Mündliche Anfrage gestellt von Olja Koterewa. Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur BVV am 16. Oktober 2024
Ich frage das Bezirksamt:
- Aus welchen Gründen wurde einer alleinerziehenden Mutter eines schwerbehinderten Sohnes die Beförderung zur Ferienbetreuung in den Herbstferien, auf die die Mutter auf Grund ihrer Berufstätigkeit angewiesen ist, zur Gustav-Meyer-Schule anfangs nicht bewilligt, wie es der Tagesspiegel am 10.10. im Bezirke-Newsletter berichtete? https://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/kind-im-rollstuhl-in-berlin-kein-recht-auf-transport-zur-schule-in-den-ferien-12516026.html
- Nach welchen Kriterien werden im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg Anträge auf Beförderung für Kinder mit Beeinträchtigungen zum Schul- oder Ferienbetreuungsplatz bewilligt oder abgelehnt?
- Inwiefern kann der Bezirk sicherstellen, dass allen Kindern mit Behinderungen, die auf eine Beförderung angewiesen sind, diese auch weiterhin sowohl in Schul- wie auch in den Ferienzeiten ermöglicht wird?
Es antwortet Andy Hehmke, Bezirksstadtrat Abteilung Schule, Sport und Facility Management
zu 1. Aus welchen Gründen wurde einer alleinerziehenden Mutter eines schwerbehinderten Sohnes die Beförderung zur Ferienbetreuung in den Herbstferien, auf die die Mutter auf Grund ihrer Berufstätigkeit angewiesen ist, zur Gustav-Meyer-Schule anfangs nicht bewilligt, wie es der Tagesspiegel am 10.10. im Bezirke-Newsletter berichtete? https://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/kind-im-rollstuhl-in-berlin-kein-recht-auf-transport-zur-schule-in-den-ferien-12516026.html
In den Beförderungsbescheiden finden sich nicht erst seit diesem Schuljahr einige Hinweise darauf, dass es, unabhängig von einer Bewilligung, keinen klaren Rechtsanspruch auf die Schulwegbeförderung gibt und die Bewilligung deshalb jederzeit widerrufen werden. Dies gilt insbesondere für die Ferienzeiten
– „Gemäß § 36 Absatz 1 Satz 3 der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung (Sonderpädagogikverordnung – SopädVO) in der geltenden Fassung besteht kein Rechtsanspruch auf Beförderung des Kindes, […]. Weiterhin wurde der Antrag nach Prüfung der eingereichten Unterlagen nur unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs bewilligt.
– In der Bewilligung ist klargestellt, dass von der Beförderung unterrichtsfreie Tage ausgenommen sind.
Die Kosten für die Beförderung sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Der entsprechende Haushaltstitel ist nicht auskömmlich. Auch durch Umschichtungen im Schulhaushalt im Rahmen der Haushaltswirtschaft ist es nicht gelungen, den Titel bedarfsgerecht auszustatten. Die Sen Fin kategorisiert die Schüler*innenbeförderung als freiwillige soziale Leistung, so dass auch ein finanzieller Ausgleich auch im Rahmen der Basiskorrektur nicht erfolgt. Ein schnelles und haushaltswirksames Eingreifen noch in diesem Jahr war nur möglich, indem der Anspruch auf Beförderung in den Ferien eingeschränkt wurde. Nach einer erneuten Prüfung des in der Frage erwähnten Falls wird die Beförderung während der Herbstferien für das betroffene Kind nun stattfinden. Das Bezirksamt ist der Auffassung, dass – unabhängig von diesem Einzelfall – eine unfreiwillige Reduzierung der Arbeitszeit oder gar der Verlust des Arbeitsplatzes für die Erziehungsberechtigten eine unzumutbare Härte darstellen würde, wenn die Nicht-Beförderung des Kindes zur Schule dazu führen würde.
zu 2. Nach welchen Kriterien werden im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg Anträge auf Beförderung für Kinder mit Beeinträchtigungen zum Schul- oder Ferienbetreuungsplatz bewilligt oder abgelehnt?
Beförderung an Unterrichtstagen: Grundlagen der Prüfung und Entscheidung ist § 36 der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung (Sonderpädagogikverordnung – SopädVO) vom 19.01.2005. Die Feststellung, ob die Voraussetzungen für eine Schulwegbeförderung erfüllt sind, ist in jedem Einzelfall auf der Grundlage des Vorliegens eines sonderpädagogischen Förderbedarfes, des Gutachtens des KJGD und der Stellungnahme der Schule zu treffen. Darüber hinaus haben die Erziehungsberechtigten begründet nachzuweisen, dass ihnen die Beförderung oder Begleitung ihres Kindes nicht möglich ist. Neben der zeitlichen Verfügbarkeit der Erziehungsberechtigten sind auch die zur Verfügung stehenden Beförderungsmöglichkeiten, die Vorlage der Arbeitsbescheinigungen, die Entfernung zur Schule sowie der Grad und die Art der Behinderung einzubeziehen.
Beförderung an Ferientagen: Dazu trifft die SopädVO keine eindeutigen Aussagen. Die Sen Fin deklariert diese als freiwillige soziale Leistung. Um dieses Thema rechtlich besser einzuschätzen, wurde das Rechtsamt um Prüfung gebeten. Das Ergebnis liegt noch nicht vor.
zu 3. Inwiefern kann der Bezirk sicherstellen, dass allen Kindern mit Behinderungen, die auf eine Beförderung angewiesen sind, diese auch weiterhin sowohl in Schul- wie auch in den Ferienzeiten ermöglicht wird?
Der Bezirk kann dies allein schon wegen der nicht ausreichenden finanziellen Mittel im aktuellen Doppelhaushalt nicht sicherstellen. Der Bezirksstadtrat hat bereits die Initiative ergriffen und das Thema „Beförderung von Schüle*rinnen mit Behinderung“ vor ca. einem halben Jahr mit Zustimmung aller für Schule zuständigen Stadträtinnen und Stadträte in den Bezirken der Sen BJF als weiteres Thema vorgeschlagen, zu welchem ein Zielvereinbarungsprozess zwischen Bezirken und Senat gestartet werden sollte, damit nach Abschluss der Zielvereinbarung berlinweit einheitliche Kriterien für die Entscheidungen und auch eine im Sinne der Konnexität gesicherte Finanzierung erreicht werden. Auch im Rahmen der derzeitigen Überarbeitung der SopädVO auf der Landesebene plädiert das Bezirksamt für eine Präzisierung des § 36 im Sinne der Betroffenen.
Mit freundlichen Grüßen
Andy Hehmke
Bezirksstadtrat