DS/1919/IV Mündliche Anfrage

 

Ich frage das Bezirksamt:

1. Wie viele Genehmigungen für Gastronomie und Außengastronomie (Sondernutzung
Straßenland) hat das Ordnungsamt seit dem Beginn zahlreicher Anwohnerbeschwerden
Anfang 2013 in den Partykiezen in Kreuzberg (zwischen Spree, Landwehrkanal,
Luisenstädtischer Grünzug/Wassertorplatz/ Legiendamm, Prinzessinnenstraße, Moritzplatz, Waldemarstraße/ Bezirksgrenze/ Bethaniendamm) und Friedrichshain (zwischen Frankfurter Allee, Ring-Bahn, Stadtbahn und Warschauer Straße) erteilt?

2. Wann ist das Ordnungsamt in Friedrichshain-Kreuzberg endlich in der Lage – wie in anderen Berliner Bezirken längst der Fall – auch in unserem Bezirk am Freitag und Sonnabend nicht nur bis 22 Uhr sondern darüber hinaus aktiv gegen ausufernden Partylärm und illegalen Außenausschank auf den Straßen aktiv zu werden?

3. Warum werden die Verabredungen zur zeitlichen Begrenzung der Außengastronomie in
den Abendstunden in der Simon-Dach-Str. (Clearinggebiet) nicht mehr kontrolliert und
durchgesetzt?

Beantwortung: Herr Dr. Beckers

zu Frage 1:
Sie sprechen zwei Rechtskreise an und damit auch zwei Tätigkeitsbereiche des Ordnungsamtes, die auch statistisch für uns wichtig sind. Erst einmal die Erteilung von Gaststättenerlaubnissen, erlaubnispflichtiger Gaststätten, also Gaststätten vereinfacht gesagt, die Alkohol ausschenken und zum Zweiten die Entgegennahme und Bestätigung von Anzeigen nicht erlaubnispflichtiger Gaststätten, also von Gaststätten vereinfacht gesagt, die keinen Alkohol ausschenken.

Ich gehe jetzt noch mal davon aus, dass Sie in Ihrer Anfrage hauptsächlich die erlaubnispflichtigen Gaststätten meinen und da muss ich Sie leider enttäuschen. Das Ordnungsamt verfügte nicht über eine entsprechende Datenbank, die Ihnen da detailliert über genehmigungspflichtige und genehmigungsfreie Gaststätten Auskunft geben kann. Ich kann Ihnen aber anbieten, dass das Ordnungsamt, allerdings geht das nicht kurzfristig, mit Hilfe der Gewerbedatenbank migewa die Ermittlung der Zahl der existierenden Gaststättenbetriebe, d.h. also Erlaubnisse, die wir erteilt haben und die Anzeigen, d.h. die nur angezeigt wurden vor und nach 2013 zu ermitteln.

Wenn Sie damit einverstanden sind, bitte ich Sie Ihr Anliegen in einer schriftlichen Anfrage noch einmal zu konkretisieren. Eine Differenzierung nach erlaubnis- und anzeigenpflichtigen Gaststätten ist aber auch dabei nicht möglich. Möglicherweise verfügt die Bauaufsicht über eine bessere Statistik bei den erlaubnispflichtigen Gaststätten, da ja auch eine entsprechende Baugenehmigung erteilt werden muss. Ich werde auch da gern noch nachfragen.

Die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für Außengastronomie erfolgt auf der Grundlage des Straßenrechts. Zuständig dafür ist das Ordnungsamt. In der Auswertung der Datenbank sind dabei nur aktuell geltenden Schankvorgabengenehmigungen erfasst, die in der Regel eine Geltungsdauer von ein bis drei Jahren haben.

Für den gesamten Ortsteil Friedrichshain wurden in dem Zeitraum 490 Sondernutzungsgenehmigungen erteilt. Für den Bereich Kreuzberg haben wir jetzt mal den Bereich ehemaliges SO36 erfasst, wurden 430 Sondernutzungen öffentlichen Straßenlandes erteilt. Eine detaillierte Statistik mit einer Zuordnung erteilter Sondernutzung nach Straßen liegt uns nicht vor.

zu Frage 2:
Ich bin da etwas irritiert. Die Benutzung des Begriff „endlich richtig aktiv werden“ und
zum anderen auch, dass Sie davon ausgehen, dass das Ordnungsamt für den Partylärm zuständig ist. Dazu möchte ich jetzt mal ein bisschen was sagen: Seit Bildung des Ordnungsamtes im Jahr 2004 ist die Kontrolle des Straßenlandes sowie die Ahndung im Falle von Verstößen eine der Kernaufgaben des Ordnungsamtes, die auch zugegebener Maßen, mit den zur Verfügung stehenden Kräften wahrgenommen wird. Wir haben seitdem tausende Verstöße geahndet, insbesondere Überschreitung genehmigter Flächen festgestellt und Bußgeldsummen mittlerweile in siebenstelliger Höhe dort generiert.

