DS/0612/IV
Mündliche Anfrage
Ich frage das Bezirksamt:
1. Welche Erkenntnisse hat das Bezirksamt bzgl. der Verbreitung des Konsums von NMethylamphetamin, genannt „Crystal Meth“, im Bezirk?
2. Verzeichnen die im Bezirk ansässigen Suchthilfeträger und kommunalen Beratungsstellen einen Anstieg derjenigen KlientInnen, die wegen Crystal Meth Beratung und Hilfe suchen?
3. Inwieweit kann das Bezirksamt die Behauptung bestätigen, dass Crystal Meth eine beliebte Partydroge in Berlin, und damit mit einiger Wahrscheinlichkeit auch in den Clubs in Friedrichshain- Kreuzberg, geworden ist?
Nachfrage:
1. Welche Aufklärungsmöglichkeiten und -bemühungen der unterschiedlichen Akteure (Bezirksamt, Senat, freie Träger) gibt es?
Beantwortung: Frau Herrmann
Zu Frage 1:
Die aktuelle Situation bzgl. der Verbreitung von Crystal Meth im Bezirk schätzen wir folgendermaßen ein: Crystal ist in der Gruppe der Stimulanzen und den Amphetaminen …, gezählt wird, werden wir mit aller Vorsicht bzgl. der Aussagekraft der Suchthilfestatistik nicht als Einstiegsdroge. Wir gehen vielmehr davon aus, dass Crystal vor allem von Jugendlichen konsumiert wird, die bereits Drogenerfahrungen haben. Nur vereinzelte Träger der Suchthilfe im Bezirk können eine geringe Zunahme bzgl. der Verbreitung von Crystal feststellen. Hier wird auf Konsum im Partymilieu hingewiesen, vor allem im Zusammenhang mit Mischkonsum von Cannabis und Alkohol.
Andere Träger der Suchthilfe und Jugendsozialarbeit berichten, dass sie trotz entsprechender Presseberichte in den letzten Jahren und Monaten keinen signifikanten Anstieg bei der Verbreitung von Crystal bei ihrer Klientel im Bezirk feststellen konnten. Aus Einzelgesprächen mit konsumierenden Jugendlichen, die in Kontakt zur Drogenberatung getreten sind, ist uns bekannt, dass es in der Underground-Partyszene des Bezirks eher verpönt sei und vorrangig von Besucherinnen und Besuchern von Großraumdiskotheken konsumiert werde.
Eine Befragung der Fachstelle für Suchtprävention aus dem Jahr 12 bestätigt, dass Crystal im Berliner Partymilieu nach Extasy und Speed eine generell angesagte Substanz ist. Wir haben ferner Hinweis darauf, dass Crystal mitunter als Streckmittel für Speed verwendet wird, dass Konsumierende also nicht in jedem Fall bewusst Crystal konsumieren und dies auch nicht möchten. Hier wäre die Möglichkeit, Substanzen analysieren zu lassen. Wir sprechen hier von Drugchecking, was glaube ich eine relativ sinnvolle Angelegenheit ist, nicht nur an dieser Stelle.
Bilanzierend halten wir Crystal aktuell für eine im Bezirk, vor allem bei jugendlichen Konsumierenden, sogenannten Partydrogen nicht immer bewusst konsumierte Substanz, können aber aktuell keine belastbaren Hinweise auf einen signifikanten, d. h. nicht zufälligen Anstieg in der Verbreitung finden.
Zu Frage 2:
Unsere kommunalen Suchtberatungsstellen verzeichnen bislang keinen substantiellen Beratungsbedarf in Bezug auf Crystal. Auch andere Träger der Suchthilfe im Bezirk vermelden keinen besonderen Beratungsbedarf. Dies dürfte nicht zuletzt an den jeweils unterschiedlichen Zielgruppen der Angebote liegen. Die Drogen- und Suchtberatung Friedrichshain-Kreuzberg Misfit vermeldetet im Jahr 2010 hingegen 27 Beratungsfälle wegen Konsums von Stimulanzen allgemein, darunter sechs wegen schädlichen Gebrauchs.
Dies entspricht einer Steigerung um vier Fälle im Vergleich zum Vorjahr. Zuverlässige Rückschlüsse auf Beratung von Behandlungsbedarf bei Konsum von Crystal im Speziellen lassen sich aber daraus nicht ziehen. Aus fachlicher Sicht wird in Bezug auf Crystal ein generelles Informationsdefizit der Konsumierenden zur Substanz und ihrer Wirkungsweise zu einhergehenden Risiken gesehen.
