Am 12. Dezember wird gefeiert. Die Eröffnung der Ausstellung „25 Jahre Karneval der Kulturen“ ist ein Blick in die Berliner Zeitgeschichte – und Gegenwart. Im Sommer 2023 kehrte der Karneval nach drei Jahren Pause auf Berlins Straßen zurück. Was einmal als interkultureller Straßenumzug in Kreuzberg und Neukölln klein begonnen hat, ist mittlerweile ein international bekanntes Ereignis. Samba-Bands, indische Perkussion, Akrobatik – das Programm der rund 2500 Akteur*innen ist vielfältig und zieht jedes Jahr Hunderttausende an. Seit Ende November steht fest: Der Karneval der Kulturen wird auch 2024 stattfinden können. Nach langem Hin und Her und einigem Druck hat sich die schwarze-rote Koalition doch noch durchringen können, die notwendigen Finanzmittel bereitzustellen.
Unverschuldet im Minus
Bereits in diesem Jahr stand der Karneval unverschuldet vor einem finanziellen Dilemma: Rund 500.000 Euro fehlen im Etat der Veranstaltung, die 1996 auch als Zeichen gegen rassistische Übergriffe initiiert wurde. Der Grund für das beträchtliche Finanzierungsdefizit sind vor allem erhöhte Sicherheitsauflagen und -kosten. Hinzu kommt, dass viele ehrenamtliche Karnevalsgruppen nach 25 Jahren bei der Aufarbeitung ihrer Kostüme und der Instandhaltung ihrer Wagen an ihre finanziellen Grenzen stoßen. Statt potentiell 80 Gruppen konnten zuletzt deshalb nur 42 Gruppen am Programm teilnehmen. Für 2024 drohte dem Karneval gleich das nächste Defizit – oder sogar das Aus.
Schwarz-Rot hat ein spätes Einsehen
Trotz dieser Umstände wurde der Karneval der Kulturen im Haushaltsentwurf des neuen schwarz-roten Senats für die Jahre 2024 und 2025 nicht mit den erforderlichen Geldmitteln ausgestattet. Als Grüne haben wir daher Mitte November im Abgeordnetenhaus die Aufstockung der Förderung um die fehlenden 500.000 Euro beantragt. Leider wurde der Antrag von CDU und SPD zunächst einmal abgelehnt. Doch offenbar hat der Druck, nicht zuletzt aus der Zivilgesellschaft und von den Karneval-Verantwortlichen selbst, gewirkt. In der Schlussrunde der schwarz-roten Fraktionen zum neuen Landeshauhalt wurden dem Umzug für die nächsten beiden Jahre die erforderlichen Mittel zugesprochen. Der Karneval der Kulturen kann also auch weiterhin stattfinden!
Die Kürzungen in der Kulturförderung gehen weiter
Was beim Karneval der Kulturen zu guter Letzt doch noch gelungen ist, bleibt für viele Berliner Kulturorte und Kunstschaffende leider aus. An den vielen zum Teil drastischen Kürzungen, die insbesondere zulasten der Freien Szene gehen, will die schwarz-rote Koalition offenbar festhalten. Das trifft fast alle künstlerischen Sparten und geht auf Kosten insbesondere der Künstler*innen in der Stadt, die jetzt schon unter prekären Arbeits- und Einkommensbedingungen leiden. Bei der Sicherung und dem Ausbau von künstlerischen Arbeitsräumen werden von der Koalition ganze Projekte gestoppt oder auf die lange Bank geschoben. Dabei besteht eigentlich politischer Konsens darüber, dass die Kulturhauptstadt nur dann eine Zukunft hat, wenn es in Berlin auch weiterhin bezahlbare Ateliers, Proberäume und Präsentationsorte gibt. Hinzu kommen weitere Kürzungsvorgaben für den Kulturhaushalt, über die in den nächsten beiden Jahren zu entscheiden ist: Bis zu fünf Prozent des Gesamtetats sind finanziell gar nicht wirklich untersetzt, müssen also faktisch noch eingespart werden.
Eine City Tax für die Freie Szene
Als Grüne werden wir bis zur finalen Beschlussfassung über das neue Haushaltsgesetz dafür kämpfen, dass Schwarz-Rot alle geplanten Kürzungen zurücknimmt und – wie beim Karneval der Kulturen – überall dort nachbessert, wo die finanziellen Mehrbedarfe genauso offensichtlich wie existenzgefährdend sind. Das gilt insbesondere für Berlins freie Kunst- und Kulturszene, denn die leidet unter den anstehenden Einsparungen am meisten. Einen Grünen Vorschlag für die Gegenfinanzierung gibt es auch schon: CDU und SPD haben ihren Widerstand gegen eine Ausweitung der sogenannten City Tax, einer Übernachtungssteuer für Berlin-Besucher*innen in Hotels und Ferienwohnungen, auch auf Geschäftsreisende aufgegeben. Auch hier war ein solcher Antrag der Grünen gemeinsam mit der Linksfraktion von der Koalition zunächst abgelehnt worden. Wir Grüne wollen einen Großteil der Mehreinnahmen, die nach Schätzungen bis zu 35 Millionen im Jahr betragen können, Berlins Freier Szene zugute kommen. Die war es im Übrigen auch, die vor ziemlich genau zehn Jahren die Einführung einer solchen Übernachtungssteuer erkämpft hat.
Noch ist nicht abzusehen, ob sich CDU und SPD am Ende auch diesem Grünen Vorschlag anschließen. Momentan deutet nichts darauf hin und auch sonst dürften sich die finanziellen Vorzeichen für die Berliner Kulturlandschaft weiter verdüstern. Ab 2026 drohen noch deutlich härtere Einschnitte, das hat die schwarz-rote Koalition mit Verweis auf die allgemeine Haushaltslage bereits deutlich gemacht. Als Grüne werden wir weiterhin alles daran setzen, das zu verhindern. Beim Karneval der Kulturen hat es tatsächlich geklappt.
Daniel Wesener/MdA
Sprecher für Kulturfinanzierung der Grünen Abgeordnetenhausfraktion