Gleichwohl existieren wahrscheinlich weit weniger Straßen durch illegale Nutzung als es scheint und als es die Anfrage suggeriert. Gemäß § 11 des Berliner Straßengesetzes sollen Sondernutzungen genehmigt werden. Die Erteilung der entsprechenden Erlaubnisse kann nur verweigert werden, wenn überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Diese Interessen sind im bezirklichen Sondernutzungskonzept von 2012 mit Regeln zumindest Durchgangsbreiten und anderen Einschränkungen geregelt, um … bzw. Nutzungsexzesse, so sage ich es jetzt mal, möglichst zu verringern oder wenn es geht auch zu vermeiden. Das geht aber nur, soweit es mit dem Straßengesetz vereinbar ist.

Unter anderem ist dort auch geregelt, dass Gehwegvorstreckung nicht mehr, das war bis dahin der Fall, zur Sondernutzung freigegeben werden. Bei Gehwegvorstreckungen,
gerade auch für schwächere Verkehrsteilnehmer wie Kinder eingerichtet und ihnen beim Überqueren der Straße helfen sollen. Sondernutzung auf Gehwegvorstreckung werden
seitdem nicht mehr genehmigt. Diese Reduzierung von Außenausschankflächen ist gegen den Willen der Fraktion von Bündnis 90 geschehen, die genau vor einem Jahr einen Antrag in die BVV eingebracht hat, diese Regelung wieder aufzuheben.

Insofern bin ich jetzt etwas verblüfft über den Tenor Ihrer mündlichen Anfrage.
Ich stimme Ihnen zu, dass Sondernutzungen, insbesondere wenn sie sich in einem Gebiet häufen, von Anwohner*innen als störend empfunden werden, weil sie vor allem zur Lärmentwicklung nach 22 Uhr beitragen. Zur Abhilfe von Lärmstörungen darf aber nicht das Straßenrecht herangezogen werden. Hier greifen die Schutzregelungen des Landesimmissionsschutzrechtes Berlin.

Für die Einhaltung dieser Regelung ist das Umweltamt zuständig. Insofern wäre das Umweltamt zu befragen, was es unternommen hat, um Lärmimmission zu vermeiden. Als eine Maßnahme wären sicher Prognoseberechnungen, wie in der Simon-Dach-Straße ja erfolgt, denkbar. Bei deren Überschreitung können dann Außenflächen reduziert und zeitliche Beschränkungen vorgenommen werden.

Zur effizienteren Lärmbekämpfung hat sich im Anschluss an die letzte BVV eine AG gegründet, die von der Bürgermeisterin auf meinen Wunsch hin bereits am 29.09. einberufen wurde. Das Ordnungsamt ist nach 22 Uhr oder später in Zustimmung mit dem Personalrat auf freiwilliger Basis tätig. Das ist der Ist-Zustand. So ermöglicht die Rahmendienstzeitregelung im Land Berlin für die Außendienste der Ordnungsämter am Freitag und am Samstag eine längere Arbeitszeit bis maximal 24 Uhr.

Die Ausschüttung dieser Arbeitszeit ist aber, wie ich bereits im Ausschuss und auch
letzte Woche auf der Personalversammlung angekündigt habe, von Mai bis September beabsichtigt.

Ich gehe davon aus, dass der Personalrat dem zustimmt. Übrigens wird eine regelmäßige
Arbeitszeit bis 24 Uhr entgegen der Behauptung in der Anfrage, wie zumindest eine Umfrage unter den Ordnungsämtern, die wir noch kurzfristig durchgeführt haben, in kaum einem der anderen Bezirke soweit ausgenutzt. Vielmehr wurde uns mitgeteilt, dass in einzelnen Ausnahmefällen wenige Mitarbeitende auch wie bei uns eben freiwillig, ggf. nach Absprache auch mit den Beschäftigtenvertretungen entsprechende Außendienstkontrollen durchführen. Das geschieht, wie ich bereits gesagt habe, auch in Friedrichshain-Kreuzberg.

zu Frage 3: Die Behauptung, im Clearinggebiet würden keine Kontrollen da stattfinden, ist unzutreffend. Mitarbeiter des Ordnungsamtes haben erst kürzlich in den Nächten von Samstag auf Sonntag wiederholt Kontrollen in der Simon-Dach-Straße durchgeführt.

