Grüne Transparenz gegen die Verschleierungspolitik der Regierung.

Die klare Abwahl von schwarz-gelb in NRW gibt der Bundesregierung einen weiteren Sargnagel für ihr Projekt „Sterbelinie AKWs verlängern“. Laufzeitverlängerungen brauchen die Zustimmung des Bundesrates – das ist die Auskunft aus dem BMU (bei Widerspruch des schwarz-gelben Wirtschaftsflügels) und das ist logisch, denn die Aufsichtspflicht der Länder wird verlängert.

Die Sargnägel gibt es reichlich, um das Projekt unauffällig versenken zu lassen. Erst die 150 Stadtwerke, die Laufzeitverlängerung als Wettbewerbsverzerrung und Investitionshemmnis geißelten. Dann die acht großen kommunalen Unternehmen (8KU) der Ballungsgebiete, die ein Gutachten vom früheren Präsidenten des Bundeskartellamtes erstellen ließen. Fazit: Die „Kernziele von Energiepolitik – Innovation und Wettbewerb“ werden durch Laufzeitverlängerungen „maßgeblich gefährdet“. Schließlich der Sachverständigenrat für Umweltfragen, der es mit einem durchgerechneten Gutachten für Strombereitstellung bis 2050 auf den Punkt bringt: Versorgungssicherheit und stabile Energiepreise gibt es langfristig nur auf Basis 100% Erneuerbarer Energien. Am kostengünstigsten wird es, wenn wir die 100% zwischen 2030 und 2040 erreichen. Neubau von Kohlekraftwerken und Laufzeitverlängerung für AKW sind für die Versorgungssicherheit unnötig, steigern die Kosten und verhindern den Umstieg. Wenn die Bundesregierung es uns Grünen nicht glaubt, dann sollte sie es ihren eigenen Beratern glauben.

Profit vor Sicherheit

Zum obersten Atomaufseher hat die Regierung Gerald Hennenhöfer berufen, der zuvor für die Konzerne den Atomkonsens verhandelte und Gutachten für den früheren Asse-Betreiber erstellte. Die Atomaufsicht nimmt wohlwollend in Kauf, dass die Konzerne die AKW Neckarwestheim 1 und Biblis A mit Tricks über die Zeit retten. Umweltminister Röttgen scheint nicht einmal daran gelegen, wenigstens diese Uraltmeiler vom Netz zu bekommen. Profit geht vor Sicherheit – für die Konzerne, aber auch für die Bundesregierung, die sich das Weiterlaufen der konzerneigenen Goldesel ihrerseits bezahlen lassen will. Das Geld soll – angeblich – der Förderung der Erneuerbaren zugute kommen. Die brauchen aber keine Atomgelder, sondern den Atomausstieg.

Zur neuen Sicherheitsphilosophie in Ministerien und Kanzleramt passt auch die Neudefinition für Hermes-Bürgschaften. Mit bis zu 2,5 Milliarden Euro soll der Bund für den Bau eines veralteten Reaktortyps haften – in Brasiliens einziger erdbebengefährdeter Region. Eine Lex Siemens auf Kosten der Sicherheit.

Atom im Salz

Asse – Morsleben – Gorleben: Drei Namen stehen für gescheiterte Pläne, Atommüll im Salz endzulagern. Morsleben wird gerade mit großem Aufwand stabilisiert, die Asse ist nicht mehr zu retten. Umweltminister Röttgen zögert, den Plan des Bundesamts für Strahlenschutz zur Rückholung der Fässer aus dem maroden Salzstock umzusetzen. Die Logik dahinter: Wie soll die Inbetriebnahme Gorlebens und die Laufzeitverlängerung und damit Vermehrung des Atommülls von der Gesellschaft akzeptiert werden, wenn sie gleichzeitig über Jahre zuschaut, wie 128.000 marode Fässer plus Unmengen kontaminierten Salzes unter immensem finanziellen Aufwand aus einem als sicher bezeichneten Endlager zurückgeholt werden müssen! Deshalb: Verzögerungstaktik bei der Asse, Beschleunigung bei der Inbetriebnahme Gorlebens.

Doch die Regierung macht ihre energiepolitischen Rechnungen derzeit nicht nur ohne die Volkswirte. Sie macht sie auch ohne die Grünen und ohne die Zivilgesellschaft! Der frisch eingesetzte parlamentarische Untersuchungsausschuss wird die Manipulationen um den Endlager-Standort Gorleben gerichtsfest aufdecken und mit dafür sorgen, dass wir endlich ein geordnetes transparentes Auswahlverfahren einleiten. Und die Zivilgesellschaft wird wie zur Anti-Atom-Kette am 24. April ihren Unwillen ausdrücken. Am Ende setzen sich doch die besseren Argumente durch. So wie am 9. Mai in Nordrhein-Westfalen.

Sylvia Kotting-Uhl atompolitische Sprecherin, Mitglied des Bundestages