain nicht mehr so hoch einschätzen was Grundstücke zurückzubekommen bedeutet, weil wir da wenig Grundstücke tatsächlich noch im Liegenschaftsfonds haben, weil wir da schon fast alles zurückgeholt haben, was zurückholbar war und auch ehemalige Kita-Standorte, also Kitas haben wir eigentlich auch schon fast alles zurückgeholt.

Da, wo ein absoluter Handlungsbedarf besteht, ist, wenn wir was aus dem Liegenschaftsfonds zurückholen wollen, dass wir die Möglichkeit haben müssen, es ohne Ausgleich von anderen Grundstücken zu machen. Das ist zum Beispiel in der Frankfurter Allee so gewesen, da mussten wir ein anderes Grundstück dafür in den Liegenschaftsfonds geben, also das war ein Tausch. Und die Bearbeitungszeit muss sich dramatisch verkürzen, weil anderthalb Jahre zu warten, bis man das Grundstück dann tatsächlich hat, also wir warten ja nicht, sondern wir müssen da ganz viel tun, aber letztendlich dauert es anderthalb Jahre, also ein bis anderthalb Jahre, bis man die Grundstücke tatsächlich zurück hat. Deswegen sage ich auch immer, das ist, da muss das Land stärker mit rein. Das ist auch nicht alleine Aufgabe der Senats-Jugendverwaltung, weil die ist ja nicht zuständig für den Liegenschaftsfonds, aber die muss zumindest die Verfahren sagen wir mal insoweit kritisieren, dass man es koordiniert, dass es besser geht.

Ich bin mir noch nicht so sicher, ob der Hauptausschuss, der sich gerade damit beschäftigt, die Grundstücke, die für einen Euro abgegeben worden sind an Träger, die sind jetzt alle neu bemessen worden und man hat festgestellt, dass einige Grundstücke größer sind als der vorgeschriebene Quadratmeterpreis, den die Kinder, also sozusagen die Kita-Freifläche wäre. Und wir haben relativ früh und da war ich auch nicht alleine, darauf hingewiesen, dass es Sinn macht, dieses so zu belassen und dem Träger die Möglichkeit zu geben, dann ein weiteres Haus draufzubauen. Ich weiß nicht, ob die Beratungen in dem Hauptausschuss dazu bereits abgeschlossen sind, weil erst mal die erste Reaktion negativ war, sondern man hat jetzt die Idee, nach wie vor scheint mir, die Dinger zu teilen.

Was die Kita braucht als Freifläche, kann sie dann auch behalten und der Rest soll verkauft werden. Und das ist natürlich eine schwierige Angelegenheit letztendlich. Ich meine, ich finde es auch in Ordnung zu sagen, also es kann ja nicht sein, dass ihr jetzt ein großes Grundstück behaltet, weil das ist bares Geld, sondern man kann sicherlich Regelungen finden, wo mit den Trägern dann auch verbindlich zu regeln ist, dass dann auch tatsächlich was draufgebaut wird, um die Kita-Plätze zu steigern. Ja, kann man machen. Also von daher ist es weiterhin eine schwierige Angelegenheit. Im Ortsteil Kreuzberg haben wir noch mehr Möglichkeiten. Da sind wir jetzt auch dabei, im Grunde Freiflächen zurückzuholen bzw. für Kita-Plätze, Kita-Träger auszuschreiben.

Ich möchte nur noch eine kleine Nebenbemerkung machen. Man hat ja das Schulgesetz verändert, erfreulicher Weise, nämlich dass die Rücksteller wieder möglich sind. Das heißt also, dass die Kinder nicht mit 5 ½ in die Schule müssen, sondern durchaus ein bisschen später erst können, also ein Jahr später. Wir waren ja alle nicht ganz glücklich, dass das abgeschafft worden ist. Eigentlich sind wir alle ganz glücklich, dass das wieder eingeführt worden ist. Wir haben nur ein Problem, in der Ausführungsvorschrift steht eindeutig drin, dass die Schulaufsicht diesen Rückstellungsantrag nur positiv bescheiden kann, wenn die Eltern einen Kita-Platz nachweisen. Na ja, das ist ja erst mal vom Prinzip her, wenn man keinen Kita-Platznot hat, ist es richtig und nachvollziehbar, bloß das bedeutet natürlich in Friedrichshain, dass wir massive Probleme kriegen werden, dann auch noch mal aus einer ganz anderen Ecke.

Fragestellerin: Tine Hauser-Jabs

Bündnis 90/Die Grünen

Friedrichshain-Kreuzberg, den 23.03.11