Das Frühjahr kommt, es wird wärmer. Vor Cafés, Kneipen und Restaurants sitzen die Leute entspannt bei Bier, Wein oder anderen alkoholischen Getränke und rauchen Zigaretten. Wer aber einen Joint rauchen will, der muss zum Dealer und ist dann schon wegen Erwerbs strafbar.

Junge Leute sieht man in Parks, Bahn und auf der Straße mit der Flasche in der Hand. Legale Drogen werden an jeder Ecke angeboten, auch im Supermarkt oder Späti, Tag und Nacht. Soweit so normal. Wer jedoch selbst eine Pflanze anbaut oder im Nachbarland kauft, riskiert Knast. Ich weiß, Drogen können gesundheitsschädlich sein, ja süchtig machen. Aber das gilt für alle Drogen.

Die derzeitige Einteilung der Dogen in legale und illegale ist falsch und willkürlich. Sie orientiert sich nicht an der Gefährlichkeit für die Konsument*innen. Denn an den Folgen des Gebrauchs von Alkohol und Zigaretten sterben jedes Jahr Zehntausende allein in Deutschland, während Cannabis zu Gesundheitsschäden führen kann, aber nicht zum Tod. Das Verbot führt zu einem blühenden Schwarzmarkt, der sich infolge der Kriminalisierung und Repression jeglicher staatlicher Kontrolle entzieht. Nicht nur wirksamer Jugendschutz ist unmöglich, auch der Verunreinigung und Streckung sind Tür und Tor geöffnet.

Deshalb haben wir Grünen ein Cannabis-Kontrollgesetz in den Bundestag eingebracht, das die legale Abgabe von Cannabis in Fachgeschäften streng reguliert und kontrollierbar macht. In der Anhörung von Sachverständigen zu dem Gesetz wurde deutlich, dass die Strafbarkeit zur sozialen und gesellschaftlichen Ausgrenzung der Konsument*innen, zu strafrechtlichen Ermittlungen, Geld- und Haftstrafen gegen diese und zum Einstieg in kriminelle Karrieren führen kann. Gleichwohl droht die Ablehnung dieses Gesetzes.

Zu hoffen bleibt, dass die Bundesregierung anlässlich des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts, das nun erstmals den Cannabisanbau für Schmerzpatienten erlaubt, mindestens hierzu bald etwas vorlegt.

Es geht nicht nur um Cannabis

Der seit über 40 Jahren andauernde weltweite Krieg gegen die illegalen, auch die harten Drogen ist gescheitert. Der Markt und die Zahl der Konsument*innen sind immer größer geworden. Allein die Europäer geben nach EU-Schätzungen für illegale Drogen jährlich 24 Milliarden EURO aus. Im vergangenen Jahr war ich in Mexiko und EL Salvador. Solche Staaten in Mittel- und Südamerika drohen unregierbar zu werden, im Drogenkrieg zu versinken. In Mexiko liegt die Zahl der Getöteten seit 2006 bei ca. 80 000. In beiden Ländern sind Mordrate und Gesetzlosigkeit wegen Kriminalität und Mafiabanden so hoch, dass nur noch 2 Prozent der Morde aufgeklärt werden können. Es herrscht faktisch Impunidad (Straflosigkeit). Deshalb forderten schon 2011 Politiker aller Couleur wie der ehemalige UN-Generalsekretär Annan oder die früheren Präsidenten von Mexiko, Kolumbien, Brasilien und Griechenland (Zedillo, Gaviria, Cardoso und Papandreou), die Drogenpolitik zu ändern und so die Kriminalisierung von Menschen, die Drogen konsumieren, zu beenden. Stattdessen sollten staatliche Modellversuche für gesetzliche Reglementierung von Drogen, nicht nur für Cannabis sowie Gesundheitsleistungen und Therapieangebote gestartet werden. Repressive Maßnahmen sollten sich auf gewalttätige kriminelle Organisationen konzentrieren. Ein solches Umdenken in der weltweiten Drogenpolitik, das einhergeht mit der Entkriminalisierung der Konsument*innen, muss endlich Realität werden.

Mit unserem Cannabiskontrollgesetz haben wir einen konkreten Vorschlag vorgelegt, wie wichtige Reformschritte in Deutschland umgesetzt werden können. Danach dürften Erwachsene für den Eigenbedarf bis zu 30 Gramm Cannabis erwerben und besitzen oder drei Cannabispflanzen anbauen und ernten. Der Verkauf erfolgt ganz legal nur in Fachgeschäften, nicht aus Automaten. Kontrolliert wird, dass nichts Gepanschtes, Verunreinigtes, gentechnisch Verändertes dabei ist. Für Kinder und Jugendliche bleibt die Droge tabu wie Alkohol. Werbung ist nicht erlaubt. Cannabis wird besteuert wie Zigaretten, Sekt und Schnaps. Die Einnahmen gehen in die Suchtprävention. Lange wurde mein Lied gesungen: „Gebt das Hanf frei“. Jetzt gibt es ein Gesetz. Es fehlt noch die Mehrheit. Es gilt, den gesellschaftlichen Druck weiter zu erhöhen und politisch Bündnispartner zu finden, um die Legalisierung von Cannabis zu erreichen, wie es in den US-Staaten Colorado und Washington, in Uruguay oder den Niederlanden längst Wirklichkeit ist.

Hans Christian Ströbele, MdB