Ich stimme Ihnen allerdings zu, ganz ausdrücklich, dass wir mehr Kontrollen benötigen, das möchte ich an dieser Stelle auch sagen. Das werden wir auch in der AG und das hat natürlich auch damit zu tun, dass wir die 24-Uhr-Regelung verstärkt einsetzen möchten, gerade in den kritischen Tagen und in den Monaten Mai bis September. Allerdings dass Sie sagen, es hat gar nichts geschehen oder zu wenig geschehen ja, zu wenig ja, aber gar nicht ist so nicht richtig.

Auch die damit verbundenen Anzeigen, die damit verbundenen Feststellungen wurden natürlich auch zur Anzeige gebracht und Bußgeldverfahren wurden eingeleitet. Bei den eingesetzten Mitarbeitern, die das gemacht haben, handelt es sich um den Leiter des
Teams Ordnungswidrigkeiten im Innendienst sowie den Leiter des Bereichs Parkraumüberwachung.

Herr Honnens:
Ich stelle aber fest, dass die Frage 2 bisher nicht beantwortet ist, wann denn endlich regelmäßig nach 22 Uhr dann dort auch der illegale Ausschank, der Außenausschank kontrolliert wird. Vielleicht noch die Ergänzung zu Frage 3: Ich hatte gefragt, wann die Verabredungen durchgesetzt werden. Sie haben selber gesagt, das ist nicht zufriedenstellend. Warum sie nicht durchgesetzt werden, die Frage ist auch noch nicht abschließend beantwortet.

Ich komme aber einfach mal zu meiner ersten Nachfrage, und zwar: Kneipenschließungen sind ja ein schwerer Eingriff in die Gewerbefreiheit und deshalb können Sie die folgende Frage sicherlich aus dem Kopf beantworten: Wie oft hat denn das Ordnungsamt Kneipen, Bars oder anderen Gastrobetrieben die Genehmigung entzogen, weil sie gegen Auflagen oder gegen geltendes Recht verstoßen haben?

zu Nachfrage 1:
Das Gaststättenrecht ist ein Bundesgesetz. Das Bundesgesetz sieht nach § 35
vor, dass man das machen kann, wenn der Betreiber einer Gaststätte zu diesem Führen dieser Gaststätte nicht geeignet ist. Die Geeignetheit ist nicht, dass er z.B. sein …, ja seinen Führerschein verliert oder was anderes, sondern das muss immer im Zusammenhang mit dem Führen einer Gaststätte sein. Das ist in diesem Zusammenhang des Öfteren auch geschehen, dass wir dort Auflagen, auch heftige Bußgelder durchgesetzt haben. In der Regel lenken die Gastronomen dann auch irgendwann ein.

Im Übrigen: Es ist auch sehr schwierig, wenn sie nämlich einen Gastronomen das entziehen, was durchaus auch in seltenen Fällen sicher auch vorkommen mag, aber
ich kann Ihnen jetzt kein Beispiel nennen, will ich auch gar nicht tun, ich weiß es nur in anderen Bezirken kommt es auch relativ selten vor und dann geht es meistens vor Gericht und wir sind alle immer sehr gespannt auf die Gerichtsentscheidung und die sind in der Regel sehr kritisch.

Wenn zum Beispiel gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen wird, wenn zum Beispiel die Steuer nicht gezahlt wird, merkwürdiger Weise, ganz wichtiger Punkt offensichtlich für den Staat, dann sind das Dinge die dazu führen. In der Regel werden dann Auflagen, die erteilt werden, rigoros durchgesetzt mit Zwangsgeldern und das geschieht und die Zwangsgelder werden dann oftmals auch vor Gericht eingeklagt und insofern ist es nicht so, dass hier eine Untätigkeit vorliegt.

Herr Honnens:
Also eine genaue Zahl …, gut, haben Sie jetzt nicht benennen können, ob es da auch überhaupt schon solche Fälle tatsächlich dann gab. Aber wenn ich mich recht erinnere, haben Sie bei der Beantwortung einer Bürgeranfrage, ich weiß nicht genau, beim letzten Mal oder bei einigen Malen davor geantwortet, dass Schließungen ja auch gemacht werden. Mich würde jetzt vor allem aber interessieren, wie viele Verwaltungsverfahren oder wie häufig jetzt …, Sie können wahrscheinlich keine genaue Zahl sagen und das kann ich auch verstehen, weil es ja eine spontane Frage ist. Aber wie häufig finden denn Verwaltungsverfahren in Ihrem Amt statt mit dem Ziel, dass Kneipen, Bars oder andere Gastrobetriebe geschlossen werden, weil sie nämlich Auflagen oder auch Geltensrecht eben nicht einhalten, obwohl es offensichtlich der Fall ist und es eben auch viele Beschwerden gibt?

zu Nachfrage 2:
Also ich weiß jetzt nicht, wo das offensichtlich der Fall ist, aber Klagen von Gastronomen
vor Gericht sind täglich Brot des Ordnungsamtes, weil jeder Gastronom, der in seiner
sagen wir mal Erwerbstätigkeit eingeschränkt wird durch Auflagen des Ordnungsamtes, durch Kontrollen des Ordnungsamtes und anderes mehr, der hat leider die Tendenz, das vor Gericht klären zu lassen. Und meistens gewinnen wir, ab und zu verlieren wir auch. Die Zahlen können wir Ihnen gerne noch mal aufarbeiten, wie das im konkreten Fall aussieht.