Das heißt, hier ist in der Tat ein Informationsbedarf vorhanden. Unwissen gibt es bei Konsumierenden offenbar auch darüber, ob es sich bei der jeweiligen Substanz und Crystal um Speed oder um eine andere Substanz handelt. Der Suchthilfeträger Fixpunkt rechnet im Bezirk mit einem künftig steigenden Beratungsbedarf zu Crystal.
Zu Frage 3:
Die Altersstruktur von Störungen durch Konsum von Stimulanzen, Stimulanzien und die substanzbezogene Komorbiditäten legen nahe, dass auch in Friedrichshain-Kreuzberger Clubs Crystal eine Partydroge ist. In welchem Ausmaß die bezirkliche Partyszene prädestiniert für den Konsum ist, kann von uns an dieser Stelle aber nicht abschließend eingeschätzt werden. Wir müssen vor Ort gehen.
Aus Sicht des Bezirksamtes gibt es Hinweise auf unterschiedliche Gebrauchsmuster in den unterschiedlichen Partymilieus und -szene.
Zu Nachfrage 1:
Das Bezirksamt erkennt die Notwendigkeit differenzierter substanzbezogener Aufklärung für Kinder und Jugendliche. Dies betrifft Informationen über verschiedene Substanzen, deren korrekte Bezeichnung, Zusammensetzung und Wirkung im gleichen Maße wie die Aufklärung über weitere gesundheitliche und soziale Risiken des Suchtmittelkonsums allgemein. Die bezirkliche Suchtprävention ist aufgrund der fehlenden Besetzung der Suchthilfekoordination derzeit aber nicht entsprechend ein- und aufgestellt.
Im Jahr 2013 werden wir dennoch die Jugendfilmtage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Bezirk durchführen. Diese ermöglichen durch eine Einbeziehung der bezirklichen Suchthilfeträger eine breite Thematisierung von Drogen und Sucht für Schülerinnen und Schülern des Bezirks. Die ARGE Sucht des Bezirkes plant soeben einen Fachtag zum Thema Kooperation, Bildungsträger und Suchthilfe, um Vernetzungen für eine bessere Suchtprävention im Schulalter auszubauen.
Ich hatte bei einer anderen Anfrage in der BVV schon mal darauf verwiesen, dass wir in erster Linie die …, also nicht den Ausbau von Projekten als erforderlich ansehen, sondern tatsächlich in erster Linie die Information von Kindern und Jugendlichen und Kinder muss man deswegen auch sehen, weil wir immer wieder in Wellen, im Moment ist es nicht aktuell im Bezirk, immer wieder in Wellen Dealer haben, die gerne vor Grundschulen stehen und 10, 11, 12jährige Kinder ansprechen zum Gebrauch von Drogen.
Das kehrt alle Jahre wieder, das habe ich damals auch gesagt, im Moment ist es kein akutes und aktuelles Problem bei uns im Bezirk, aber wir können uns darauf einstellen, dass es wiederkehrt. Der Senat …, die Suchtpräventionsstrategie des Senats folgt dem im Jahr 2007 veröffentlichen Leitlinien zur Suchtprävention im Land Berlin. Konkrete Präventionsmaßnahmen werden durch die Fachstelle für Suchtprävention im Land Berlin Pet e.V. wahrgenommen.
Die Fachstelle ist ausgewiesen für ihre differenzierte zielgruppenspezifische Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit und führt u.a. Aktionen zur Suchtprävention in Clubs und Diskotheken durch. Zur Information über Amphetamine wurde u.a. im Rahmen der Kampagne „Na klar“ im Jahr 2012 fast 30.000 Flyer in Berliner Clubs und Diskotheken verteilt. Ich meine auch, dass diese Stelle mal eine Aktions- und Drugchecking in Berlin durchgeführt hat und von daher, also die Arbeit ja Suchtpräventionsstelle ist, in der Tat eine gute und herausragende Arbeit.
Die Suchthilfeträger im Bezirk:
Die bezirklichen Beratungsstellen bei Alkohol und Medikamentenberatung des Diakonischen Werks in Kreuzberg, Suchtberatung der Stiftung SPI in Friedrichshain sowie die freien Träger der Suchthilfe im Bezirk, darunter Fixpunkt e. V. sind für Beratungen zum Gebrauch von Crystal qualifiziert bzw. vermitteln ggf. geeignete Einrichtungen.
Friedrichshain-Kreuzberg, den 27.02.2013
Bündnis 90/Die Grünen
Fragesteller: Jonas Schemmel