Frau Leese-Hehmke:
Ich würde gerne einmal wissen, und zwar habe ich den Eindruck, dass hier so ein Stückweit der Vorwurf der Untätigkeit des Ordnungsamtes vor allen nach 22 Uhr immer
noch im Saal herumwabert, wissen, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ordnungsamtes haben sich denn freiwillig bereiterklärt, vielleicht haben Sie da eine prozentuale Angabe der Mitarbeiter, die sich bereiterklärt haben, nach 22 Uhr freiwillig zu arbeiten.

zu Nachfrage 3:
Also in der Regel sind das zwei Mitarbeiter plus zwei, also vier, die dann, auch
wenn dort … na ja, also es gibt ja bestimmte Kneipen, Gaststätten, die mittlerweile, wo wir wissen, dass es schwierig ist, weil sich dort Gastronomen nicht an die Spielregeln halten. Die schauen wir uns dann etwas genauer an. Eine flächendeckende Kontrolle, wie das hier vielleicht auch gewünscht ist, ist mit den Mitarbeiter*innen des Ordnungsamtes derzeit nicht zu machen.

Wir werden es probieren, ich habe das ja gerade auch noch mal ausgeführt, weil Sie hatten ja in Ihrer Nachfrage die Zeit irgendwie nicht so richtig verinnerlicht, Mai bis September ist das Ziel und das sollte zur regelmäßigen Dienstzeit werden. Das ist nicht ganz ohne, weil bei 29 Außendienstmitarbeitern, die wir dann Freitag und Samstag mehr sozusagen belasten zeitlich, werden wir uns überlegen müssen, welche anderen Dinge tagsüber nicht gemacht werden können. Das wird oder da sind wir gerade dabei, die Dienstpläne entsprechend anzupassen. Ich kann Ihnen noch nicht sagen, welche Auswirkung das haben wird für die tägliche Überwachung, für das Abschleppen von
Fahrzeugen auf Fahrradwegen und anderem mehr.

Herr Hehmke:
Zum Thema Lärm, habe ich das richtig verstanden, dass für Lärmmessungen letztlich
das Umweltamt verantwortlich ist und das Ordnungsamt dann in bestimmten begründeten
Fällen auch nur tätig werden kann, wenn entsprechende Zahlen vom Umweltamt vorliegen oder müsste das Umweltamt dann selbst sanktionieren, wenn bestimmte Lärmgrenzen überschritten werden?

zu Nachfrage 4:
Also es gibt zwei Dinge so, wie das geregelt ist: Wenn eine Gaststättenerlaubnis
erteilt wird, wird das Umweltamt natürlich vorher beteiligt. Das Umweltamt schätzt dann ein, welche Auflagen notwendig sind, um einen störungsfreien Betrieb der Gaststätte und störungsfrei meint hier natürlich die Anwohner zu gewährleisten. Diese Auflagen werden quasi 1:1 kann man so sagen in dem Bescheid des Ordnungsamtes zur Gaststättenerlaubnis übernommen. Wenn es Verstöße dann dagegen gibt, die bekannt werden, z.B. durch die Polizei, die dann nachts geholt wird und anderes mehr, dann wird dann ein Bußgeld erlassen auf der Grundlage dieser Auflagen und das wird dann auch mit einem Zwangsgeld durchgesetzt und wird sich ggf. auch regelmäßig dann erhöhen. Das macht das Ordnungsamt.

Wenn jetzt ein anderer Fall ist, z.B. eine Lärmimmission durch Außengastronomie, kann ich jetzt mal so sagen, dann …, wo keine Auflagen erteilt wurden, dann ist es so, dass hier das Verfahren direkt an das Umweltamt geht, das Umweltamt dann dort entweder Auflagen erteilt, das dem Ordnungsamt zur Durchsetzung mitteilt oder zur Umsetzung, z.B. könnten das Sperrzeiten sein ab 22 Uhr, es kann aber auch sagen, dass eine Prognoserechnung stattfindet, die Außenausschankflächen verringert werden, so dass dann auch weniger Lärm entsteht. Das hängt davon ab, welche Entscheidung das fachlich zuständige Umweltamt da trifft.

 

Friedrichshain-Kreuzberg, den 28.10.2015
Bündnis 90/Die Grünen
Fragesteller: Christian Honnens

Dateien